Das Titanic-Attentat
sondern in diesem Fall mit Passagierschiffen. Und da ein verdeckter Krieg wie jeder andere Krieg auch eine barbarische Auseinandersetzung ist, werden die Beteiligten zu Komplizen, wenn es um die Vertuschung des Geschehens geht. Da beide in barbarische und illegale Akte verwickelt waren, hatten sie kein Interesse, die Wahrheit über den Vorfall ans Licht zu bringen. Und daher führten sowohl die amerikanische als auch die britische Untersuchung und sämtliche Hollywood-Spektakel über das »
Titanic
-Unglück« ins Nichts.
Zwei Seiten derselben Medaille
In der gesamten Militärgeschichte (und erst recht in der Geschichte) wird die große militärische Bedeutung der Ozeandampfer gewöhnlich übersehen. Bei der Untersuchung von Kriegen ist in der Regel nur von Truppenstärken, Schlachtplänen, Panzern und Flugzeugen die Rede. Von den Ozeandampfern redet in der Regel kein Mensch. Ein solches Schiff war im Kontext des Kampfes um die Beherrschung der Erde und der Meere aber nicht irgendetwas, sondern erstens ein strategisches Gut und zweitens ein Machtsymbol – insbesondere wenn es sich um das größte Schiff der Welt handelte, verkörpert durch die
Titanic
und ihr Schwesterschiff
Olympic
(also die »
Olympic
-Klasse«).
Marine, Schiff und Flotte waren insbesondere in Großbritannien quasi heilige Begriffe. Jahrhundertelang hatten Großbritanniens Macht und Imperium auf seiner Flotte beruht. Und zwar sowohl auf der zivilen als auch auf der militärischen Flotte – soweit sich das überhaupt so sauber trennen lässt. Denn jedes Schiff, auch jedes zivile Schiff, hatte auch eine militärische und strategische Bedeutung. In Friedenszeiten entschieden Tonnage, Geschwindigkeit und Kapazitäten über die wirtschaftliche Schlagkraft. Im Kriegsfall entschieden sie über die militärische Schlagkraft. Große Passagierdampfer dienten dann als schnelle Truppentransporter oder Lazarettschiffe. Da eine Navy in Friedenszeiten keine riesigen Passagierschiffe als Truppentransporter in Bereitschaft halten kann und will, fahren diese Truppentransporter jahrelang im zivilen Verkehr, wobei sie benutzt und gewartet werden. Im Ernstfall werden sie dann einfach requiriert.
Während des Krimkrieges 1853 bis 1856 zwischen Russland, Frankreich, England und dem Osmanischen Reich (später Türkei) hatte die britische Cunard Line der britischen Navy nicht weniger als elf Schiffe zur Verfügung gestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg schätzte Hitler-Widersacher Winston Churchill, dass die beiden (vom britischen Staat subventionierten) Cunard-Riesen
Queen Mary
und
Queen Elizabeth
den Krieg um ein ganzes Jahr verkürzt hatten. Die
Queen Mary
soll während des Zweiten Weltkrieges insgesamt etwa 800000 Soldaten befördert haben, die
Queen Elizabeth
750000. Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeiten fuhren die Ozeanriesen deutschen U-Booten ohne den sonst üblichen Konvoi davon – jeweils mit bis zu 10000 Soldaten an Bord.
Noch während des Falklandkrieges 1982 zwischen Großbritannien und Argentinien wurde das Passagierschiff
Queen Elizabeth 2
requiriert, um 3200 Mann der 5. Infanteriebrigade zu den Falklands zu transportieren. Die
Queen Elizabeth 2
ist mit knapp 300 Meter Länge und 48923 Bruttoregistertonnen ein noch größerer Gigant als die
Titanic
und fuhr bis 2008 für die überlebende White-Star-Nachfolgerin Cunard Line. Das britische Kreuzfahrtschiff
SS Uganda
wurde für den Falklandeinsatz in ein Hospitalschiff umgewandelt; die
SS Canberra
in einen Truppentransporter.
Das heißt: Zivile und militärische Flotte waren und sind zwei Seiten ein und derselben Medaille, nämlich der imperialen Seemacht Großbritanniens, aber auch jeder anderen Seemacht, die eine globale Rolle spielen will.
Eine Frage der Staatsräson
Die Jagd nach dem berühmten »Blauen Band« für die schnellste Atlantiküberquerung eines Passagierdampfers war denn auch nicht irgendetwas, sondern beantwortete für die Militärs die Frage, wer zurzeit über die größten und schnellsten Truppentransporter verfügte.
Die Beherrschung der Meere war für die Krone eine Frage der Staatsräson. Als die
Olympic
-Klasse von der US -finanzierten White Star Line gebaut wurde (ab 1908), hatten die Briten die Vorherrschaft auf den Meeren gerade erst mühsam von den Deutschen zurückerobert. Als die beiden britischen Ozeanriesen
Mauretania
und
Lusitania
1907 endlich wieder das Blaue Band holten, hatte die zivile britische Flotte eine Reihe von herben Niederlagen einstecken müssen.
Der
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