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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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der
Olympic
und Verspätung der
Titanic
bedeuteten, dass die Verluste von Morgans White Star Line kulminieren würden.
    Und dabei waren die White Star Line und der hinter ihr stehende US -Konzern bereits ein Koloss auf tönernen Füßen. Um der Konkurrenz die Kunden abzujagen, hatte man nicht nur die Schiffe, sondern auch die Finanzen aufgebläht. So hatte Morgans Konzern International Mercantile Marine, um die White Star Line zu kaufen, eine Kapitalerhöhung um sage und schreibe 105 Millionen Dollar – von 15 auf 120 Millionen Dollar – durchgeführt, also etwa 21-mal die Baukosten der
Olympic
oder
Titanic
. [51] Aufgrund dieser Kapitalerhöhung stand das Unternehmen »kurz vor dem Zusammenbruch«. [52] Noch bevor ihre
Olympic
-Klasse Fahrt aufnehmen konnte, pfiffen die White Star Line und ihr Mutterkonzern auf dem letzten Loch und würden zweifellos zu einem attraktiven Übernahmekandidaten werden – zum Beispiel für die »königliche« Cunard Line. Zuvor hatte man das bei IMM und White Star noch genau andersherum gesehen und die quasi königlich britische Cunard Line mit einem Preiskrieg in die Knie zwingen wollen, »um sie dann einfacher übernehmen zu können«. [53]
    Da der Vorfall von britischen Gerichten untersucht wurde, fiel das Urteil erwartungsgemäß aus. Am 19. Dezember 1912, ein Dreivierteljahr nach dem Untergang der
Titanic,
wurde die gesamte Schuld an dem Unfall der
Olympic
angelastet – obwohl diese nach allem, was wir wissen, lediglich geradeaus gefahren und von einem unabhängigen Lotsen kommandiert worden war. Das hieß: Weder der direkte noch der indirekte Schaden (Verdienstausfall) wurde der White Star Line ersetzt. J. P. Morgan und die White Star Line waren praktisch schachmatt: Noch bis 1914 kämpfte die White Star Linie vergeblich um einen Schadensersatz von der Royal Navy.

Das Wrack der
Olympic
    Zweifellos war man sich bei der White Star Line des ganzen Ausmaßes der Operation nur zu bewusst. Die Weigerung der Admiralität, die eigene Schuld und Verpflichtung zum Ersatz des Schadens anzuerkennen, sprach eine deutliche Sprache. Wenn man die White Star Line schon einmal an der Gurgel hatte, dann wollte man selbstverständlich nicht einfach wieder loslassen, indem man nun den Schaden erstattete.
    Wenn dem aber so war, dann musste dies auch auf Seiten der White Star Line weitreichende Konsequenzen haben. Wenn der Rammstoß der
Hawke
seitens der White Star Line nicht als Unfall, sondern als Angriff und quasi als Akt des Krieges wahrgenommen worden sein sollte, dann konnte das bedeuten, dass sich nun auch die White Star Line zur Anwendung ungewöhnlicher Mittel berechtigt fühlte. Sollte der geschäftliche und imperiale Konkurrenzkampf tatsächlich in einen (verdeckten) Krieg ausgeartet sein, dann war es nur logisch, dass sich die White Star Line nunmehr ebenfalls dazu legitimiert fühlte, die Ebene legalen Handelns zu verlassen. Die von den Feinden der US -Linie geschaffene Sackgasse war schließlich nur dann eine Sackgasse, wenn man sich selbst weiter an die Regeln halten würde. Nicht aber dann, wenn man die Sackgasse nun selbst mit der Brechstange öffnen würde.
    Tatsächlich kann man die Ereignisse um die
Olympic
und
Titanic
nur dann verstehen, wenn man sich klarmacht, dass sich hier keine »Unfälle«, »Pannen« oder »Zufälle« ereigneten, sondern dass hier vor den Augen der gesamten Welt ein verdeckter Krieg ablief – nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir.
     
    Es kam jedoch noch dicker. Denn nun ging es ja um die Frage, wie schlimm der Schaden an der
Olympic
eigentlich wirklich war. Dieser Schaden war noch viel höher, als oben beziffert, denn diese Zahlen bezogen sich darauf, die
Olympic
wieder fahrbereit zu machen. Doch in Wirklichkeit stufte die White Star Line selbst das nagelneue Schiff nach dem Unfall als Totalschaden ein.
    Zwei Tage nach dem Zusammenstoß stellte die White Star Line die Bezahlung der Besatzung mit dem Argument ein, dass es sich bei der
Olympic
um ein Wrack handle. In diesem Fall nämlich durfte die Besatzung mit sofortiger Wirkung entlassen werden.
    Na und? Das war doch sicherlich nur ein cleverer Trick der White Star Line, um die Besatzung der
Olympic
loszuwerden! Keineswegs. Denn Besatzungsmitglieder verklagten die White Star Line, die Heuer weiterzuzahlen. Jedoch ohne Erfolg. Sämtliche Instanzen gaben der White Star Line nach langwierigen Prozessen letztlich Recht: Bei der
Olympic
handelte es sich um ein Wrack. Man konnte sie zwar für eine

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