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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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tauschte Beesley seine Erfahrungen aus. Ergebnis: Der Mann »war sofort heraufgekommen« – allerdings nicht, als die
Titanic
einen Eisberg rammte, sondern »als die Maschinen anhielten«. »Niemand von uns konnte etwas erkennen, und alles blieb ruhig, und es bewegte sich nichts, so dass der Schotte und ich auf das nächste Deck hinabgingen.«
    Als Nächstes hätten er und der Schotte den Rauchsalon betreten, um sich zu erkundigen, ob die dort Anwesenden »mehr wüssten als wir«. Aber »auch sie hatten kaum mehr mitbekommen als die größere Maschinenanstrengung«. [120]
    »Kaum mehr mitbekommen als die größere Maschinenanstrengung?« So ganz passt das zu einer Kollision mit einem Eisberg ja wohl nicht. Aber: »Soweit ich mich erinnere, ist niemand von ihnen hinausgegangen, um nachzufragen; auch nicht, als einer von ihnen einen Eisberg durchs Fenster gesehen hatte, der die Decks überragte.« Der Eisberg habe sodann die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, »und alle sahen ihn verschwinden, aber dann hatten sie das Spiel fortgesetzt.«
    Auf Beesleys Frage hin konnten sich die Anwesenden jedoch nicht auf die Höhe des Eisbergs einigen. Auch beschrieben wurde der Eisberg nicht. Die allermeisten dieser Zeugen konnte man hinterher nicht mehr befragen, denn es gab sie nach dem Untergang der
Titanic
nicht mehr: »Ich bin heute voller Sorge«, schrieb Beesley, »daran zu denken, dass ich keinen der Mitreisenden aus dem Rauchsalon je wiedersah.« [121]
     
    Also was nun: War da ein Eisberg oder nicht? Lauschen wir Beesley noch einen Moment weiter. Er sei dann für eine Weile wieder in seine Kabine zurückgekehrt, um zu lesen. Schließlich sei er wieder an Deck gegangen, wo sich inzwischen mehr Menschen versammelt hatten, die über die Reling schauten und sich fragten, »warum wir angehalten hatten, aber ohne eine eindeutige Information zu erhalten«. Demnach hatte sich das »Wissen« um den Eisberg erstens merkwürdigerweise noch immer nicht weiterverbreitet. Offenbar hatten also Beesleys Raucher ihren Salon bisher nicht verlassen oder die Nachricht wenigstens weitererzählt. Und interessanterweise erwähnt Beesley, der bei seinem ersten Aufenthalt an Deck noch so locker Kontakt zu dem Schotten aufgenommen hatte, zweitens auch nicht, dass er die jetzt hier Anwesenden über die Begegnung mit dem Eisberg aufgeklärt habe, obwohl er doch im Rauchsalon davon erfahren haben wollte.
    Anschließend habe er das offene Deck wieder verlassen und sei über Treppen tiefer in das Schiff hinabgestigen. Auf dem D-Deck traf er drei Frauen, die ihn fragten, warum das Schiff festliege. Obwohl Beesley zu diesem Zeitpunkt angeblich bereits wusste, dass die
Titanic
einen Eisberg gerammt hatte, erzählte er den Frauen nichts davon. Er sagte nur: »Wir haben angehalten, aber jetzt fahren wir weiter.« Obwohl er eine ganze Weile bei den Damen (die übrigens überlebt hatten) blieb, wobei man gemeinsam den Vibrationen der Maschinen nachspürte, erwähnte er ihnen gegenüber nichts von dem Eisberg.
    Als er wieder in den Gang, in dem seine Kabine lag, eingebogen sei, habe er einen Mann erblickt, der gerade seinen Gürtel schloss. Offenbar war er gerade aus einer Kabine gekommen. »Gibt’s was Neues?«, habe der Mann gefragt. »›Nicht viel‹ antwortete ich, ›wir fahren langsam voraus, und sie liegt vorn etwas tiefer, aber ich denke nicht, dass es etwas Ernstes ist.‹«
    Wieder kein Wort von dem Eisberg. Sie seien dann in die Kabine des Mannes gegangen, wo ein weiterer Mann in seiner Koje gelegen und sich geweigert habe aufzustehen. Man habe ihm dann erklärt, warum es besser sei, die Kabine zu verlassen. Ein Eisberg wurde dabei allerdings weiterhin nicht erwähnt. Als Beesley schließlich das obere Deck erreichte, waren schon viele Menschen dort, die sich unterhielten. Ein Eisberg war dabei kein Thema. Stattdessen beschreibt Beesley »das mangelnde Wissen über die Art des Unfalls« und dass »kein Eisberg erkennbar« gewesen sei, ja, er betont nochmals ausdrücklich »das vollständige Fehlen jeglicher Art von gesicherten Informationen über irgendeinen dieser Punkte«. [122]
     
    Kurz: Mit Beesleys Eisberg-Geschichte aus dem Rauchsalon stimmt etwas nicht. Außer in diesem Rauchsalon schien niemand den Eisberg gesehen zu haben oder auch nur von ihm zu wissen. Aber auch er selbst schien diese Information unmittelbar danach wieder vergessen zu haben: Nach seinem Besuch im Rauchersalon erwähnte er gegenüber fragenden Mitpassagieren

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