Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
Jugendstrafrecht angeklagt und verurteilt
werden können, lediglich Reiter war mit seinen zwanzig
Jahren gerade noch an der Grenze. Die wussten genau, was sie
taten, als sie den Plan fassten, irgendeinen Autofahrer an Halloween
einfach so abzuknallen. Und sie wussten, was sie taten,
als sie beschlossen, eine junge Frau am 14. Dezember 1995 in
ihrem Auto in ein abgelegenes Waldstück zu fahren, um sie auf
die widerlichste und brutalste Weise zu vergewaltigen und zu
töten. Diese Dreckskerle haben nicht einen Funken Mitleid verdient,
und ich schwöre dir, ich werde sie kriegen, alle drei. Und
nicht nur die, sondern auch all jene, die noch in dieser Sache
drinstecken. Und im Notfall mache ich auch vor dir nicht halt.«
Sie lehnte sich kurz an den Bücherschrank, trank ihr Bier aus
und fuhr fort: »Du warst ein guter Lehrmeister, das muss ich dir
zugestehen. Aber du hast dich selbst nicht an die Regeln gehalten,
die du mir beigebracht hast. Vielleicht wäre ich heute so
wie du, hättest du mir von Anfang an deine wahren Wertvorstellungen
vermittelt. Ich bin so enttäuscht von dir, so unendlich
enttäuscht.«
    »Du hast noch immer nicht verstanden, wie dieses Geschäft
funktioniert«, sagte ihr Vater mit einer für Elvira unerträglichen
Gelassenheit. »Was wäre passiert, hätte ich Möller damals nicht
geholfen? Ich sag's dir. Ich hätte einen meiner besten Klienten
verloren und mit ihm noch eine Menge anderer. Möller war es
Mitte der Siebziger, der mir zu meinem ersten großen Mandat
verholfen hat, ich habe den Prozess gewonnen, und danach rannten
sie mir die Bude ein. Viele von ihnen zählen noch heute zu
meinen Klienten. Du hast recht, ich hätte Möller meine Hilfe
verweigern können, aber dann hätte ich schon wenige Tage später
einige meiner fähigsten Mitarbeiter entlassen müssen. Ich
schwöre dir, ich habe Möller mit allen Mitteln von seinem Vorhaben
abzubringen versucht, aber er hat sich stur gestellt. Das
ist die Wahrheit. Und dann stand ich vor einer der schwersten
Entscheidungen meines Lebens. Ich musste abwägen, was für
alle Beteiligten das Beste war und ...«
    »Du versuchst dich zu rechtfertigen, das kenne ich ja gar nicht
von dir. Ich sag dir, was für alle Beteiligten das Beste gewesen
wäre - ein ordentlicher Prozess, in dem drei Mörder nach dem
Gesetz verurteilt worden wären. Du hast längst den Blick für das
Wesentliche verloren, das ist mir eben klargeworden.«
    »Und was ist in deinen Augen das Wesentliche?«
    »Wenn du es nicht weißt, kann ich dir auch nicht mehr helfen.
Du bist mein Vater, aber ein Vorbild wirst du nie wieder sein. Ich
habe keine Achtung mehr vor dir und deiner Auffassung von
Recht und Gesetz. Karl Kraus hat einmal sarkastisch geschrieben:
Wie wird die Welt regiert und in den Krieg geführt? Diplomaten
belügen Journalisten und glauben es, wenn sie's lesen.
    Ich möchte das ein wenig abändern und sagen: Du belügst dich
und andere, und wenn die andern glauben, es sei die Wahrheit,
dann glaubst du es auch. Ich habe keinen Respekt mehr vor dir,
dazu hast du zu viel kaputt gemacht. Und das Schlimme ist, ich
weiß, du wirst weitermachen wie bisher. Aber auch ich werde
weitermachen, und ich weiß nicht, ob ich dich schützen kann.
Und noch etwas: Sollten der oder die Mörder von Sittler und
Buchmann noch nicht genug haben, könnte es sein, dass sie es
auch auf dich und Frantzen und vielleicht noch zwei oder drei
andere abgesehen haben. An deiner Stelle wäre ich sehr auf der
Hut.«
    »Elvira, bitte, ich habe das nicht mit Absicht getan, ich ...«
»Warst du betrunken, oder standst du unter Drogen, oder hat
man dich gefoltert?«, spie sie ihm höhnisch entgegen. »Ich frage
mich, warum Möller den Deal nicht mit Sittler und Buchmann
allein durchgezogen hat, warum er dich dazu brauchte. Kannst
du es mir erklären? Er kannte die Sittler doch so gut.«
    Elviras Vater schwieg, schenkte sich noch einen Whisky ein,
die Flasche war fast halb leer, und trank das Glas in einem Zug
aus.
    Sie ging zu ihm, ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von
seinem entfernt, und sagte mit maliziösem Lächeln und dennoch
sanfter Stimme: »Verbessere mich, wenn ich falsch liege, aber
gehe ich recht in der Annahme, dass du die Sittler noch besser
kanntest, als Möller es tat? Viel besser? Vielleicht sogar sehr viel
besser?«
    Schweigen.
    »Ha, wusst ich's doch. Keine Antwort ist auch eine Antwort.
Es wird auf einmal alles so klar. Die

Weitere Kostenlose Bücher