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Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ganzen Jahre über ja wohl sehr gut von seinem Geld gelebt
habe. Kein Wort der Entschuldigung, nur Ausflüchte, Ausreden
und Rechtfertigungen. Ich begreife einfach nicht, warum ausgerechnet
mein Vater so was macht. Ich fühl mich wirklich so elend
wie noch nie zuvor in meinem Leben. Es ist alles kaputt, es ist
alles nur noch kaputt und beschissen. Bitte entschuldigen Sie
meine Wortwahl, das ist normalerweise nicht meine Art, aber ich
weiß nicht mehr, was ich machen soll.«
    »Sie müssen erst einmal eine Nacht darüber schlafen, morgen
sehen Sie alles in einem andern Licht.«
    Sie versuchte zu lachen, was ihr aber nicht gelang. »Glauben
Sie im Ernst, dass ich schlafen kann? Da bin ich Staatsanwältin
und will meinen Job so gut wie möglich machen, weil ich ...« Sie
stockte, sah Brandt an, legte ihre Hand auf seine und schaffte es
nun doch, wenigstens zu lächeln, auch wenn es leidend und gequält
wirkte.
    »Weil Sie was?«, fragte er behutsam.
    »Nichts. Das Leben ist so ungerecht und so sinnlos. Da bin ich
fünfunddreißig Jahre alt und merke mit einem Mal, dass ich mir
fünfunddreißig Jahre lang nur was vorgemacht habe. Ich finde
    das so verflucht ungerecht. Sie nicht auch?«
    Brandt sah ihr in die verweinten Augen, schürzte die Lippen
und sagte nach einigem Überlegen: »Ziehen Sie sich was über,
ich will Ihnen was zeigen.«
    »Was, jetzt um diese Zeit?«, fragte sie erstaunt.
    »Sie haben doch eben selbst gesagt, dass Sie nicht schlafen
können. Es ist eine Überraschung. Ich weiß, Sie stehen nicht auf
spontane Entscheidungen, aber ich bitte Sie um diesen Gefallen.
    Wie schaut's aus?«
    Sie setzte sich aufrecht hin und sah ihn mit Resignation im
Blick an. »Ja, ja, die steife und unspontane Elvira. Andrea hat
mir das auch schon mal vorgehalten. Aber gut, wenn Sie darauf
bestehen. Soll ich mir was Feines anziehen, oder darf ich so
bleiben?«
    Brandt grinste und meinte: »Sie gefallen mir so, wie Sie sind.«
    »Ist das etwa ein Kompliment?«
    »Tut mir leid, ich vergaß, Sie stehen nicht auf Komplimente.
«
    »Doch, tu ich, ich bin schließlich eine Frau. Eine Jacke genügt?
«
    »Sie sehen phantastisch aus.«
    »Und wohin wollen Sie mich entführen?«
    »Sie lassen nicht locker, was? Los, gehen wir.«
    »Aber ins Bad darf ich vorher noch mal, oder?«, sagte sie,
stand auf und kehrte nach höchstens zwei Minuten wieder. Sie
hatte sich das Haar gebürstet, noch etwas von diesem unglaublich
sinnlichen und wohlriechenden Parfüm aufgelegt und die
hellbraune Lederjacke angezogen. Ihre Augen waren noch leicht
gerötet, als sie die Tür hinter sich zuzog und abschloss.
    »Wir nehmen die Treppe«, sagte Brandt.
    »Sind Sie wahnsinnig? Das sind einundzwanzig Stockwerke!
    Oder sind Sie klaustrophobisch?«
    »Nein, aber ein bisschen Bewegung würde Ihnen guttun.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Jetzt stellen Sie sich nicht so an. Sie werden sehen, Sie fühlen
sich gleich viel besser.«
    »Das sind mindestens dreihundert Stufen.«
    »Na und? Keine fünf Minuten, und wir sind unten. Geben Sie
sich einen Ruck.«
    »Warum tu ich das nur?«, fragte sie seufzend und folgte ihm.
Unten angekommen, waren beide außer Atem. Nachdem ihr
Puls wieder im Normalbereich war, sagte sie: »Warum sind Sie
eigentlich gleich gekommen, als ich Sie angerufen habe?«
    »Ich kann's nicht gut ab, jemanden leiden zu sehen. Außerdem
find ich Sie ziemlich okay, ob Sie's glauben oder nicht, und ganz
ehrlich, ich hab den ganzen Nachmittag und Abend an Sie denken
müssen. Ich habe versucht mich in Ihre Lage zu versetzen.«
    »Ach ja, wirklich?«
    »Ich lüge nie, ich verschweige höchstens hin und wieder die
Wahrheit.«
    »Wer tut das nicht? Ich hasse es, angelogen zu werden, aber
wenn es auch noch der eigene Vater ist ... Da bricht eine Welt
zusammen. Das will einfach nicht in meinen Kopf rein.«
    »Das wird schon wieder. Sie können mir im Auto erzählen,
was heute Abend los war. Ich bin ein guter Zuhörer. Wie gut kennen
Sie Frankfurt und Offenbach?«
    Sie sah ihn von der Seite an und erwiderte: »Es geht so. Warum?
«
    »Nur so«, sagte er und fuhr los.
    Eine Weile schwiegen sie, bis Elvira fragte: »Wo fahren Sie
hin?«
    »Nach Offenbach.«
    »Und was machen wir da?«
    »Üben Sie sich ein wenig in Geduld, auch wenn das nicht gerade
Ihre Stärke ist.«
    »Ich geh Ihnen auf die Nerven, stimmt's?«
    »Nein, nur manchmal«, antwortete er grinsend. »Am Anfang
war's schlimmer.«
    »Aha, also

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