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Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ziemlich egal sein«, bemerkte Michelle mit der
Weisheit und Lebenserfahrung einer gereiften Vierzehnjährigen.
Er musste unwillkürlich grinsen, was auch Michelle merkte und
ihn mit diesem Augenaufschlag anlächelte, bei dem er als Vater
schon immer schwach geworden war.
    »Meinst du?«, fragte er.
    »Klar.«
    Oder auch nicht, dachte er, wenn sie erfährt, dass es ausgerechnet
Elvira ist, ihre beste Freundin.
    Sarah hatte sich schon verabschiedet, Brandt verließ zusammen
mit Michelle die Wohnung, schloss hinter sich ab und sagte:
»Soll ich dich schnell fahren?«
    »Ich geh mit Pauline. Hast du'n bisschen Geld, dann können
wir uns ne Pizza kaufen.«
    »Logisch«, antwortete Brandt und zog einen Zwanzig-Euro-
Schein aus seinem Portemonnaie. »Reicht das?«
    »Danke«, sagte Michelle und gab ihm einen Kuss auf die
Wange, auch etwas, das in letzter Zeit selten geworden war, eine
kleine Geste nur. aber für ihn besonders bedeutungsvoll. Er erinnerte
sich noch zu gern an die Zeiten zurück, in denen sie
beide in seinem Arm gelegen und mit ihm ferngesehen hatten,
Zeiten, die erst ein oder zwei Jahre zurücklagen. Für ihn eine
kleine Spanne in seinem Leben, für Sarah und Michelle eine
Ewigkeit. Der Tag hatte geradezu phantastisch begonnen und es
würde ein phantastischer Tag bleiben, ganz gleich, wie er verlaufen
würde. Erst bei Elvira, dann zu Hause. So offen und direkt
hatten er und seine Töchter lange nicht miteinander gesprochen,
auch wenn es kaum eine halbe Stunde war. Aber besser
eine halbe Stunde als überhaupt nicht. Ihm kam es vor, als ob
ein Knoten geplatzt wäre, und er verstand jetzt auch, warum
seine Mädchen in den letzten Monaten immer unzugänglicher
geworden waren. Es lag nicht an ihm, nicht daran, dass sie allmählich
erwachsen oder er ihnen egal wurde, sondern einfach
an der für alle unbefriedigenden Situation. Sarah hat schon
recht, dachte er, in letzter Zeit war es hier drin tatsächlich
manchmal wie im Eisschrank, wenn Andrea da war. In den ersten
zwei Jahren war sie noch Ansprechpartnerin für die typischen
Probleme pubertierender Teenies gewesen, doch irgendwann
hatte sie bewusst oder unbewusst signalisiert, dass ihr das alles
zu viel wurde. Sie hatte eigentlich so viele Signale ausgesendet,
nur er hatte sie nicht empfangen oder nicht empfangen wollen.
Sie war eine junge Wilde und er im Gegensatz zu ihr eher behäbig
und unspontan. Das war es, was sie voneinander unterschied,
was sie jedoch erst sehr spät bemerkten. Und irgendwann
hatten sie sich nichts mehr zu sagen, und damit war alles zu Eis
gefroren, und das hatten seine Töchter natürlich auch gespürt.
Es war nicht allein Andreas Schuld, sondern auch seine, und er
würde immer gerne an die Zeit mit ihr zurückdenken, und irgendwann
würden nur noch die schönen Momente in Erinnerung
bleiben. Er war erleichtert, hatte er doch befürchtet, dass
Sarah und Michelle ihm allmählich entglitten und bald gar nichts
mehr mit ihm zu tun haben wollten.
    Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr ins Präsidium, um zu
hören, was mit Magnus Möller war. Und danach würde er nach
Frankfurt aufbrechen. Er war kaum angekommen, als sein Handy
klingelte. Elvira.
    »Ich wollte nur noch mal kurz deine Stimme hören, bevor der
Alltag losgeht«, sagte sie.
    »Schön. Wo bist du?«
    »Auf dem Weg nach Offenbach.«
    »Ich bin gleich im Präsidium«, sagte er und zog den Schlüssel
aus dem Zündschloss. »Sehen wir uns heute Abend?«
    »Wann immer du möchtest.«
    »Wir telefonieren nachher noch mal, privat. Bis dann und
tschüs.«
    Er steckte sein Handy ein und ging nach oben. Bernhard Spitzer
saß hinter seinem Schreibtisch, in Akten vertieft, und schaute
auf, als Brandt hereinkam. Er machte ein sehr ernstes und bedeutungsvolles
Gesicht.
     

Donnerstag. 8.10 Uhr
     
    »Hi«. sagte Brandt und nahm ihm gegenüber Platz. »Was
Neues von Möller?« Und als Spitzer nicht gleich antwortete:
»Was ist los?«
    »Du hast es also noch nicht gehört.«
    »Nein, verdammt noch mal! Was soll ich gehört haben?«
    »Reiter ist tot. Er hat sich das Leben genommen.«
    Brandt beugte sich nach vorn und sah Spitzer entgeistert an.
    »Reiter? Warum ausgerechnet der?«
    »Hier.« Spitzer schob einen Brief über den Tisch. »Hat er in
seiner Zelle verfasst.«
    »Wann wurde er gefunden?«
    »Vor einer guten Stunde, als man ihm das Essen bringen wollte.
Er hat sich die Pulsadern aufgeschnitten. Muss irgendwann
heut Nacht

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