Das Todeskreuz
gelesen.
« Es fiel ihm schwer, nicht in das inzwischen vertraute Du zu
verfallen, und ähnlich schien es auch Elvira zu gehen. »Könnte
ich Sie danach kurz unter vier Augen sprechen?«
»Ja, natürlich«, murmelte sie und las. Als sie geendet hatte,
stieß sie hörbar die Luft aus und schüttelte den Kopf. »Ausgerechnet
der Harmloseste von allen. Was muss in ihm bloß vorgegangen
sein? Er gibt sich im Prinzip die alleinige Schuld an den
Vorgängen. Aber dieser Brief wird Möller endgültig das Genick
brechen, dafür garantiere ich. Herr Brandt, Sie wollten mich
sprechen?«
»Ja. Bernie, kannst du veranlassen, dass Möller in das Vernehmungszimmer
gebracht wird? Und wo ist eigentlich Nicole?
«
»Sie kommt etwas später, ist beim Arzt.«
»Frau Klein«, sagte Brandt und erhob sich, »gehen wir nach
nebenan.«
Sie folgte ihm, er machte die Tür hinter sich zu.
»Ganz schöne Scheiße, was? Ich hoffe, das wird uns nicht
zum Nachteil gereichen.«
»Quatsch. Der Brief unterstützt nur seine bisherige Aussage
und das schriftliche Geständnis. Vor Gericht wird das ein schlagender
Beweis für die Schuld von Möller und Gebhardt sein. Was
wirst du jetzt tun?«, fragte sie und stellte sich dicht vor ihn.
»Erst in Frankfurt anrufen und sagen, dass ich hier noch
nicht weg kann und irgendwann später vorbeischaue, und dann
werde ich mir in aller Ruhe Möller vorknöpfen. Und gnade
ihm Gott, er kommt mir auch nur ansatzweise arrogant. Ich
mach ihn fertig.«
»Du kennst hoffentlich die Grenzen. Ich will nicht, dass es dir
so ergeht wie dem ehemaligen Frankfurter Polizeivize. Wir brauchen
dich hier noch, und ich dich auch.«
»Lass uns bitte Privates und Berufliches trennen«, sagte
Brandt. »Wir sehen uns heute Abend, und dann muss ich dir auch
was mitteilen.«
Elvira Klein runzelte die Stirn und meinte: »Das klingt gar
nicht gut. Ich bin sehr ungeduldig, das weißt du. Ist es was
Schlimmes?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, im Gegenteil«, antwortete er
lächelnd. »Du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Ein Vorschlag:
Setz dich mit deinem Vater in Verbindung und bitte ihn
um ein weiteres Gespräch, am besten noch heute Vormittag. Berichte
ihm von Reiters Suizid, falls er's nicht schon erfahren hat.
Alles andere überlass mir. Einverstanden?«
»Und was soll ich meinem Vater sagen?«, fragte sie, als verstünde
sie nicht, was Brandt meinte.
»Frag ihn, wie er sich die weitere Strategie vorstellt, jetzt, da
Reiter tot ist. Und frag ihn vor allem, was er und Möller gestern
besprochen oder ausgehandelt haben. Setz ihm notfalls die Pistole
auf die Brust.«
»Das mit der Pistole auf die Brust, das hab ich gestern bereits
getan, falls du dich erinnerst. Das andere hatte ich ohnehin vor«,
entgegnete sie.
»Dann ist es ja gut.« Und leise fügte er hinzu: »Du siehst übrigens
entzückend aus.«
»Danke für das Kompliment, aber wollten wir nicht Privates
und Berufliches voneinander trennen? Das waren doch eben deine
Worte«, erwiderte sie.
»Stimmt, doch manchmal halte ich mich nicht dran. Wann
heute Abend?«
»Acht?«
»Okay. Soll ich was mitbringen?«
»Nein, du reichst mir voll und ganz«, sagte sie, nahm ihren
Aktenkoffer und ging nach draußen. Brandt blieb noch einen Augenblick
an den Schreibtisch gelehnt stehen, bevor er sich zu
Spitzer begab.
»Ist Möller im Vernehmungszimmer?«
»Ja. Sag mal, was habt ihr beide denn an Heimlichkeiten auszutauschen?
«
»Ist ein bisschen diffizil, hat mit ihrem alten Herrn zu tun. Du
weißt nicht zufällig, was gestern bei dem Gespräch zwischen ihm
und Möller rausgekommen ist?«
»Woher denn? Aber ich schätze, du wirst es schon rauskriegen.
«
Brandt rief Julia Durant an, die sich gerade in der Dienstbesprechung
befand, und erklärte ihr, dass er später kommen werde,
wann genau, wisse er noch nicht.
»Schade«, sagte sie, »ich hätte nämlich dringend Ihre Hilfe
gebraucht. Wann in etwa kann ich mit Ihnen rechnen?«
»Nicht vor Mittag, es sei denn, ich bin mit Möller früher fertig.
Sorry, aber der hat für mich erst mal Priorität.«
»Kann ich verstehen. Ich werde dann aber unterwegs sein.
Gibt es sonst...«
»Ja, es gibt noch etwas - Reiter hat sich das Leben genommen.
«
Für einen Augenblick herrschte Schweigen am andern Ende,
bis Durant sagte: »So ein Mist! Hat er irgendwas hinterlassen?«
»Einen Abschiedsbrief und ein Testament, in dem er sein gesamtes
Barvermögen und den Erlös aus
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