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Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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kannst ruhig hierbleiben«, erwiderte Leslie. »Oder haben
Sie was dagegen?«
    »Nein, ich habe nur noch ein paar Fragen zu Ihrer Mutter.«
    »Ich hab doch schon alles gesagt.«
    »Es gibt da ein paar Kleinigkeiten, die mir noch etwas unklar
sind. Ich war heute bei Ihrer Großmutter, und sie hat mir einiges
erzählt. Ich begreife nicht ganz, wie das mit dem Verhältnis zwischen
Ihnen und Ihrer Mutter war. Sie müssen sie doch gehasst
haben für das, was sie Ihnen angetan hat.«
    »Was hat sie mir denn angetan? Okay, sie hat sich nie um mich
gekümmert, aber da bin ich mit Sicherheit kein Einzelfall. Außerdem
ging es mir all die Jahre bei meinen Großeltern sehr gut. Warum
also sollte ich meine Mutter hassen? Sie war ganz sicher kein
Vorbild, aber sie war meine Mutter, und das allein zählt. Ohne sie
wäre ich nicht auf der Welt«, erwiderte sie gefasst, auch wenn sie
unruhig von Durant zu Matthias Mahler sah und ihre Hände fest
aneinanderdrückte. Durant entging dies nicht, doch sie registrierte
es nur und packte es in eine der vielen Schubladen in ihrem Kopf.
    »Inwiefern war sie kein Vorbild? Sie studieren doch auch
Jura.«
    »Sie versuchen mit Gewalt ein Haar in der Suppe zu finden,
um sich dann irgendwas so zurechtzulegen, dass ...«
    »Nein, ich will mir überhaupt nichts zurechtlegen. Ich versuche
lediglich ein klareres Bild von Ihrer Mutter zu erhalten. Sie
haben ständig miteinander telefoniert, Sie haben sie regelmäßig
besucht, aber Sie durften nie abends oder nachts bei ihr vorbeikommen.
    Hat Sie das nicht stutzig gemacht?«
    Leslie zögerte mit der Antwort und sagte: »Es war ihre Entscheidung,
und ich habe mich daran gehalten. Und außerdem
habe ich Ihnen gestern schon gesagt, dass sie mich finanziell
großzügig unterstützt hat.«
    »Hatten Sie den Eindruck, dass sie damit ihr schlechtes Gewissen
bereinigen wollte?«
    »Schon möglich. Andererseits, sie hatte das Geld, es hat ihr
bestimmt nicht wehgetan, denn auf ein paar Euro mehr oder weniger
kam es ihr weiß Gott nicht an.«
    »Ganz sicher nicht. Sie musste ja auch Frau Cornelius bezahlen.
    Sie haben mir gar nicht gesagt, dass Sie und Frau Cornelius
sich näher kennen. Warum nicht?«
    »Was verstehen Sie unter näher kennen?«
    »Was man so darunter versteht. Zum Beispiel wissen Sie doch
wohl, dass Frau Cornelius Psychologin ist?«
    »Natürlich. Meine Mutter wollte ja so jemanden haben. Alina
hat es nicht leicht mit ihr gehabt, sie hat schließlich die meiste
Zeit mit ihr verbracht. Wir sind so was wie Freundinnen geworden.
    Sie ist eine Art Therapeutin für mich.«
    »Freundin? Wie hab ich das zu verstehen?«
    »Sie hat mir in schwierigen Zeiten geholfen. Sie kennt meine
Kindheit und das ganze Drumherum. Alina ist einfach klasse, mit
ihr kann ich über alles reden.«
    Es entstand eine Pause, während der sich Durant ihre nächste
Frage zurechtlegte und sie schließlich stellte: »Hat Ihre Mutter
sich je für Sie interessiert?«
    »Was tut das zur Sache?«
    »Wie ich schon sagte, ich möchte wissen, wer und wie Ihre
Mutter war.«
    Leslie verzog den Mund und antwortete mit unüberhörbarer
Bitterkeit in der Stimme: »Da können Sie hundert Jahre
lang forschen, und Sie werden nicht herauskriegen, wer meine
Mutter wirklich war. Sie war kein Buch mit sieben Siegeln,
sie war eins mit siebenhundert Siegeln. Und nein, sie hat sich
nie für mich interessiert, weder als ich noch klein war noch
später.«
    »Für mich wäre das ein Grund, jemanden zu hassen. Ich wiederhole
deshalb meine Frage von eben noch einmal: Haben Sie
Ihre Mutter gehasst?«
    »Sie verdächtigen mich also doch, sie umgebracht zu haben«,
stieß Leslie zynisch hervor und lachte dabei unwirklich auf. »Das
ist Blödsinn! Ich könnte niemals jemanden töten.«
    »Das stimmt«, mischte sich Matthias Mahler ein und legte seine
Hand auf Leslies Knie. »Sie wäre niemals zu so etwas fähig.
    Und Hass ist so ein schreckliches Wort. Lassen Sie Leslie in
Ruhe. Bitte.«
    »Gleich. Ihre Mutter hat sich also nie für Sie interessiert,
nicht, als Sie in den Kindergarten gegangen sind, nicht, als Sie
zur Schule gingen, nicht, als Sie in die Pubertät kamen, und auch
nicht in den folgenden Jahren. Trotzdem haben Sie regelmäßig
bei ihr angerufen und haben sie besucht. Wissen Sie, wenn meine
Mutter mich so behandelt hätte, ich hätte mich von ihr abgewandt.
    Aber Sie nicht. Warum?«
    Leslie holte tief Luft und sagte leise: »Ich weiß, das ist für

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