Das Todeskreuz
vergöttert, er war ihr Vorbild, ihr Held und
was weiß ich nicht alles. Sie wollte ihm immer gefallen und
musste von einer Sekunde auf die andere erfahren, dass das vergebene
Liebesmüh war. Kennen Sie sie überhaupt?«
»Nein, nur Andrea hat ab und an von ihr erzählt.«
»Sie werden sie aber zwangsläufig kennenlernen, und ich
glaube, Sie werden sich gut verstehen, Sie haben nämlich beide
so eine gewisse Art, die verbindet.«
»Was meinen Sie damit?«
»Das erklär ich Ihnen ein andermal.«
Durant blieb stehen und fasste Brandt am Arm. »Nein, das will
ich jetzt wissen. Sie kennen mich doch gar nicht, woher ...«
Brandt sah Durant an und unterbrach ihren Redefluss. »Sie
glauben, ich würde Sie nicht kennen, aber mir reicht ein erster
Eindruck. Und der hat sich bis jetzt bestätigt. Und ich habe mich,
was diesen ersten Eindruck von einem Menschen angeht, noch
nie geirrt. Das hört sich vielleicht arrogant an, ist es aber nicht.
Es ist nur eine Gabe, die mir in die Wiege gelegt wurde.«
»Dann erklären Sie mir doch mal, welche Art mich und Frau
Klein verbindet«, sagte Durant mit angriffslustigem Blick.
»Wissen Sie was, ich lad Sie nachher zu einem Kaffee ein, und
dann sag ich's Ihnen.«
»Ich würd's aber gerne jetzt von Ihnen hören.«
»Das ist genau das, was auch die Klein immer will. Jetzt, sofort,
auf der Stelle ... Bestimmend, dominant, unnachgiebig,
wenn es um den eigenen Standpunkt geht, und so weiter. Sie beide
demonstrieren nach außen hin die toughe Lady, die sich in der
ach so harten Männerwelt behaupten muss, sind aber in Wirklichkeit
unsicher, zerbrechlich, voller Selbstzweifel und einsam.
Und bevor Sie jetzt etwas darauf erwidern, sollten Sie erst einmal
Ihre Worte überlegen, denn Sie können sehr verletzend sein, wie
Elvira Klein. Dabei ist das nur ein Schutzschild, den Sie angelegt
haben.«
Durant schluckte schwer. So deutlich hatte ihr noch nie jemand
ihre Persönlichkeit geschildert, dazu noch jemand, den sie
gestern Abend zum ersten Mal gesehen hatte.
»Sind Sie ein selbsternannter Psychologe?«, entgegnete sie
schnippisch und gekränkt, weil es Brandt geschafft hatte, in ihr
Inneres zu blicken.
»Sehen Sie, das ist es, was ich meine. Sie können auch keine
Kritik ertragen, obwohl ich gar keine Kritik an Ihnen geübt habe.
Sie und die Klein haben so viele Gemeinsamkeiten, unter anderem,
dass Sie vieles viel zu ernst nehmen.«
»Und Sie sind fehlerfrei, was?«
»Hab ich das behauptet?«, sagte er gelassen. »Ihre eigentliche
Frage war doch, wie mein Gespräch mit Frau Klein war. Es war
bewegend, tragisch, traurig«, Brandt zuckte mit den Schultern,
eigentlich so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Sie wird mit ihrem
Vater sprechen und mir Bescheid geben. Das ist alles.«
»So, schon fertig mit der Psychoanalyse?«
»Frau Durant, warum so beleidigt? Ich hab Ihnen doch gar nichts getan. Aber kommen wir zum Alltagsgeschäft zurück. Haben
Sie uns angekündigt?«
»Nein, ich liebe Überraschungen, auch wenn ich mich nicht
sonderlich wohl fühle, in alten Wunden rumzustochern. Geht es
Ihnen nicht auch so?«
»Hängt von der Situation ab. Es kommt mir hier kälter vor ab
in Offenbach«, bemerkte er.
»Das liegt nur daran, weil sie ein eingefleischter Offenbacher
sind und Frankfurt nicht mögen. Lassen Sie mich raten, Sie sind
Fußballfan, Offenbacher Kickers. Jemand wie Sie muss Kicker-
Fan sein.«
»Voll ins Schwarze. Und Sie interessieren sich vermutlich
überhaupt nicht für Fußball oder Sport im Allgemeinen.«
»Falsch, ich bin zwar keine Expertin, aber Mönchengladbach
mag ich, auch wenn ich aus Bayern komme.«
»Was hör ich da? Etwa Borussia Mönchengladbach?«
»Haben Sie ein Problem damit?«
»Nein, ganz im Gegenteil. Ich sag doch, Sie haben eine Menge
mit der Klein gemeinsam. Sie ist eine geradezu fanatische
Gladbach-Anhängerin.«
»Da Sie gerade gesagt haben, dass es Ihnen in Frankfurt
kälter vorkommt, ich mag zum Beispiel Berlin überhaupt nicht.
Ich frier jedes Mal, wenn ich dort bin. Ist zum Glück nur sehr
selten. Da kann's noch so schön sein, Berlin ist nichts für mich.
Außerdem viel zu dreckig, überall Hundehaufen. Ich versteh
gar nicht, was die alle für einen Tamtam um diese Stadt machen.
«
»Und München?«
»Wieso?«
»Sie kommen doch aus München, oder?«
»Nein«, unterbrach sie ihn schnell, »ich komm aus einem kleinen
Ort in der Nähe von München. Viertausend Einwohner und
eine
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