Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
protestantische Enklave inmitten des heiligen schwarzen
Reichs der katholischen Kirche«, fügte sie grinsend hinzu. »Mein
Vater ist Pastor, aber seit ein paar Jahren im Ruhestand.«
    »Ich bin katholisch, aber kein Kirchgänger«, entgegnete
Brandt, der mit der Art von Julia Durant noch nicht so recht umzugehen
wusste. Sich in ihrer Gegenwart aufzuhalten war nicht
unangenehm, auch wenn sie ein dominantes Auftreten hatte. Bisher
hatte er noch nie eine Kollegin gehabt, die auch nur ähnlich
wie Durant war, Elvira Klein ausgenommen, doch die war auch
keine Kollegin. »Und schwarz bin ich auch nicht.«
    »Ach was, war mir gar nicht aufgefallen. So, wir sind da.
    Dann hoffen wir mal darauf, eingelassen zu werden.« Sie standen
vor einem fünfstöckigen Gebäude, das, so schätzte Durant, um
die hundert Jahre alt war, aber einen äußerlich gepflegten Eindruck
machte. Sie legte den Finger auf den Klingelknopf und
wartete. Der Türsummer ertönte, Brandt drückte die Tür auf und
ließ Durant an sich vorbeitreten. Sie gingen durch ein dunkles
Treppenhaus. Im Erdgeschoss befand sich nur eine Wohnung, die
des Hausmeisters, was deutlich neben dem Türschild vermerkt
war. Auf der linken Seite hingen die Briefkästen, von denen etwa
die Hälfte leer waren, der Boden bis zur Treppe bestand aus alten
Fliesen, die den Anschein erweckten, als wären sie so alt wie das
Haus, die Treppenstufen ächzten bei jedem Schritt, als wären sie
müde und es leid, dauernd getreten zu werden. Die Krögers
wohnten im dritten Stock.
    Eine Frau mit kurzen grauen Haaren lugte zwischen Tür und
Angel hervor und beäugte die Beamten misstrauisch.
    »Ja?«
    Durant und Brandt hielten ihre Ausweise hoch, sie sagte:
»Durant, Kriminalpolizei, das ist mein Kollege Herr Brandt. Frau
Kröger. Frau Inge Kröger?«
    »Und was wollen Sie?«, fragte die Angesprochene abweisend,
ohne die Tür weiter aufzumachen oder die Beamten gar hereinzubitten.
    »Das würden wir gern drin mit Ihnen besprechen. Es ist wichtig
«, sagte Durant.
    »Wichtig? Um was geht's denn? Hat mal wieder einer von uns
was ausgefressen?«
    Durant war irritiert, sagte aber: »Sie möchten doch bestimmt
nicht, dass Ihre Nachbarn ...«
    »Kann ich noch mal Ihre Ausweise sehen?«
    »Bitte«, antworteten Durant und Brandt unisono und hielten
sie Inge Kröger dicht vors Gesicht.
    Kurz darauf machte sie die Tür frei. In der Wohnung roch es
durchdringend nach Kohl. Der graue Teppichboden war abgetreten,
an einigen Stellen wellig, darunter waren Dielen, die wie die
Stufen im Treppenhaus knarrten. Im Wohnzimmer lief der Fernseher,
eine Gerichtsshow. Bei näherem Hinsehen erkannten die
Kommissare Bernd Buchmann. Auf dem Tisch standen eine Flasche
Wasser und ein Glas, die Sitzgarnitur war alt und wies deutliche
Abnutzungsspuren auf. Im Aschenbecher glimmte eine Zigarette
vor sich hin und würde in wenigen Sekunden verlöschen.
Über den Sofa- und Sessellehnen lagen kleine Häkeldeckchen,
auf der Holzfensterbank standen vier Grünpflanzen. Es war ein
dunkles Zimmer, das eine eigentümliche und etwas düstere Atmosphäre
verbreitete.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte Inge Kröger leise und stellte den
Fernseher aus. Durant schätzte sie auf Anfang bis Mitte fünfzig.
Sie hatte ein beinahe faltenloses Gesicht, lediglich die tiefen Furchen
zwischen Nase und Mund verrieten in etwa ihr Alter. Ihre
Augen waren glanzlos und leer, ihre Finger krumm, und bei genauerem
Hinsehen fiel Durant auf, dass es Arthrosefinger waren.
    Sie trug einen schlichten hellgrauen Hausanzug, Socken und Birkenstocksandalen.
    Sie setzten sich, Inge Kröger holte eine Zigarette
aus der Schachtel und zündete sie an.
    »Frau Kröger, wir sind hier, um mit Ihnen über Ihre Tochter
Laura zu sprechen«, begann Durant.
    »Was? Laura ist seit über zehn Jahren tot, und Sie ...«
    »Ich weiß«, sagte Durant beschwichtigend, »und ich weiß
auch, dass wir Ihnen damit wehtun, aber ...«
    Inge Kröger lachte höhnisch auf, nahm einen tiefen Zug an
ihrer Zigarette und sagte: »Aber was? Kommen Sie etwa, um mir
mitzuteilen, dass Sie endlich die Schweine hinter Schloss und
Riegel gebracht haben?«
    »Nein, leider nicht. Aber wir hätten ein paar Fragen zu dem
damaligen Geschehen und auch zu den polizeilichen Ermittlungen.
Wären Sie so freundlich, uns behilflich zu sein?«
    Wieder lachte Inge Kröger auf und schüttelte den Kopf. »Warum
sollte ich ausgerechnet Ihnen behilflich sein? War die

Weitere Kostenlose Bücher