Das Tor nach Andoran (German Edition)
mitten im Satz ab. »Willst du lieber verhungern?« Granak blickte beunruhigt zu Boden und antwortete kleinlaut. »Nein, aber gibt es denn keine andere Möglichkeit. Oben laufen wir direkt den Jägern in die Hände. Existiert kein anderer Ausgang, der weit genug von dort entfernt ist, wo wir herkommen?«
Thurgrom griff beschwichtigend in den Streit zwischen den beiden ein.
»Es existieren genügend Ausgänge, von denen eure Verfolger nichts ahnen, doch ich bin zuversichtlich in der Stadt genügen Proviant für uns alle zu finden. Wir können danach immer noch entscheiden, wohin ihr euch wenden wollt.«
Nach dem kargen Mahl richtete sich jeder sein Nachtlager zurecht und versuchte so gut es ging zu schlafen. Julian, der sich sonderbarerweise weder müde noch erschöpft fühlte, dachte erneut an die verlorene Herde und an seinen Vater. Irgendwann glaubte er, ein weit entferntes schabendes Geräusch zu vernehmen.
Er setzte sich auf, um zu sehen, ob einer aus der Gruppe das Schaben ebenfalls vernommen hatte. Thurgrom Gandulf Granak und Riana schliefen tief und fest. Selbst Trina lag ausgesteckt und entspannt neben Riana und schlief, was er an den zuckenden Bewegungen ihrer Pfoten erkannte.
* Spielte ihm seine Fantasie einen Streich, oder näherte sich ihnen der unbekannte Gegner, der auch die Zwerge heimgesucht hatte? *
Julian beschloss die anderen der Gruppe nicht zu beunruhigen, aber wachsam zu sein, um jederzeit seine Gefährten warnen zu können. Er blieb noch lange wach und lauschte angespannt den Geräuschen des Berges, doch das schabende Geräusch war verstummt. Nach einer Zeitspanne, die in etwa einer vergangenen Nacht entsprach, ging Thurgrom zu jeden und weckte sie.
Kurz danach machten sie sich vom Ufer des Sees entlang auf den Weg zu der Stadt der Zwerge.
Das Vorwärtskommen in dem weichen Kies bereitete besonders Riana Schwierigkeiten und so legten sie öfter eine Pause ein. Es verging fast ein ganzer Tag, bis die Gruppe das gegenüberliegende Ufer erreichte, von wo aus ein breiter Stollen weiter in die Stadt führte. Julian fragte sich, wie Thurgrom die Zeit bestimmen konnte. Es gab weder einen Sonnenaufgang, noch konnte man sich an etwas anderem orientieren.
Auch in diesem Stollen lagen vernichtete Gerätschaften, die der Gruppe das Vorankommen erschwerte. Zudem war der Gang mit ausgeblichenen Gebeinen von Zwergen, die noch in ihren Rüstungen steckten und ihren Ponys übersät. Riana kostete es viel Überwindung, den anderen zu folgen.
»Hier muss eine Schlacht stattgefunden haben,« bemerkte Gandulf und Granak gab ihm bei diesem Anblick recht. »Ja,« bestätigte er, »aber ich frage mich, gegen wen gekämpft wurde.«
Wortlos und bedrückt folgten sie Thurgrom, der wieder die Führung übernommen hatte.
Nach einigen Stunden weitete sich unvermittelt der Gang zu einem lang gestreckten Felsendom, dessen Ausmaße man nur erahnen konnte. Beeindruckt blieben Granak, Julian, Gandulf und Riana stehen.
Rechts und links erhoben sich in den Felsen geschlagene Bauten, die auf den einzelnen Ebenen nach hinten versetzt waren. An der Außenseite der Gebäude führten Treppen bis in die obersten Stockwerke hinauf. Ebenerdig reihten sich rechteckige Öffnungen aneinander, die Julian an die Schaufenster der Läden in Elveen erinnerten. Schief und zerborsten hingen Fensterläden und Türen in ihren Angeln und die leeren Fenster starrten die Gruppe wie tote Augen an. Die schmiedeeisernen Schilder, die über den Türen hingen, ließen die Vielfalt der hier ansässigen Händler, Handwerker und Kaufleute erahnen.
Julian bereitete es keine Schwierigkeiten, die in fremdartigen Zeichen und Schriften gehaltenen Zeichen richtig zu deuten. Es gab eine Fülle der verschiedensten Geschäfte, vom Bäcker bis hin zu Schmuck und Weinhändlern.
Die Decke des Felsendoms erstrahlte in einem hellen Blau, das wie das Firmament bei wolkenlosem Himmel aussah. In gleichmäßigen Abständen verbreiteten goldene Scheiben ein warmes Licht und strahlten wohltuende Wärme ab. Über allem lastete jedoch eine Stille, die nicht zu dem einst belebten Ort passte: die Stille des Todes.
Beim Anblick der Verwüstung, die auf weiten Teilen des Platzes zu sehen war, stöhnte Riana leise. Thurgrom hingegen schrie seine Verzweiflung und Ohnmacht angesichts der Dinge die hier geschehen sein mochten in einem lang gezogenen Schrei hinaus.
»Warum straften die Götter mein Volk, das kann doch nicht sein.« Dicke Tränen der Trauer kullerten über
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