Das Totenhaus
King's College würde Unterlagen darüber haben, welche Kreditkarte sie im Buchladen des College benutzt hatte, und dann konnten wir bei der Kreditkartenfirma die Belege anfordern, um zu sehen, in welchen Geschäften oder Restaurants sie eingekauft oder gegessen hatte. Ich unterschrieb die Formulare unter Battaglias Namen und reichte sie an Mike weiter.
»Wozu ist das hier? Der studentische Gesundheitsdienst vom King's College?«
»Ich dachte, ich versuch's mal. Wir haben absolut nichts, womit wir eine Kontrollprobe von Voights DNA bekommen können. Nichts von ihren Sachen ist noch in der Uni - keine Klamotten, keine Zahnbürste, keine Haarbürste. Nichts, woraus das Labor einen genetischen Fingerabdruck erstellen kann. Was ist, falls wir Beweismaterial oder - im schlimmsten Fall - eine Leiche finden? Wenn das Labor davon ein Profil erstellt, haben wir rein gar nichts, womit wir es vergleichen können.«
»Und du denkst, sie hat beim Arzt eine DNA-Probe hinterlassen, für alle Fälle?« Mike wurde ungeduldig und wollte gehen.
»Ich wette mit dir, dass eine sexuell aktive Studentin mindestens einmal bei der gynäkologischen Untersuchung war. Entweder, weil sie ein Verhütungsmittel brauchte, oder vielleicht auch - bei Voights Lebensstil - einen Geschlechtskrankheiten- oder Schwangerschaftstest machte. Und wenn ja, dann hätten die meisten Ärzte eine routinemäßige Krebsvorsorgeuntersuchung durchgeführt. Die Zellen, die dabei entnommen wurden, sind mehr als genug für eine Stichprobe. Also vermute ich, dass irgendwo in einem Labor nicht weit von hier alles ist, was wir brauchen, um ein DNA-Profil von Charlotte Voight zu bekommen.«
Mike nickte zustimmend. »Schluss jetzt, Blondie. Vor Montagfrüh kann ich mit diesen Papieren nichts anfangen. Keines von diesen Büros ist an einem Samstag um diese Zeit geöffnet. Ich fahr dich heim. Und dann hol ich dich um sieben Uhr zu Mercers Party ab.«
Ich nahm in der Lobby meine Post in Empfang, die sich aus Weihnachtskarten von Freunden im ganzen Land und den üblichen Rechnungen zusammensetzte. Auf meinem Anrufbeantworter waren zwei Nachrichten. Die Erste war von meiner Mutter, die hoffte, dass ich meine Pläne ändern und Weihnachten mit dem Rest der Familie in ihrem Haus in der Karibik verbringen würde. Sie wusste noch nichts über meinen neuesten Fall, also nahm ich mir vor, sie morgen anzurufen. Der andere Anruf war von Jake, und ich wählte seine Handynummer. »Noch immer im Studio?«
»Ich bin gerade dabei, den Uganda-Beitrag fertig zu machen. Brian wird die Story in den morgigen Sonntagabendnachrichten als ersten Beitrag bringen. Wir haben einige Hintergrundinformationen gefunden, die die Ermordung in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen, und noch ist es ein Exklusivbericht. Und bei dir?«
»Ich wünschte, ich könnte sagen, dass wir schon so weit wären. Keine neuen Erkenntnisse, keine Hinweise. Das Ding hier wird sich noch eine Weile hinziehen. Die Univerwaltung hat alle vorzeitig in die Ferien geschickt, also treten wir auf der Stelle. Mercer hat heute Abend ein paar Leute zu einer Party zu sich nach Hause eingeladen.«
»Dann hältst du es also noch ein paar Tage ohne mich aus?«
Ich lag auf dem Bett, den Telefonhörer am Ohr, und klopfte mit der Hand auf die Matratze neben mir. »Ziemlich leer auf deiner Seite des Bettes. Aber schließlich hab ich ja keine Wahl, oder? Sieh zu, dass du dich als Nächstes für die lokalen Verkehrsmeldungen einteilen lässt. Etwas Langweiliges, damit du die ganze Zeit in meiner Nähe bist, in Ordnung?«
Nachdem wir aufgelegt hatten, rief ich ein paar Freunde an, um kurz Hallo zu sagen, packte einige der Geschenke ein, die ich am Montag mit ins Büro nehmen wollte, und zog mich um.
Als Mike und ich in Queens eintrafen, stand die Tür zu Mercers Haus offen, und fünfzehn bis zwanzig Leute drängten sich um die Bar in seinem Wohnzimmer. Die Erste, die uns begrüßte, war Vickee Eaton, eine Polizeibeamtin, die im Präsidium im Büro des stellvertretenden Leiters der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit tätig war.
Mike und Vickee waren gleichaltrig und hatten zusammen die Polizeiakademie besucht. Er hatte sie Mercer vorgestellt, nachdem dessen kurze Ehe mit einem Mädchen, mit dem er aufgewachsen war, zu Ende gegangen war. Vickee und Mercer waren fast fünf Jahre zusammen und dann knapp zwei Jahre verheiratet gewesen, als sie ihn verließ. Er hatte uns niemals den genauen Grund dafür sagen können. Als ich sie danach
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