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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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nicht gelernt.«
    »Da brauche ich keinen Beweis. Der Bankier Marcus ist doch bekannt. Sie ist doch Luxuskabine auf der ›Majestic‹ herübergekommen.«
    »Jetzt endlich verstehe ich. Ich bin nur in einer Forecastle-Bunk, auf einem Frachteimer herübergekommen als Deckarbeiter. Und das beweist gar nichts. Großes Bankgeschäft und Luxuskabine beweist alles.«
    »Der Fall liegt eben ganz anders, Mr. Gale. Ich habe Ihnen gesagt, ich kann nichts für Sie tun. Ich darf nicht einmal etwas für Sie tun. Papiere darf ich Ihnen nicht geben. Ich persönlich glaube Ihnen, was Sie mir gesagt haben. Aber wenn die Polizei Sie hierher bringen sollte, damit wir Sie anerkennen und aufnehmen sollen, leugne ich Sie glatt ab und bestreite Ihre Staatsangehörigkeit. Ich kann nichts andres tun.«
    »Dann kann ich hier einfach untergehen in fremdem Lande.«
    »Ich habe nicht die Machtvollkommenheit, Ihnen beizustehen, selbst wenn ich persönlich gern möchte. Ich werde Ihnen eine Karte für ein Hotel geben für drei Tage mit voller Verpflegung. Sie dürfen sich nach Ablauf eine zweite und auch eine dritte holen.«
    »Nein, ich danke sehr. Bemühen Sie sich nicht.«
    »Vielleicht ist Ihnen besser gedient mit einer Fahrkarte nach der nächsten größeren Hafenstadt, wo Sie vielleicht ein Schiff bekommen können, das unter andrer Flagge fährt.«
    »Nein, danke. Ich hoffe, meinen Weg allein zu finden.«
    »Ja dann –. Good bye und viel Glück!« Aber da sind wieder die großen Gegensätze zwischen den amerikanischen Beamten und den Beamten andrer Länder. Als ich auf der Straße war und nach einer Uhr blickte, sah ich, daß es fünf Uhr vorbei war. Die Geschäftsstunden des Konsuls waren um vier Uhr zu Ende; jedoch er hatte nicht ein einziges Mal irgendein Zeichen von Ungeduld geäußert oder fühlen lassen, daß seine Zeit längst vorüber war.
    Nun erst hatte ich mein Schiff wirklich verloren.
    Ade, mein sonniges New Orleans. Good bye and good luck to ye!
    Mädel, mein liebes Mädel in New Orleans, jetzt kannst du warten auf deinen Jungen; auf dem Jackson Square kannst du sitzen und heulen. Dein Junge kommt nicht mehr heim. Das Meer hat ihn verschluckt. Gegen Sturm und Wellen konnte ich kämpfen, mit Farbe und mit harten Fäusten; gegen Paragraphen, Bleistifte und Papier nicht. Nimm dir beizeiten einen andern, Liebchen. Verplempere deine rosige Jugend nicht mit Warten auf den Vaterlandslosen und Nichtgeborenen. Leb wohl! Süß waren deine Küsse und glühend, weil wir keine Heiratslizenz geholt hatten.
    Schiet das Mädel. Hoiho! Wind kommt auf. Boys, get all the canvas set. Alles, was Leinwandfetzen heißt, ’raus damit und hoch.
     

12.
     
    Express Paris-Limoges. Ich sitze drin und habe keine Karte. Diesmal wurde kontrolliert. Aber ich verschwand spurlos. Limoges-Toulouse. Ich sitze drin und habe auch keine Karte.
    Was die nur immerfort zu kontrollieren haben. Es muß doch in der Tat zu viele Eisenbahnschwindler geben, daß so oft kontrolliert wird. Aber die haben ganz recht, wenn jeder ohne Karte fahren wollte, wer sollte denn dann die Dividenden bezahlen. Das geht doch nicht. Ich verschwinde spurlos. Als die Kontrolle vorbei ist, setze ich mich wieder auf meinen Platz. Plötzlich kommt der Kontrolleur zurück, geht entlang und sieht mich an. Ich sehe ihn auch an. Ganz dreist. Er geht weiter. Man muß nur wissen, wie man Kontrolleure anzusehen hat, dann hat man auch schon gewonnen. Er dreht sich um und kommt auf mich zu.
    »Bitte, wo wollten Sie umsteigen?«
    Ein ganz gerissener Bursche, dieser Kontrolleur.
    Ich verstehe nur das Umsteigen in diesem Augenblick, weil ich die übrigen Worte erst in Gedanken übersetzen muß. Aber dazu komme ich gar nicht, denn er sagt gleich darauf: »Bitte, lassen Sie doch mal ihre Karte sehen, wenn ich sehr bitten darf.«
    Na, Freund, wenn du noch so höflich bist und noch so höflich bittest, es tut mir sehr leid, ich kann dir deinen Wunsch nicht erfüllen.
    »Ich habe es gewußt«, sagt er ganz ruhig und unauffällig. Ich bin überzeugt, die übrigen Fahrgäste haben gar nicht beachtet, was für eine Tragödie sich hier abspielt.
    Der Mann nimmt sein Notizbuch, schreibt etwas und geht dann weiter. Vielleicht hat er ein gutes Herz und vergißt mich. Aber in Toulouse auf dem Bahnhof werde ich schon erwartet. Ohne Blechmusik, aber mit einem Auto.
    Es ist ein sehr gutes Automobil, feuer- und einbruchsicher, und ich kann während der Fahrt nicht hinausfallen und sehe von meinem Fenster nur einen Teil

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