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Das Trauma

Das Trauma

Titel: Das Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe
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was sie durchgemacht hat.
    »Ach, das ist keine originelle Geschichte.« Sirkka schaut sich in der Gruppe um. Aus irgendeinem Grund bleibt ihr Blick an mir haften. Sie lächelt, fast unmerklich. »Ich habe Timo Anfang der siebziger Jahre kennengelernt. Einundsiebzig. Damals waren wir jung. Wir waren beide aus Finnland nach Schweden gekommen, um zu arbeiten. Das machte man damals, man kam zum Arbeiten nach Schweden, hier gab es eben Arbeit. Wir haben uns schon auf dem Schiff kennengelernt. Silja Line.«
    Sie lächelt ironisch, und von Sofie ist ein leises Kichern zu hören.
    »Also echt? Ihr habt euch auf der Fähre kennengelernt? Und wart dann fast vierzig Jahre zusammen? Das muss, na, irgendwie einzigartig sein, ich dachte, auf den Fähren gibt’s nur Suff und One-Night-Stands.« Sofie sieht überrascht aus. Überrascht und leicht erregt. Als begriffe sie plötzlich, dass Sirkka nicht immer die Frau war, die Sofie hier vor sich sieht.
    »Naja, sicher wurde auf den Fähren viel gefeiert. Und getanzt, ja, meine Güte …« Wieder lächelt Sirkka. Diesmal munterer. Ihr Blick nach innen gekehrt, verloren in Erinnerungen aus einer Zeit, die verlorengegangen ist.
    »Und?« Malin schaut Sirkka neugierig an. »Was ist dann passiert?«
    »Ach, also. Wir haben uns kennengelernt und wurden ein Paar. Timo sah gut aus und war lustig. Anfangs war das phantastisch. Wir waren wirklich glücklich. In der ersten Zeit, als alles wie ein Spiel war. Wir wohnten in einem kleinen Zimmer in Solna, in Råsunda. Zur Untermiete, und das durfte niemand wissen, deshalb schlichen wir immer die Treppen hoch. Die Wohnung war winzig klein. Wir hatten keine Küche, nur eine Kochnische. Und zum Duschen ging man in den Keller. Aber für uns war es ein Schloss. Ich arbeitete als Schwesternhelferin im Karolinska und brauchte nur über den Nördlichen Friedhof zu gehen, um zur Arbeit zu kommen. Timo war bei Scania in Södertälje, er musste mit der Bahn fahren. Und dann wurde ich schwanger. Es war nicht geplant, es passierte einfach. Und wir haben uns beide nicht so richtig gefreut. Aber es half ja alles nichts, also wurde unsere Tochter im April ’72 geboren.«
    »Aber warum habt ihr keine Abtreibung machen lassen, wenn ihr das Kind doch nicht wolltet?« Sofie blickt Sirkka fragend an.
    »Damals konnte man nicht so einfach abtreiben. Wir hörten manchmal von Frauen, die dafür in andere Länder fuhren, nach Polen. Und in Schweden konnte man einen Antrag auf Schwangerschaftsabbruch stellen, wenn man besondere Gründe hatte, aber wir hatten doch eigentlich keine. Wir machten das, was die meisten unserer Freunde auch machten. Heirateten. Die siebziger Jahre waren in gewisser Hinsicht liberal, aber noch immer hielten viele ein uneheliches Kind für eine Schande. Man hatte verheiratet zu sein, in geregelten Verhältnissen zu leben. Was sollten die Leute sonst denken?«
    Sirkka macht eine resignierte Handbewegung, und ich begreife, dass sie über das alles, über ihr Schicksal, endlos viele Male nachgedacht hat.
    »Naja, wir waren jedenfalls froh, als die Kleine dann kam. Sie war wunderbar. Wir fanden auch eine größere Wohnung, in Södertälje, Timo hatte es nicht so weit zur Arbeit, und ich war ja mit Helena zu Hause. Und im Jahr darauf kam Mikael.«
    »Aber was ist dann passiert?« Sofies Augen sind groß und rund. Sie sieht fast andächtig aus. Ein Kind, das ein Märchen hört.
    »Ja«, Sirkka seufzt, »das ist so schwer zu erklären. Timo wurde unzufrieden und eifersüchtig. Er fing an, auf mich aufzupassen, mich zu überwachen. Inzwischen weiß ich ja, dass es immer so anfängt, aber damals. Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht. Versuchte, mich zu ändern. Fröhlicher zu sein, mehr Ordnung zu halten, leckerer zu kochen. Dafür zu sorgen, dass die Kinder artig waren, wenn Papa zu Hause war. Ich wurde weniger offen zu Fremden, zog mich von meinen Freundinnen zurück. Aber das half nichts. Nichts, was ich tat, half. Er wurde wütend. Er wurde wahnsinnig wütend. Wütend, wenn die Kinder schrien oder Lärm machten. Wütend, wenn ich sauer aussah, wütend, wenn ich fröhlich war. Wütend, wenn das Essen nicht schmeckte. Ich weiß noch, wie er mich zum ersten Mal geschlagen hat. Es war Weihnachten, und ich hatte nach dem Rezept seiner Mutter einen Heringsauflauf gekocht. Er sagte, der sei zu salzig. Er sagte, er müsse sich vor seiner Familie schämen. Weil er mit einem miesen Stück verheiratet sei, das nicht kochen könne. Und dann schlug er mir

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