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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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bringen mich um«, fügte Helen hinzu.
    »Zumindest hat uns noch keiner überfallen.«
    »Die Nacht ist noch jung«, sagte Abilene.
    Finley lachte und wirbelte herum.
    »Wenn man mal eins braucht, ist keines von diesen verdammten Taxis zu sehen.«
    Nur wenige Autos kamen ihnen entgegen. Die Scheinwerfer beleuchteten die regennasse Fahrbahn, und ihre Reifen fuhren klatschend durch die Pfützen. Ein Taxi war nicht darunter. Auch bemerkten sie weder ein Restaurant noch ein Geschäft, von dem aus sie sich ein Taxi bestellen oder wo sie zumindest kurz Unterschlupf hätten finden können, um nach dem Weg zu fragen. Alles, was sie sahen, waren unbeleuchtete Mietshäuser.
    »Das gefällt mir gar nicht«, unkte Helen.
    »Wo sind denn alle?«, fragte Abilene.
    »Die warten zu Hause, bis es aufhört, zu regnen«, entgegnete Finley.
    »Früher oder später müssen wir doch ein Taxi finden«, sagte Vivian. »Oder eine U-Bahn-Haltestelle.«
    Als sie an einem dunklen Hauseingang vorbeikamen, hob ein in eine Decke gehüllter Obdachloser den Kopf. »Hey!« Abilenes Magen krampfte sich zusammen. Sie rannte schnell vorbei und sah sich wachsam um, bis sie außer Sichtweite waren.
    »Warum hast du den nicht gefragt?« Finley lachte.
    Cora stieß ihr den Ellbogen in die Seite.
    »Das wird mir langsam zu riskant«, sagte Abilene.
    »Es ist eben ein Abenteuer. Deswegen sind wir ja hier: um ein Abenteuer zu erleben.«
    »Sich in New York zu verirren hatte ich nicht unbedingt im Sinn«, sagte Vivian.
    »Jetzt kommt schon. Es ist unser letzter Abend im Big Apple. Sehen wir zu, dass es ein unvergesslicher wird.«
    »Wenn wir ihn überleben«, sagte Helen.
    »Zumindest kannst du glücklich sterben«, sagte Finley. »Du hast Grandpa Munster getroffen.«
    »Oh«, meinte Vivian. »Da kommt jemand.«
    Ein dünner Mann in Jeans kam ihnen auf dem Bürgersteig entgegen. Beschwingten Schrittes ging er auf sie zu. Sein Hemd hatte er ausgezogen und ließ es an seiner Seite herunterbaumeln.
    Zumindest torkelt er nicht, dachte Abilene.
    »Bleibt ruhig«, riet ihnen Cora. »Wenn er was Übles im Schilde führt, übernehme ich ihn.«
    Er verlangsamte seinen Schritt. Es war ein junger, durchaus attraktiver Mann. »Alles in Ordnung bei euch, Ladys?«, fragte er.
    »Wir sind uns nicht ganz sicher, wo wir sind«, sagte Vivian.
    Er nickte mit besorgtem Gesichtsausdruck und blieb neben ihnen stehen. Sein langes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, und sein nackter Oberkörper glänzte im Licht der Straßenlampen. Abilene sah, wie die Regentropfen auf seine Schultern fielen. »Das habe ich mir gleich gedacht«, sagte er. »Wenn ihr euch nicht verlaufen hättet, wärt ihr ganz bestimmt nicht hier. Das hier ist nicht unbedingt das sicherste Viertel. Ihr geht direkt auf die Bowery zu.«
    »Na großartig«, sagte Finley.
    »Wir wollen nur zu unserem Hotel zurück«, erklärte Vivian.
    »Welches Hotel denn?«
    »Das Hilton.«
    »In dieser Richtung kommt ihr da bestimmt nicht hin.«
    »Wir suchen nach einer U-Bahn-Station.«
    »Hier gibt's keine. Die nächste ist wohl Canal, Ecke Broadway.«
    »Und wo ist das?«, fragte Cora.
    »Nicht weit von hier, aber … besser, ich begleite euch und passe auf, dass euch nichts passiert.«
    »Ist es hier so schlimm?«, fragte Cora.
    »Selbst ich krieg manchmal Angst, obwohl ich hier wohne. Und ich bin kein hübsches junges Mädchen.«
    »Wir wollen Sie nicht aufhalten«, sagte Vivian.
    »Ist schon okay. Ich war gerade auf dem Weg nach Hause. Wenn ich euch jetzt allein ziehen lasse, bekomme ich noch ein schlechtes Gewissen.«
    »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen«, sagte Vivian.
    Hoffentlich irrst du dich da mal nicht, dachte Abilene. Wer weiß, was der Typ vorhat?
    Andererseits konnte er auch einfach nur ein netter Kerl sein, der ihnen helfen wollte.
    Aber man wusste ja nie. Sie waren schließlich in New York.
    »Übrigens, ich bin Wayne«, sagte er. »Ich habe die Ehre, Sie auf ihrer Entdeckungstour durch das nächtliche New York zu begleiten«, fügte er grinsend hinzu.
    Sie stellten sich vor, und er nickte jeder von ihnen freundlich zu.
    »Als Erstes sollten wir mal kehrtmachen, damit ihr nicht noch tiefer in den Schlamassel geratet.« Sie machten ihm Platz, und er führte sie zur Broome Street zurück.
    Vivian und Cora gingen neben ihm, die anderen folgten ihnen. Sein nasser Pferdeschwanz wippte, die Jeans hing ihm so tief auf den Hüften, dass man seinen Hintern sehen konnte. Abilene bezweifelte, dass er Unterwäsche

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