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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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wurde Abilene von einer seltsamen Mischung aus Erregung, Nostalgie und einer düsteren Vorahnung erfüllt.
    Im Schatten stand ein aus Ziegelsteinen gemauerter Grill. Sein Kamin reichte fast bis zum Balkon hinauf. Daneben stand ein einsamer Tisch, das letzte Überbleibsel eines einstmals gut ausgestatteten Picknickplatzes. Er wirkte wie aus ausgewaschenem Treibholz gezimmert und erinnerte Abilene an die Totempfähle. Der Tisch war mit Laub bedeckt, und Unkraut wucherte seine Beine hinauf.
    Hinter dem Grill befand sich ein betonierter, lang gestreckter Platz, der wie die Landebahn eines lange aufgegebenen Miniaturflughafens aussah. Zwischen den Rissen im Asphalt ragte Löwenzahn auf. Anhand der verblassten Markierungen konnte Abilene erkennen, dass es sich um ein Shuffleboard-Spielfeld gehandelt hatte.
    Jetzt konnte niemand mehr darauf spielen.
    Bevor die Lodge aufgegeben worden und Unkraut aus dem gepflegten Rasen geschossen war, hatte hinter dem Spielfeld bestimmt die eine oder andere Partie Krocket stattgefunden. Abilene konnte fast das sanfte Klicken hören, mit dem die Holzbälle aneinanderstießen.
    Dazu das metallische Klingen beim Hufeisenwerfen.
    Shuffleboard ging ja immer mit Krocket und Hufeisenwerfen Hand in Hand.
    Wie schön es hier gewesen sein musste. Friedlich und idyllisch.
    Sie ließ ihren Blick zum Swimmingpool wandern. Er befand sich zu ihrer Linken am Waldrand und so weit vom Haus entfernt, dass sein Schatten ihn nicht erreichte. Schmale gepflasterte Pfade führten auf ihn zu. Der Steinrand des Beckens war ebenfalls mit Laub und Unkraut bedeckt. Soweit sie sehen konnte, war kein Wasser darin. An einer der Längsseiten befanden sich zwei Sprungbretter in verschiedenen Höhen sowie eine Rutsche.
    »Wo wohl die Thermalquellen sind?«, fragte Helen.
    »Das sieht mir wie ein ganz gewöhnlicher Pool aus«, sagte Abilene.
    Finley ließ die Kamera sinken und stieg die Stufen hinunter. Abilene und die anderen folgten ihr.
    »Wow«, sagte Finley.
    »Ja.« Sie ging auf den Pool zu.
    In unmittelbarer Nähe des Hauses befand sich ein Becken, das vollständig vom Balkon überdacht war. Es war nur etwa zwei Meter breit, knapp drei Meter lang und mit Wasser gefüllt, das sanft gegen die Granitmauern schwappte. Das Wasser strömte aus einer bogenförmigen Öffnung in der Hauswand und verließ den Pool durch einen schmalen Steinkanal an dessen Nordseite.
    Das Wasser wirkte erstaunlich sauber. Abilene vermutete, dass die ständige Strömung Äste und anderen Unrat den Kanal hinunterspülte.
    »Fantastisch!«, platzte Helen heraus, sobald sie den Pool erblickte. »Anscheinend haben wir die Quelle gefunden.« Sie rannte an Abilene vorbei, kniete sich an den Rand des Beckens und steckte eine Hand ins Wasser. »Ganz warm!«
    »Die Quelle ist im Haus?«, fragte Cora verblüfft.
    Gleichzeitig mit Abilene ging sie in die Hocke und spähte in den Bogengang. Die Öffnung war etwa so groß wie eine gewöhnliche Tür, und das Wasser reichte bis etwa einen Meter unter die Decke. Abilene konnte außer der sanft bewegten Wasseroberfläche nichts erkennen. »Sieht aus, als wäre da drin noch ein weiteres Becken«, sagte sie.
    »Und zwar ein großes. «
    »Die Lodge muss direkt auf der Quelle errichtet worden sein«, sagte Helen.
    »Stand darüber nichts in deinem Reiseführer?«
    »Kein Reiseführer. ›Das große Buch der spektakulärsten ungelösten Mordfälle des zwanzigsten Jahrhunderts‹.«
    »War ja klar, dass hier jemand ermordet wurde«, jammerte Vivian.
    »Das macht es doch erst interessant.«
    »Was ist denn eigentlich eine Thermalquelle?«
    »Heißes Wasser, das aus dem Boden kommt«, meinte Helen achselzuckend.
    Abilene lachte auf. »Du bist echt ein wandelndes Lexikon.«
    »Was weiß ich, ich bin ja keine Geologin.«
    »Vielleicht so etwas wie die Geysire in Yellowstone?«, fragte Finley.
    »Ich glaube nicht, dass das Wasser hier einfach so aus dem Boden schießt«, sagte Helen. »Sonst würde ja niemand auf die Idee kommen, ein Haus darauf zu bauen.«
    »Warum tauchen wir nicht da durch?«, schlug Cora vor und begann, sich die Schuhe auszuziehen.
    »Weil wir dabei nass werden, darum nicht«, sagte Vivian.
    »Und?«
    »Und deine Hand könntest du dir auch dabei waschen«, sagte Abilene.
    »Woher wissen wir, dass das Wasser sauber ist?«
    »Es ist natürliches Quellwasser«, sagte Helen.
    »Direkt aus dem Schoß von Mutter Erde«, sagte Abilene. »Sauberer geht's nicht.«
    Vivian legte den Kopf schief, als würde sie

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