Das Treffen
festhalten zu können. In der linken Hand hielt sie die Wasserflasche. Ihre Beine umklammerten Jims Hüften. Er hatte seine Hände unter ihre Knie geschoben. Coras Knöchel war von den Schienen befreit und bandagiert worden.
Es sah aus, als würde Jim jeden Moment seine Hose verlieren. Der klatschnasse Stoff wurde nur von dem Seil gehalten und hing so tief um seine Hüften, dass Abilene das verfilzte Schamhaar erkennen konnte. Er blieb für einen Augenblick stehen, um Atem zu schöpfen. Dann setzte er den Aufstieg fort.
Vivian folgte dem seltsamen Paar. Sie trug die Schrotflinte und Finleys Kamera. Ihr durchnässtes Poloshirt war fast durchsichtig. Die beiden Gürtel, mit denen sie Coras Knöchel stabilisiert hatten, hingen wie Patronengurte um ihre Schultern. Abilenes Bluse hatte sie sich in den Bund ihrer Shorts gesteckt.
»Habt ihr alles?«, fragte Abilene.
»Ihr wart ja eine große Hilfe«, sagte Cora.
»Ihr hättet auch auf uns warten können.«
»Haben wir ja. Aber ihr seid nicht zurückgekommen.«
»Wir waren gerade auf dem Weg«, sagte Finley, ging auf Abilene zu und legte einen Arm um ihre Schultern. In der anderen Hand hielt sie die halb leere Flasche.
Cora blickte sie finster an. »Seid ihr betrunken?«
»Nur ein paar Schlucke.«
»Uns geht's suuuuuuper. Ganz großartig.«
»Na toll«, zischte Cora.
Abilene ging einen Schritt zur Seite, um Jim vorbeizulassen und nahm Cora die Wasserflasche ab.
Vivian reichte Finley die Kamera.
Jim setzte Cora auf dem ebenen Asphalt vor dem Auto ab. Sie stützte sich auf ihn und stellte sich auf ihr linkes Bein. Abilene eilte ihnen zu Hilfe und sah, dass Coras Rücken mit Heftpflastern bedeckt war. Die gröbsten Kratzer und Bissspuren waren versorgt.
Sie stellte die Wasserflasche ab und packte Cora unter den Achseln. Mit Jims Hilfe gelang es ihr, sie auf den Boden zu legen.
Er zog seine triefende Hose hoch, beugte sich vor und holte tief Luft.
»Jetzt kann ich auch einen Schluck vertragen«, sagte Cora und griff nach der Flasche.
»Aber nicht übertreiben«, warnte sie Finley und reichte ihr den Schnaps. »Mäßigung in allen Dingen. Das ist das Geheimnis eines langen und glücklichen Lebens.«
37
Cora trank nur wenige Schlucke, dann stellte sie die Flasche beiseite. Vivian reichte ihr die Flinte, damit sie Jim bewachen konnte, während die anderen die Vorräte aus dem Auto holten.
Vivian zündete den Campingkocher an. Abilene öffnete Dosen mit Chili und leerte sie in einen Topf. Finley brachte Brötchen und Pepsi.
Während sie auf das Chili warteten, halfen sie Cora zum Auto, damit sie auf der Motorhaube sitzen und die Füße herunterbaumeln lassen konnte.
Bald blubberte und dampfte das Chili. Abilene verteilte es auf Plastikschüsseln.
Finley saß neben Cora auf der Motorhaube, Abilene und Vivian gemeinsam mit Jim auf dem Gehweg. Sie aßen schweigend das heiße Chili und spülten es mit warmer Pepsi herunter. Die Brötchen waren steinhart – für Abilene war es trotzdem das köstlichste Mahl seit Langem. Sie aß langsam, weil sie das Ende der Mahlzeit hinauszögern wollte. Danach mussten sie sich wohl oder übel auf Hank vorbereiten. Sie nahm sich noch eine Schüssel – nicht, weil sie solchen Hunger hatte, sondern nur, um nach allem, was geschehen war, ein Stück Normalität genießen zu können.
Sie meldete sich sogar freiwillig zum Abspülen.
»Wieso abspülen?«, sagte Cora. »Wirf alles in eine Kiste. Wir werden sowieso nicht mehr zum Essen kommen.«
»Genau das befürchte ich auch«, sagte Finley.
»So war das nicht gemeint. Sobald wir mit Hank fertig sind, hauen wir ab und holen Hilfe. Also – du, und wer auch immer dich begleitet.«
»Trotzdem kann es nicht schaden, die Sachen abzuspülen«, sagte Abilene. »Dann hab ich wenigstens was zu tun.«
»Mach einen Spaziergang. Zum Ausnüchtern«, schlug Finley vor.
»Da gehst du besser mit«, sagte Cora.
»Ich bin nüchtern«, sagte Abilene. »Leider.«
»Ich auch«, sagte Finley und glitt von der Motorhaube. »Spülen wir ab. Besser, als hier herumzusitzen.«
Abilene und Finley sammelten das schmutzige Geschirr ein. Mit einer Rolle Küchenpapier bewaffnet, gingen sie die Einfahrt hinunter zum Abflusskanal des Thermalquellenbeckens. Sie folgten ihm bis in den Wald, wo er in einen Bach mündete. Die langen Schatten erinnerten Abilene daran, dass es bald dunkel werden würde.
Nebeneinander setzten sie sich auf einen Felsen und spülten das Geschirr ab. Das kalte Wasser des Bachs
Weitere Kostenlose Bücher