Das Treffen
mischte sich mit dem warmen der Quelle, was sich ziemlich gut anfühlte. Abilene hockte auf dem Stein und genoss diese kauernde Position.
Wie ein Kind im Mutterleib. Wie gut es wäre, sich einfach an einen dunklen Ort zurückziehen zu können, die Beine zu umklammern und den nächsten Morgen abzuwarten.
»Hast du Angst?«, fragte sie.
»Die Warterei nervt mich.«
»Ich wünschte, das Ganze wäre endlich vorbei.«
»Alles wird gut. Sobald wir Hank erwischt haben.«
»Du hast doch gesagt, dass wir alle dabei draufgehen werden.«
»Das war … nur so dahingesagt. Da war der Schnaps schuld. Wir werden's schon schaffen. Wir haben die Schrotflinte, und damit blasen wir diesem Arsch den Schädel weg. Er hat keine Chance.«
»Hoffentlich hast du recht. Aber irgendwas kann immer schiefgehen.«
»Du machst dir zu viele Gedanken, Hickok.«
»Wild Bill Hickok könnten wir heute gut gebrauchen. Oder zumindest ein paar von seinen Schießeisen.«
»Ach was. Battys alte Flinte tut's auch.«
Sie wischten die Schüsseln mit Papiertüchern aus und stellten sie in den Kochtopf. Abilene klemmte sich die Küchenrolle unter den Arm und sammelte die gebrauchten Tücher ein, damit sie keinen Abfall zurückließen.
Dann gingen sie durch das goldene Licht des Abends zurück.
Als sie wieder bei den anderen angekommen waren, hatte Cora ihren Sitzplatz verlassen, sich auf dem Asphalt ausgestreckt und die Hände über dem Bauch gefaltet. Vivian saß im Schneidersitz neben ihr. Die Schrotflinte lag auf ihrem Schoß. Jim saß ihr gegenüber und hatte die Arme um die Knie geschlungen.
Vivian hatte offensichtlich den Campingkocher und ihre Vorräte wieder im Auto verstaut. Auf der Motorhaube stand eine Kiste mit leeren Konservendosen. Abilene warf das dreckige Papier dazu und hielt Finley den Kofferraum auf, damit sie hineinkriechen und das Geschirr verstauen konnte.
»Braucht jemand noch was, wenn ich schon mal hier drin bin?«
Abilene spähte in den Wagen. Rückbank und Kofferraum waren mit Klamotten, Badeanzügen, Schuhen, Handtaschen,
Schlafsäcken, Essen und anderem Kram vollgestopft. »Sieh mal nach, ob du die Taschenlampen findest.«
»Sie müssen hier irgendwo sein.«
Während Finley die Sachen durchwühlte, überlegte Abilene kurz, ob sie nicht nach ihren Turnschuhen und frischen Klamotten suchen sollte. Die Sportschuhe wären auf jeden Fall bequemer als ihre Mokassins.
Besonders, wenn ich um mein Leben rennen muss.
Frische Kleidung wäre eine echte Wohltat. Aber sie hätte sie sowieso sofort wieder durchgeschwitzt. Außerdem waren ihre Bluse und der Rock bereits ruiniert. Wieso noch weitere Sachen in Mitleidenschaft ziehen?
Die anderen hatten sich ebenfalls nicht umgezogen, obwohl die Rückseite von Coras Tanktop nur mehr aus Fetzen bestand und Finley die Hälfte ihrer Hemdknöpfe eingebüßt hatte.
Finley reichte ihr zwei Taschenlampen.
»Siehst du meine Turnschuhe irgendwo?«, fragte Abilene.
»Warte mal. Die hab ich doch gerade …« Sie drehte sich um und suchte weiter.
»Willst du dich gar nicht umziehen?«
»Warum? Für wen denn?«
»Verstehe.«
»Das ist mein Kampfanzug«, sagte Finley und kroch mit den Turnschuhen in der Hand aus dem Wagen.
Abilene zog sie an und warf die Mokassins in den Kofferraum. Dann ging sie langsam zu den anderen, legte sich auf den Boden, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen.
Jetzt heißt es warten, dachte sie.
Endlich konnte sie sich ausstrecken.
Wenn ich nur einschlafen würde. Dann könnte ich allem hier entfliehen. Eine Weile lang zumindest.
»Vielleicht sollten wir Jim jetzt fragen, was er von Helen weiß«, sagte Cora.
»Was meinst du?«, fragte Finley.
»Hank hat ihm erzählt … was er mit Helen gemacht hat.«
»Himmel«, stöhnte Finley.
»Ich glaube, ich will's gar nicht wissen«, sagte Vivian. »Wir haben doch gesehen, was er mit ihr gemacht hat. Das müssen wir uns nicht auch noch anhören.«
»Ich möchte auch gar nich drüber reden«, sagte Jim. »Da wird mir übel von. Ich musste ihm die Augen ablecken, und er hat gestöhnt und mich gepackt. Schrecklich war das. Da hab ich mich entschlossen, euch zu retten. Ich helf euch dabei, ihn umzubringen.«
»Wir bringen ihn um«, sagte Finley.
»Du warst uns schon jetzt eine große Hilfe«, sagte Vivian. »Weil du uns von ihm erzählt hast. Jetzt wissen wir, mit wem wir es zu tun haben.«
»Besonders die Sache mit seinen Augen ist sehr nützlich für uns«, sagte Cora. »Es ist
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