Das Treffen
einen Schritt.
Finley lehnte bereits gegen das Geländer.
Vivian war ebenfalls auf den Beinen.
Abilene spürte das Geländer an ihrer Hüfte. Sie starrte in die Dunkelheit hinunter. Zumindest konnte sie erkennen, dass Jim wieder aufgestanden war. Vielleicht blickte er in Hanks Richtung, aber Abilene konnte beim besten Willen nicht ausmachen, wohin er den Kopf gedreht hatte – oder ob er ihn überhaupt gedreht hatte.
Dann fiel ein schwarzer Schatten auf Jim. Abilene konnte nichts mehr erkennen und richtete die ausgeschaltete Taschenlampe auf die Stelle, an der sie ihn zuletzt gesehen hatte.
Er steht immer noch dort.
Nur, dass jemand die Sicht auf ihn versperrt.
Grundgütiger, es ist so weit. Es geht los!
Mit der freien Hand umklammerte sie das Geländer. Ihre Knie wurden weich.
»Wo sin die Weiber?«, erklang ein raues, trockenes Flüstern. »Ich will sie haben, Jimmy.«
Links von Abilene ertönte ein sattes metallisches Klicken. Finley spannte den Hahn der Schrotflinte.
»Wir sind hier, du Arschloch!«, brüllte Finley.
Abilene schaltete die Taschenlampe ein. Offensichtlich hatte Vivian dieselbe Idee gehabt, denn mit einem Mal waren zwei Lichtkegel auf den Eindringling gerichtet, der vor Jim stand.
Er war spindeldürr. Er war nackt. Er war rot beschmiert, wie ein Wilder auf dem Kriegspfad.
Er sah aus, als wäre er soeben aus einer mit Blut gefüllten Badewanne gestiegen oder hätte sich einen Eimer davon über den Kopf geschüttet.
In der Hand hielt er einen großen Knochen.
Der andere Arm baumelte nutzlos an seiner Seite herab.
Abilene wusste, dass das nicht Hank war.
Sie wusste es sofort, noch bevor Batty herumwirbelte und ins Licht blinzelte und das Donnern der Schrotflinte in ihren Ohren dröhnte.
39
Die Schrotladung riss einen großen Fleischbrocken aus Battys Schulter. Blut schoss aus der Wunde. Battys rote, sackförmige Brüste schlugen gegen ihre Schulter. Der Knochen verschwand in der Dunkelheit, und der gebrochene Arm wurde herumgeschleudert, als die Wucht des Schusses Batty nach hinten warf.
Der Kopf des alten Einsiedlers krachte gegen Jims Bauch und prallte an seinen Muskeln ab.
Batty fiel zu Boden und blieb, den Kopf zwischen Jims Beinen, reglos liegen.
Abilene starrte benommen auf den ausgestreckten Körper. Sie brachte es nicht fertig, den Blick abzuwenden.
Blut strömte aus dem Loch in seiner Brust. Wären ihre Ohren nicht von der gewaltigen Explosion betäubt gewesen, hätte sie mit Sicherheit das sanfte Plätschern hören können, mit dem das Blut über Battys Haut floss.
Eine seiner Brüste lag auf dem Brustkorb, die andere über dem gebrochenen Arm. Als sie seinen steifen Penis erblickte, wandte sie sich ab.
Finley hatte die Waffe noch immer angelegt, als ob sie noch einen zweiten Schuss abfeuern wollte.
Abilene leuchtete ihr ins Gesicht. »Das ist Batty.«
Finley nickte mit zusammengekniffenen Augen.
»Warum hast du geschossen? «
»Himmel, Fin«, sagte Cora.
»Ich dachte eben, es wäre Hank. Zufrieden?«
»Bist du blind?«
»Jetzt mach mal halblang. Wir hatten niemand anderen als Hank erwartet. Da hab ich geschossen. Was zum Teufel hat außerdem der beschissene Batty hier zu suchen. Er ist uns gefolgt, deswegen …«
Ein würgendes Husten unterbrach sie. Sie spähte neben Abilene in die Lobby hinab. Vivian hatte sich über das Geländer gebeugt. Abilene sah, wie das Erbrochene aus ihrem Mund schoss und klatschend auf dem Boden der Lobby landete. Würgend wandte sie sich ab und wartete, bis von Vivian nur noch Schluchzer und Schniefen zu hören waren.
»Alles klar?«, rief Jim.
»Ja«, schniefte sie. »Denke schon.«
»Warum hast du uns nicht gesagt, dass es Batty ist?«, rief Cora.
»Hab ich nich gesehen. Ist so dunkel hier unten. Konnte nichts erkennen. Hab gedacht, es wär Hank. Bis er zu reden angefangen hat.«
Abilene ließ den Strahl ihrer Taschenlampe auf Jim fallen. Batty lag noch immer zu seinen Füßen. Die Wunde hatte aufgehört zu bluten. Jim sah mit erstem Blick zu ihr herauf. Sein Bauch war dort, wo ihn Battys Kopf berührt hatte, mit Blut verschmiert.
»Hat nich den Falschen getroffen«, sagte Jim. »Der hatte was Schlimmes vor.«
»Er war unbewaffnet«, murmelte Abilene.
»Waffen braucht der nich. Er hat seinen Zauberknochen. Ich kenn ihn. Er zieht sich nackig aus, wenn er 'nen wirklich bösen Zauber machen will. Er wollte euch alle um die Ecke bringen. Deswegen hat er sich mit Blut beschmiert. Fledermausblut. Das nimmt er nur, wenn er
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