Das Treffen
jemand umbringen will.«
»Seht ihr?«, sagte Finley. »Ich hab uns vor dem Todesfluch gerettet.«
»Genau«, sagte Cora. »Und Hank ist immer noch da draußen. Den Schuss hätte selbst ein Tauber über Meilen hinweg hören können. Jetzt weiß er genau, wo er uns finden kann.«
Abilene und Vivian durchschnitten mit ihren Lampen die Dunkelheit auf der Galerie, der Treppe und der Lobby. Die Stützpfeiler warfen unruhige Schatten auf die Wände, und die Glassplitter der Fensterscheiben reflektierten das grelle Licht.
»Leuchte mal hier rüber«, sagte Finley.
Im Schein der Lampe öffnete Finley die Schrotflinte, zog die leere Patrone heraus und ersetzte sie durch eine aus ihrer Hosentasche. Klickend schloss sie die Waffe wieder.
»Gut«, sagte Cora. »Licht aus.«
Erneut umfing sie die Dunkelheit.
»Und was machen wir jetzt?«, flüsterte Abilene.
»Auf Hank warten«, antwortete Cora mit leiser Stimme.
»Und ihn genau wie Batty zur Strecke bringen«, fügte Finley hinzu.
»Aber er weiß, dass wir hier sind«, warf Vivian ein.
»Vielleicht«, sagte Cora. »Vielleicht auch nicht.«
»Ihr solltet den alten Batty hier wegschaffen«, rief Jim von unten herauf. »Hank kommt niemals her, wenn hier 'ne Leiche liegt.«
»Die sieht er doch gar nicht«, sagte Cora.
»Sieht er doch. Er hat Augen wie 'ne Katze.«
»Da hat er recht«, sagte Finley. »Wenn Hank die Leiche sieht, weiß er sofort, dass etwas faul ist. Wir müssen Batty ja nur in eine Ecke zerren. Hinter den Empfangsschalter oder so.«
»Dann … müssten wir ihn anfassen«, flüsterte Vivian.
»Das macht mir nichts aus. Dann kümmere ich mich eben allein darum.«
»Nicht allein«, sagte Cora.
»Ich komme mit«, sagte Abilene, obwohl ihr die Vorstellung ganz und gar nicht gefiel. Lieber wäre sie auf der sicheren Galerie geblieben. Und ganz bestimmt hatte sie keine Lust, Battys Leiche durch die Gegend zu schleifen.
»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Finley. »Ich gehe allein. Gebt mir einfach eine Taschenlampe mit, damit ich nicht hinfalle. Dann gebt mir Feuerschutz.« Sie gab Abilene die Flinte und erhielt von ihr im Gegenzug die Taschenlampe.
»Das gefällt mir überhaupt nicht«, sagte Vivian.
»Mir auch nicht«, stimmte Cora ihr zu.
»Hey, was kann schon passieren?«
»Hank könnte dich erwischen, das kann passieren«, sagte Abilene.
»Dann erschießt ihn. Aber passt bitte auf, dass ihr mich nicht trefft.«
»Vielleicht haben wir keine freie Schussbahn«, gab Cora zu bedenken.
»Dann hab ich immer noch das hier.« Finley hob den Hemdzipfel hoch und zog das Messer aus dem Hosenbund.
»Das wird dir nicht viel bringen«, sagte Abilene.
»Scheiße. Ich glaub nicht, dass Hank da unten ist. Vielleicht lässt er sich ja heute Nacht überhaupt nicht mehr blicken.«
»Der kommt schon noch«, sagte Jim. »Aber hier ist er noch nich. Da bin ich mir ziemlich sicher.«
»Also gut«, sagte Cora. »Geh. Aber beeil dich.«
»Sei vorsichtig«, sagte Abilene.
Finley schaltete die Taschenlampe ein und ging an den anderen vorbei. Vivian beleuchtete ihren Rücken, als sie die Galerie entlanglief.
Sie ging die Treppe hinunter. Abilene presste den Schaft der Schrotflinte gegen ihre Schulter. Mit der linken Hand hob sie den Lauf. Sie ging leicht in die Hocke und stützte sich mit den Ellenbogen auf das Geländer. Finley war am Fuße der Treppe angekommen und blieb stehen.
Mit Messer und Taschenlampe in den Händen drehte sie sich einmal um ihre Achse, um sicherzugehen, dass sich ihr niemand aus dem Gang oder dem Raum unterhalb der Treppe näherte. Dann ging sie vorsichtig durch die Lobby, wobei sie sich ständig umsah.
Zum Glück passt sie gut auf, dachte Abilene.
Aber warum zum Teufel beeilt sie sich nicht?
Da unten ist sie nicht sicher.
Abilene beobachtete über den Lauf der Waffe hinweg die Stützpfeiler. Sie erwartete, dass jeden Augenblick Hank dahinter hervorsprang. Ihr Zeigefinger berührte den Abzug. Sie ließ den Daumen über den Hahn gleiten, widerstand aber der Versuchung, ihn zu spannen.
Nicht, dass ich noch versehentlich Finley erschieße.
Finley stand neben Batty und ließ das Licht der Taschenlampe über seinen Körper gleiten. Dann leuchtete sie Jim an. »Alles klar?«
»Geht schon.« Er sah an sich herab. »Aber das Blut is eklig. Es juckt.«
»Bin gleich wieder da«, sagte Finley, schaltete die Lampe ab und steckte sie in die Gesäßtasche. Dann ließ sie das Messer fallen. Es blieb nur wenige Zentimeter unterhalb des
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