Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
Tür. Die Angeln quietschten erbärmlich. Sie blieb stehen. »Vielleicht lieber doch nicht«, flüsterte sie.
    Bis auf das schwache Licht, das durch die Türöffnung fiel, war der Raum stockfinster.
    »Hier gibt's wohl keine Fenster«, sagte Abilene.
    »Ist hier jemand?«, rief Finley.
    Abilene zuckte zusammen. »Lass das.«
    »Gehen wir«, sagte Cora. »Wir können ja später mit den Taschenlampen noch mal herkommen.«
    Finley schloss die Tür, und die Mädchen umrundeten den Pool. An seiner Südseite befand sich ein weiterer Raum, der von einer u-förmigen Bar beherrscht wurde. Hinter der Theke gähnten sie leere Regale an, in denen einst Flaschen aufgereiht waren. Vor dem Tresen war ein Dutzend Barhocker am Boden festgeschraubt. Der Raum war groß genug, um weitere Tische und Stühle beherbergt zu haben.
    »Hier gibt es eine Cocktailbar«, sagte Abilene.
    »Cool«, sagte Finley.
    »Wir müssen unsere Sachen hier runterschaffen«, schlug Cora vor. »Dann ist Happy Hour!«
    Abilene packte die Holzlehne eines Hockers, rüttelte daran und drehte ihn quietschend herum.
    Die abgenutzte, lackierte Sitzfläche sah einigermaßen sauber aus.
    Sie fuhr mit der Hand darüber, und auf ihrer Handfläche blieb kein Schmutz zurück. Sie ließ sich auf den Stuhl fallen. Das Holz unter ihrem Hintern fühlte sich glitschig an.
    »Auch hier ist es viel zu sauber«, sagte sie.
    »Wieder die Putzkolonne«, sagte Finley.
    »Das ist mein Ernst. Hier ist was faul.«
    »Hier war wirklich eine Putzfrau«, sagte Cora. »Sie hat sogar Mopp und Eimer dagelassen.«
    Abilene wirbelte auf dem Stuhl herum. Cora stand hinter der Bar und hielt einen Wischmopp in die Höhe. Die dicken, grauen Borsten schwangen hin und her.
    Abilene beugte sich vor, stützte sich mit einem Ellenbogen auf der Theke ab und griff nach dem Mopp. Er war feucht.
    Sie sah Cora fragend an.
    Cora wirkte besorgt. »Der Eimer ist leer«, sagte sie. »Aber immer noch nass.«
    »Das ist wahrscheinlich die Luftfeuchtigkeit«, sagte Finley. »Hier unten bekommt man überhaupt nichts trocken.«
    »Himmel«, flüsterte Vivian.
    »Jetzt kommt schon«, sagte Finley. »Macht euch nicht ins Hemd. Dann gibt es hier eine Putzfrau, na und? Wir lassen ihr eben ein schönes Trinkgeld da.«
    »Oben war zwar auch geputzt, aber hier ist es … blitzsauber. Irgendwer …«
    »Und da ist er«, sagte Cora. Dem Ton ihrer Stimme nach war es kein Scherz.
    Abilene wirbelte erneut herum. Im bogenförmigen Durchgang stand jemand. Sie konnte einen Kopf und nackte Schultern erkennen. Wirres, dunkles Haar, weit aufgerissene Augen – ein erschrockenes Kindergesicht. Im nächsten Moment war der Fremde auch schon wieder verschwunden.

6
    »Oh Gott«, flüsterte Helen.
    »Scheiße«, rief Vivian aus.
    »Den schnappen wir uns!«, zischte Cora und schwang sich über die Theke.
    »Bist du verrückt? Wir sind nackt! «
    Abilene rannte bereits auf das Becken zu. Ihre Schritte hallten über den Granitboden.
    »Wild Bill, warte auf mich!«
    Sie sprang ins Becken. »Bleib hier!«, hörte sie Vivian noch in der Luft schreien.
    Dann tauchte sie klatschend in das warme Wasser ein. Die Vorderseite ihres Körpers brannte. Während sie unter der Oberfläche dahinglitt, fragte sie sich, was sie überhaupt vorhatte. Wollte sie den Fremden etwa verfolgen? Keine gute Idee.
    Sie tauchte auf und hörte, wie die anderen hinter ihr ins Becken sprangen. Die Öffnung nach draußen befand sich direkt vor ihr. Sie schwamm darauf zu und richtete sich auf. Das grelle Tageslicht blendete sie. Mit zusammengekniffenen Augen sah sie sich um und entdeckte den Jungen.
    Es war ein dünner, braun gebrannter Teenager. Bis auf seine abgeschnittenen Jeans trug er nichts am Leib. Er rannte über den verwilderten Rasen.
    Dann tauchten Finley und Cora neben ihr auf und schnappten nach Luft.
    »Dem renne ich jetzt nicht hinterher«, sagte Abilene.
    »Wir würden ihn … sowieso nicht erwischen.«
    »Außerdem – was würden wir mit ihm anstellen?«
    »Da würde mir schon was einfallen«, keuchte Finley.
    »Ich dachte, du wärst fertig mit den Jungs.«
    »Ist es denn überhaupt ein Junge?«, fragte Cora.
    »Glaube schon«, sagte Abilene. »Weiß nicht genau.« Noch während sie redete, verschwand der Fremde im Wald am anderen Ende der Lichtung.
    »Warum rennt er denn so?«, fragte Finley.
    »Wahrscheinlich haben wir ihn zu Tode erschreckt.«
    »Wie lange er uns wohl schon beobachtet hat?«
    »Weiß der Geier«, murmelte Abilene.
    »Auf jeden Fall hat es

Weitere Kostenlose Bücher