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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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draußen. Früher mal jedenfalls. Ich weiß nicht, ob sie noch hier sind. Aber als die Morde geschahen, gab es die Sloanes, die Hacketts, die Johnsons …«
    »Die Feuersteins und Geröllheimer«, warf Abilene ein.
    Finley lachte auf. »Jetzt bringst du da aber was durcheinander, Hickok.«
    »Tja, in Geschichte war ich noch nie gut.«
    »Seid ruhig und hört zu«, sagte Cora.
    »Wie dem auch sei. Die Familien lebten hier. Es war wirklich ein Waldvolk. Sie hausten in Hütten und waren von der Außenwelt praktisch abgeschnitten. Sie jagten und fischten.«
    »Wahrscheinlich waren sie ziemlich gute Banjospieler«, sagte Abilene.
    »Natürlich gab es auch Inzucht.«
    »Bucklige Rothaarige mit Hasenscharten«, sagte Cora. »Minderbemittelte.«
    »Wollten wir nicht den Mund halten und zuhören?«, ermahnte sie Finley.
    »Das sagt die Richtige«, antwortete Cora.
    »Ich war ganz still.« Finley lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Erzähl weiter, Helen.«
    »Cora hat recht. Die Inzucht führte zu körperlichen Missbildungen. Das Buch ging nicht genauer darauf ein, aber manche waren wohl geistig zurückgeblieben oder sahen wie Ungeheuer aus. Jedenfalls kümmerten sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten und hielten sich von der Lodge fern. Trotzdem muss es in den Wäldern förmlich von ihnen gewimmelt haben. Die Gäste, die jagten oder angelten, haben wohl ab und zu einige von ihnen gesehen. Sie machten Witze über sie; wie sie sie erlegen und ihre Köpfe ausstopfen würden, um sie über den Kamin zu hängen.«
    »Ganz reizende Leute«, sagte Abilene.
    »So sind Jäger halt«, sagte Vivian. »Ein Haufen Machoarschlöcher.«
    »Kennst du denn welche?«, fragte Abilene.
    »Mein Vater ist ein Jäger.«
    »Ich dachte, er ist Neurochirurg?«
    »Das auch.«
    »Ich war der Meinung, Ärzte würden nur Golf spielen.«
    »Mein Vater spielt eben lieber Lederstrumpf. Ich musste ihm mal dabei helfen, ein Reh auszuweiden. Da war ich zehn.«
    »Auf welcher Weide denn?«, fragte Finley.
    »Auf Heidis Alm«, sagte Cora und lachte.
    »Ausweiden! Das heißt, ich musste ihm den Kopf abschneiden und den Bauch aufschlitzen und …«
    »Himmel«, flüsterte Helen.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du so etwas getan hast«, sagte Abilene.
    »Tja. Ich hab das Ding auch von oben bis unten vollgekotzt.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Auf jeden Fall hätte er wohl gut zu diesen Leuten gepasst. Einen Hinterwäldler abzuknallen würde ihm sicher einen Riesenspaß machen. Er und seine Kumpel sind einfach nur Arschlöcher mit Gewehren.«
    »Jungs und ihre Spielzeuge«, sagte Finley.
    »Wie dem auch sei«, fuhr Helen fort, »eines Tages haben sie wirklich jemanden erschossen.«

13
    »Natürlich nicht absichtlich«, sagte Helen. »Drei der Gäste waren auf Hirschjagd, ganz in der Nähe des Sees, den ich vorhin erwähnt habe. Irgendwas bewegte sich im Dickicht, und sie eröffneten das Feuer. Dann haben sie nachgesehen und statt einem Hirschen ein Mädchen gefunden. Aber es war nicht tot. Sie hatten es an der Schulter erwischt.«
    »Nicht nur Arschlöcher«, bemerkte Finley, »sondern auch lausige Schützen.«
    »Das ist nicht komisch«, murmelte Vivian ärgerlich.
    »Einer der Jäger wollte das Mädchen zurück zur Lodge bringen und von dort ins Krankenhaus fahren. Zumindest hat er das behauptet, und später gab es auch niemanden mehr, der ihm hätte widersprechen können. Er hat der Polizei alles erzählt. Anscheinend wäre das Mädchen durchgekommen, wenn es schnell genug ärztliche Hilfe bekommen hätte. Aber die anderen waren dagegen. Sie befürchteten, große Schwierigkeiten zu bekommen.«
    »Aber es war doch ein Unfall, oder nicht?«, sagte Abilene.
    »Klar. Vor den Behörden hatten sie ja auch keine Angst –aber vor der Familie des Mädchens sehr wohl.«
    »Ihren Stammesbrüdern«, sagte Finley.
    »Genau. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die Leute hier ausflippen, wenn einem Blutsverwandten etwas zustößt. Die glauben noch an das gute alte ›Auge um Auge‹-Prinzip und hätten keine Ruhe gegeben, bis sie sich endlich gerächt hätten. Außerdem waren sie nicht besonders wählerisch, was ihre Opfer anging. Die Jäger hatten ihre Familien dabei. Hendersons Frau und seine zwei kleinen Töchter waren in der Lodge und die anderen überzeugten ihn davon, dass niemand dort sicher war. Besonders Mädchen nicht. Wenn sie nur das Mädchen verschwinden lassen würden, käme alles wieder ins Lot. Dann würden die Wilden

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