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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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fragte sich, warum sie auf der Rasenfläche vor der Lodge überhaupt keine Spuren gefunden hatten. Vielleicht nahm der Junge jedes Mal eine andere Route.
    Im Gänsemarsch gingen sie hinter Cora her den Pfad entlang.
    Vielleicht war Helen nur ein paar Stunden zuvor denselben Weg gefolgt. Abilene fragte sich, ob Finley nicht doch recht hatte, und der Junge sie entführt hatte. Er und seine Freunde. Sie bezweifelte, dass er allein mit Helen fertig geworden wäre. Er war ziemlich klein und dünn gewesen. Also musste er Komplizen haben. Aber selbst dann hätten sie Helen ja wohl kaum getragen. Demnach konnte sie nicht allzu schwer verletzt sein und war immerhin imstande, ohne fremde Hilfe zu gehen.
    Könnte aber auch nur ein einzelner Täter gewesen sein. Wenn er ein Gewehr besaß, zum Beispiel, und gedroht hatte, sie zu erschießen.
    »Vielleicht hat er eine Waffe«, sprach sie den letzten Gedanken aus.
    Finley warf ihr einen Blick zu. »Das würde die ganze Sache verkomplizieren.«
    »Waffe hin oder her«, erklärte Cora, »wir müssen ihn überraschen. Uns an ihn ranschleichen. Also sollten wir jetzt besser den Mund halten.«
    »Sie haben doch einen gewaltigen Vorsprung«, wandte Finley ein.
    »Ja«, gab Cora zu. »Aber sie könnten auch irgendwo angehalten haben. Wer weiß, vielleicht sind sie nur ein paar Meter von uns entfernt.«
    »Sollen wir nach ihr rufen?«, fragte Vivian.
    »Nein«, entgegneten Cora und Finley im Chor.
    Danach schwiegen sie. Abilene, die die Nachhut bildete, lauschte nach Stimmen oder Schritten. Sie spähte durch die Baumstämme in der Hoffnung, Helen irgendwo im Schatten erkennen zu können. Doch als sie sich eine reglos daliegende Helen vorstellte, die wie ein Stück Abfall einfach liegen gelassen worden war, wandte sie sich ab und richtete den Blick auf die anderen vor ihr.
    Coras Kopf wirbelte beständig in alle Richtungen. Ihr kurzes Haar, das die Farbe von trockenem Heu hatte, klebte ihr um die Ohren herum und im Nacken in dunklen Löckchen an der Haut. Ihr Tanktop war durchnässt, und ihre gebräunten Schultern glänzten vor Schweiß. Die Turnhose klebte an ihren Hinterbacken.
    Im Vergleich dazu wirkte Vivian fast frisch. Aber auch ihr Hemd klebte am Rücken und betonte die Umrisse der Schulterblätter und der Rippen. Abilene konnte die Träger ihres BHs durch den dünnen Stoff erkennen.
    Finley, die unmittelbar vor Abilene ging, hatte ihr Hemd aus der Hose gezogen. Dunkel wie Leder hing es ihr um die Hüften.
    Wir können froh sein, wenn wir nicht zusammenklappen, dachte Abilene.
    Obwohl das Schwindelgefühl verschwunden war, fühlte sie sich trotzdem heiß, schmutzig und elend.
    Hätte sie doch nur Socken angezogen. Die Mokassins schmiegten sich unangenehm ölig an ihre Fußsohlen.
    Ihr Jeansrock war dick und feucht und schwer, aber zumindest so kurz, dass Luft an ihre Beine gelangen konnte. Höschen, BH und Bluse klebten an ihrem Körper. Sie klemmte sich das kühle Wurstpäckchen zwischen die Oberschenkel, zog sich die Bluse aus und öffnete ihren BH. Ohne die einengenden Träger und Körbchen fühlte sie sich wie befreit. Sie rollte den BH zusammen, steckte ihn in ihren Rockbund und zwängte sich wieder in die Bluse. Während sie sie zuknöpfte, warf Finley Wasserflasche und Chipstüte auf den Boden. Sie zog die Würstchen zwischen Abilenes Beinen hervor.
    »Essen wir den Scheiß hier«, sagte sie. »Ich hab Hunger.«
    »Aber nur eine kurze Pause«, sagte Cora.
    Finley öffnete die Plastikverpackung, fischte ein Würstchen heraus, klemmte es sich zwischen die Zähne und reichte den Rest herum. »Ein echtes Gourmetfrühstück«, nuschelte sie, wobei das Würstchen in ihrem Mund hin und her wackelte.
    Abilene nahm einen Bissen. Die Wurst war feucht und weich, schmeckte aber trotzdem. Doch dann erinnerte sie sich an ihr letztes Abendessen, und ihr drehte sich der Magen um. Die gegrillten Würstchen hatten wunderbar geschmeckt. Helen hatte das letzte haben wollen, aber sie hatten es ihr verweigert und stattdessen selbst gegessen, um ihr bei ihrer Diät zu »helfen«.
    Wieder schnürte sich Abilenes Kehle zusammen.
    Hätten sie es ihr doch nur gegeben. Jetzt würde sie vielleicht nie wieder einen Hotdog essen.
    Ihr wird schon nichts passiert sein. Ihr darf nichts passiert sein.
    Abilene würgte mühsam an ihrem Würstchen und spülte es mit viel Wasser hinunter. Finley bot ihr ein weiteres an.
    »Nein, vielen Dank.«
    »Nimm schon. Es sind genau zwei für jeden.«
    »Vielleicht sollten

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