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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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wir Helen ein paar aufheben.«
    Finley verzog das Gesicht, als hätte sie Schmerzen. Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte. Cora, die gerade in ihre zweite Wurst beißen wollte, überlegte es sich anders und steckte sie in die Packung zurück.
    Niemand aß mehr als ein Würstchen.
    Finley faltete die Packung sorgfältig zusammen und verstaute sie in einer ihrer geräumigen Hosentaschen.
    Sie tranken noch etwas Wasser und setzten ihren Weg fort.
    Kurz darauf entdeckten sie einen kleinen Pfad, der vom Hauptweg abzweigte.
    »Was jetzt?«, fragte Vivian.
    »Sollen wir Münze werfen?«, schlug Finley vor.
    »Ich schlage vor, wir gehen geradeaus. Wenn wir nichts finden, können wir immer noch hierher zurückkommen.«
    Sie gingen weiter und erreichten einen See. Ein alter, verwitterter Steg ragte aus dem Wasser und am Ende des Stegs trieb ein Floß, das schon zur Hälfte versunken war. Anscheinend war eines der Fässer, das ihm Auftrieb geben sollte, vollgelaufen.
    Das muss der See sein, von dem Helen erzählt hat, vermutete Abilene. Er war etwa eine Viertelmeile breit und zweimal so lang. Sie konnte weder Boote noch weitere Stege oder Hütten am Ufer erkennen. Und schon gar keine Menschen. Trotz seiner strahlend blauen Oberfläche und der idyllischen Waldlandschaft darum herum wirkte der See bedrohlich. Ein geheimnisvoller, Furcht erregender Ort.
    Abilene rieb sich die Schultern und den Nacken. Trotz der Hitze hatte sie eine Gänsehaut bekommen.
    »Sieht verlassen aus«, flüsterte Vivian, als hätte sie Angst, zu laut zu sprechen.
    »Wohnt denn hier überhaupt niemand?«, sagte Finley.
    »Unheimlich«, befand Vivian.
    »Sieht so aus, als wäre hier keine Menschenseele.« Abilene rieb sich immer noch die schmerzende Haut in ihrem Nacken.
    »Hier gibt's bestimmt ein paar Hütten, die man von hier aus nicht sehen kann«, sagte Cora. »Hinter den Bäumen.«
    Sie traten aus dem Schutz des Unterholzes und näherten sich dem Steg.
    Zu ihrer Linken entdeckte Abilene einen verlassenen Strand. Offensichtlich war das seichte Ufer einst von den Besitzern der Lodge gerodet worden. Sie hatten dort Sand aufgeschüttet, um den Gästen eine Art Strandfeeling bieten zu können. Jetzt war alles von Unkraut und Gebüsch überwachsen und auf dem Sand lag Treibholz herum.
    Am hinteren Ende des Strandes entdeckte sie ein Kanu, das verkehrt herum lag. Der hölzerne Boden hatte ein Loch, so als hätte ihn jemand mit einem schweren Stiefel eingetreten. Neben dem Bug stand in verblasster, aber noch lesbarer weißer Schrift »Totem Pole Lodge«, daneben die Ziffer 3.
    Abilene ging zu dem Kanu hinüber, kniete sich hin und spähte darunter. Nichts außer Unkraut und Sand. »Wollte nur mal nachsehen«, erklärte sie, als sie sich aufrichtete und den Sand von Händen und Knien wischte.
    »Gehen wir einmal um den See herum«, schlug Cora vor.
    »Aber das kann doch Stunden dauern«, protestierte Vivian.
    »Was ist, hast du einen Termin, oder was?«, fragte Finley.
    »Vielleicht lebt derjenige, der Helen entführt hat, hier irgendwo am Ufer«, sagte Cora. »Irgendjemand muss doch hier wohnen. Der See kann doch nicht völlig verlassen sein.«
    »Der Junge muss ja auch irgendwo hergekommen sein«, pflichtete Abilene ihr bei. »Und der Pfad hat uns genau hierher geführt.«
    »Einer von den beiden zumindest«, sagte Finley.
    »Glaubst du, er hat sie mit zu sich nach Hause genommen?«, fragte Vivian.
    »Keine Ahnung«, sagte Cora. »Aber irgendwohin muss er sie ja gebracht haben.«
    »Wenn er es überhaupt war«, sagte Finley.
    »Vielleicht haust er ja in einer Hütte oder einer Baracke oder so«, sagte Cora. »Außerdem – hat jemand einen besseren Vorschlag? Sollen wir den ganzen Tag durch den Wald irren? Oder zur Lodge zurückgehen und Däumchen drehen?«
    »Wir könnten Hilfe holen …«, schlug Vivian vor.
    »Bis wir Hilfe geholt haben«, sagte Cora, »könnte es längst zu spät sein.«
    »Wir sind Helens letzte Hoffnung«, sagte Abilene.
    »Wir werden sie finden.« Finley klang bestimmt. »Und wenn ihr diese Bastarde auch nur ein Haar gekrümmt haben, dann gnade ihnen Gott.«

20
    Aus Angst vor möglichen Beobachtern entfernten sie sich vom Wasser. Wieder im Wald angekommen, gingen sie nach Norden, dem Uferverlauf folgend.
    Hier gab es keinen Trampelpfad. Sie stapften durch das hügelige Unterholz, mussten sich unter tiefe Äste bücken und Gebüsch, umgefallenen Stämmen und Felsbrocken ausweichen.
    An der Nordseite des Sees stießen sie auf

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