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Das Turnier

Das Turnier

Titel: Das Turnier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anu Stohner
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Frage«, sagte der Herold und prüfte mit der Fingerkuppe auch die Spitze des Schwerts, »nämlich was wir mit dir machen.«
    Die Geharnischten hoben mich jetzt an, bis ich nur noch mit den Fußspitzen den Boden berührte. Und genau da bewegte sich zum ersten Mal der Schwarze Ritter. Man sah es kaum, aber es gab ein metallisches Geräusch, als er kurz die Hand von der Lehne seines Stuhls hob.
    Der Herold drehte sich um, und die Geharnischten stellten mich wieder auf die Füße.
    Und dann passierte noch was. Draußen rief jemand: »Halt, wirst du wohl hierbleiben!«, und im nächsten Augenblick kam was großes Wuscheliges ins Zelt geschossen. Wuschel! Er brauchte nicht so lange wie ich, um sich ans Dämmerlicht zu gewöhnen, klar, bei dem Vorhang vor seinen Augen. Und er hatte die Lage offenbar mit einem Blick erfasst. Er knurrte die Geharnischten an, dass sie mich auf der Stelle losließen, dann knurrte er den Herold an, dass der mir blitzschnell mein Schwert zurückgab, dann lief er zu dem Schwarzen Ritter. Und was jetzt kam, würde ich selbst nicht glauben, wenn ich nicht dabei gewesen wäre: Er leckte dem Schwarzen Ritter die Hand. Er wollte gekrault werden. Vom Schwarzen Ritter! Der nicht mal eine normale Hand zum Kraulen hatte, sondern nur einen eisernen Handschuh, in dem die Hand steckte! Es war verrückt!
    Und es wurde noch verrückter. Jetzt kamen nämlich noch mehr Geharnischte ins Zelt gestürmt und alle mit gezogenen Schwertern. Auch der Herold und meine zwei Häscher zückten jetzt die Schwerter. Klar, die wollten ihren Herrn verteidigen! Und wisst ihr, was der machte: Der kraulte Wuschel wirklich, flüsterte ihm durchsgeschlossene Visier was ins Ohr und gab ihm einen Klaps auf den Hintern.
    Ich kapierte überhaupt nichts mehr, und da war ich nicht der Einzige. Die Geharnischten und der Herold kapierten auch alle nichts. Die standen alle nur mit gezückten Schwertern in der Gegend herum und schauten zu, wie Wuschel zu mir herkam, mir einen sanften Stups in Richtung Ausgang gab und dann voranstolzierte.
    Wuschel und der unbesiegbare Tim verließen die Stätte ihres Triumphs – so muss das ausgesehen haben. Und so fühlte ich mich auch, als wir aus dem schwarzen Zelt ins Freie traten. Was für ein Jammer, dass uns Irmtraud nicht sehen kann!, dachte ich, als wir seelenruhig zwischen den Pferden und den wenigen schwarzen Wächtern, die noch draußen standen, durchspazierten.
    Und dann stand sie keine drei Schritte vor mir und breitete die Arme aus. Irmtraud!
    »Tim!«, rief sie.
    »Wuschel!«, rief Ingrid.
    Soll ich euch was sagen: Als Triumphator geht’s einem richtig gut.

Das fünfzehnte Kapitel, in dem Tim der große Held ist
    (Fragt sich nur, für wie lange!)
    Na ja, Triumph. Wenn man’s genau überlegte, war die Sache gerade noch mal gut gegangen. Und wenn Wuschel nicht gekommen wäre …
    »Mann, Alter, klasse!«, sagte Robert, als Irmtraud mich wieder losgelassen hatte.
    »Warst du wirklich da drin?«, fragte Kuno und zeigte zum schwarzen Zelt.
    »Das hätt ich mich nie getraut«, sagte Rigobert.
    »Echt nicht«, sagte Dagobert, und Rigobert zuckte kurz, weil er wahrscheinlich dachte, das wäre wieder so ein kleiner Giftpfeil gegen ihn. Aber dann klopfte mir Dagobert auf die Schulter, und Rigobert verstand, wie es gemeint war.
    Irmtraud drückte meine Hand, und Ingrid schmuste Wuschel, aber mich konnte sie nicht täuschen: In Wirklichkeit meinte sie Robert.
    »Und wie war’s?«, fragte Kuno.
    »Hast du ihn gesehen?«, fragte Irmtraud.
    »Klar«, sagte ich.
    »Und?«, sagte Irmtraud.
    »Ja … äh …«
    Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Erzählen, wie es gewesen war? Dass ich Blödmann mich schon vorm Zelt hatte erwischen lassen? Dass nicht viel gefehlt hätte, und der schwarze Herold hätte mich mit meinem eigenen Schwert wie eine Gurke in hauchdünne Scheiben zerteilt? Eine Heldengeschichte war das nicht gerade, und ob sich Irmtraud was aus Dödeln machte, die ohne Sinn und Verstand ihr Leben aufs Spiel setzten, wusste ich auch nicht.
    »Sag schon! Hast du mit ihm gesprochen?«, fragte Irmtraud.
    Sie schaute mich an, und ich merkte, wie sehr sie es sich wünschte, und da ist es passiert. Ich meine, was hättet ihr gemacht? Ihr den Wunsch abgeschlagen? Wo man ihn ihr so leicht erfüllen konnte? Ich brachte das nicht fertig. Also sagte ich:
    »Klar.«
    »Und was hat er gesagt? Erzähl schon!« Irmtraud war vollkommen aus dem Häuschen.
    Und ich sagte: »Dass das mit der Feder kein

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