Das U-Boot-Phantom
Nur einer hatte seine Haltung etwas verändert. Er zielte mit der Kanone auf mich, und mein Magen klumpte zusammen, als ich das sah. Meine Gegner schwankten im Rhythmus der gegen das Boot anrollenden Wellen, aber niemand rutschte auf dem nassen Deck aus. Sie wirkten wie angeleimt.
Ich gab dem Kahn durch einen Ruderschlag einen leichten Rechtsdrall, der ihn gegen den stählernen Leib trieb. Dort rieb er entlang, und ich schaffte es, mich an einem Querstab der niedrigen Reling festzuhalten.
»Steig um, Sinclair!« Van Akkeren sprach ohne Megaphon. Er hielt es aber nach wie vor in der Hand.
Ich zog mich an Deck. Heranleckende Wellen bescherten mir nasse Füße, dann stand ich schräg vor van Akkeren. Ich hätte ihn jetzt packen können, aber ich brauchte nur das Grinsen auf seinem Gesicht zu sehen, um meinen Plan nicht in die Tat umzusetzen.
»Hüte dich, Sinclair«, sagte er leise, als hätte er meine Gedanken geahnt. »Ich habe ihn.«
»Das weiß ich. Tot oder lebendig?«
»So weit geht unsere Freundschaft nicht, daß ich dir dies auch noch verrate. Moment noch, ich werde mich dir gleich widmen.« Er drehte kurz seinen Kopf und schaute den Teuflischen an, der an der Kanone stand. Das Wesen reagierte wie ein Automat. Es bewegte die Schnellfeuer-Kanone und zielte damit schräg auf das Wasser.
»Er war früher Schütze!« klärte mich van Akkeren auf. Da wummerte die Kanone schon los. Die Echos hallten über den Fluß. So laut, daß die anderen Geräusche, wie das Zersplittern des Bootes darin untergingen.
Ich sah die Fetzen fliegen. Sie wirbelten hoch und klatschten wieder ins Wasser, wo sie von der Strömung gepackt und mitgetrieben wurden.
»So, das hätten wir«, sagte van Akkeren.
»Und jetzt?« fragte ich.
»Befindest du dich in meiner Hand!«
»Das habe ich bemerkt!«
»Nichts anderes wollte ich.«
»Ach, tatsächlich? Wie war das mit der Nachricht, die du uns hast zukommen lassen. Wolltest du nicht Abbé Bloch in deine Gewalt bekommen?«
Sein Lächeln wurde zynisch. »Das habe ich dir gesagt. Schließlich brauchte ich einen Aufhänger. Mir war allerdings klar, daß du es in der Kürze der Zeit nicht schaffen würdest. Ich habe richtig kalkuliert, und auch bei deinem Chef. Als er sah, daß plötzlich ein U-Boot aus dem Wasser der Themse erschien, war er nicht mehr zu halten. Da mußte er einfach nachschauen. Für uns war der Rest ein Kinderspiel.«
»Gut, du hast ihn, du hast mich. Wie soll es jetzt weitergehen?«
»Mein Plan ist erreicht. Zwei mächtige Feinde auf einmal auszuschalten, das schafft nicht jeder. Dir ist klar, daß du lebend nicht mehr wegkommst. Ich werde dich ertränken, Sinclair. Deinen Chef habe ich an ein Torpedorohr gebunden. Wenn ich die Zigarre auf die Reise schicke, wird Powell durch die Wucht zerfetzt.«
Mein Blick vereiste. Ich schaute van Akkeren so hart an, daß er fast erschrak, aber er hatte sich sehr schnell wieder gefangen. »Okay, Sinclair, du wirst jetzt einsteigen.«
»Und dann?«
Er schaute auf die Uhr. »Bereite ich deinen und Sir James' Tod vor. Es wird ungefähr noch eine Viertelstunde dauern.«
Ich nickte und sagte: »Eine Frage hätte ich noch.«
»Bitte.«
»Woher wußtest du, daß ich mich auf diesem Schiff befand?«
Er lachte. »Ich kann mir vorstellen, daß du darüber nachgedacht hast. Die Lösung ist einfach. Du trägst etwas bei dir, daß dich verrät.«
»Das Kreuz?«
»Genau. Es kann für dich Fluch und Segen sein. In diesem Falle wurde es zu einem Fluch. Ich spürte die Strahlung, so wie der Teufel sie auch spürt, wenn er sich dir nähert. Weißt du nun Bescheid?«
»Ja.«
»Dann komm mit.«
Auf diesen letzten Befehl hatte ich quasi gewartet. Wenn ich jetzt mit van Akkeren im Bauch des U-Bootes verschwand und seine Helfer die Luke hinter mir schlossen, waren die Chancen für eine Befreiung noch geringer. Auch von Suko konnte ich nicht viel erwarten. Von ihm und dem Einsatzkommando war weder etwas zu hören noch zu sehen.
»Du willst nicht?« Van Akkeren hatte einen drohenden Klang in die beiden Worte gelegt. »Ich wußte nicht, daß dir das Leben deines Chefs so wenig wert ist. Dir bleibt nichts anderes übrig, als mir und meinen Freunden zu folgen. Ich lasse dir sogar deine Waffen, so sicher bin ich meiner Sache.« Er deutete auf mich. »Wenn du sie einsetzen willst, werden sie zu einem Bumerang.«
Van Akkeren erklärte nicht mehr weiter, was er damit meinte. Er konnte recht haben, er konnte aber auch bluffen. Mich auf das eine
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