Das Ultimatum - Thriller
Explosion aus Licht und Lärm, die ihn in Stücke riss.
12
Der Transit passierte soeben den U-Bahnhof Notting Hill Gate, als Fox durch die heruntergelassene Scheibe das leise Krachen der Explosion hörte.
Das muss die Zug-Bombe sein, dachte er.
Das Ausmaß der Operation, an der er teilhatte, überwältigte ihn für einen Moment, und er sog kurz und heftig die Luft ein. Im Van waren alle still. Selbst Wolf hatte aufgehört, wie während fast der ganzen Fahrt mit den Fingerspitzen auf dem Armaturenbrett herumzutrommeln. Angespannt wartete auch er auf das, was gleich folgen würde.
Fox fuhr jetzt schneller, der Verkehr war weniger dicht, wahrscheinlich weil sie sich vom Schauplatz der ersten Explosion entfernten und die Zahl der Einsatzfahrzeuge, die Richtung Westfield rasten, abgenommen hatte. Die neue Explosion würde ihre Kräfte weiter strapazieren und erste Anzeichen echter Panik in der Hauptstadt auslösen. Das Digitalzeitalter, dachte Fox, vereinfachte vieles; die Informationen, die Angst und Schrecken unter der Bevölkerung verbreiteten, waren nur Sekundenbruchteile entfernt. Schon primitivste Waffen entfesselten eine Woge der Angst.
Als sie zwei Minuten später auf Lancaster Gate zusteuerten, hörten sie den zweiten Knall.
Wolf nickte bedächtig und rieb sich das pockennarbige Kinn. Fox war dem jungen Mann, der sich in eine Bombe verwandelt hatte, selbst nie begegnet, wusste aber, dass es sich um einen von Wolfs Protegés handelte. Er beobachtete, wie Wolf sein Handy hervorzog und eine Nummer wählte.
»Außer Betrieb«, sagte er. »Er ist tot.«
»Ich kann mir so richtig vorstellen, wie es jetzt in der Einsatzzentrale von Scotland Yard zugeht«, bemerkte Fox. Für die politisch korrekte Führung der Londoner Polizei hatte er nichts als Verachtung übrig. Sie und die korrupten Politiker würden verwirrt verfolgen, was sich vor ihren schreckgeweiteten Augen abspielte, und einsehen müssen, dass sie den wirklich großen Dingen armselig und ohnmächtig gegenüberstanden.
»Zeit, noch mehr Chaos zu verbreiten«, entgegnete Wolf, wählte eine neue Nummer und stellte sein Handy auf laut.
Nach gut einer Minute meldete sich eine gehetzt klingende Frau: »Evening Standard, Julie Peters.«
»In den letzten fünf Minuten sind im Bahnhof Paddington zwei Bomben explodiert«, erklärte Wolf und betonte dabei seinen mittelöstlichen Akzent. »Eine im Intercity aus Bristol, die andere als Selbstmordattentat eines jungen Mudschaheddin und Märtyrers der arabischen Sache auf dem Bahnhofsgelände. Diese Explosionen wie auch die im Westfield-Einkaufszentrum wurden von der Panarabischen Armee Gottes als direkte Vergeltung für die britische Beteiligung an den NATO-Angriffen auf arabische Länder und ihre fortgesetzte Präsenz auf geheiligtem muslimischem Boden durchgeführt. Vier weitere Bomben befinden sich in Zügen, die gleich in die Bahnhöfe Waterloo, St Pancras, Fenchurch und Liverpool Street einfahren werden. Wir lassen euch diese Warnung zukommen, um zu demonstrieren, dass wir verhandlungsbereit sind.«
»Und was genau wollen Sie?«, fragte Julie Peters atemlos, doch da hatte Wolf bereits wieder aufgelegt. Er schaltete das Handy aus, entfernte die SIM-Karte und warf sie aus dem Fenster. Sollte man sie irgendwann finden, würde sie niemandem mehr etwas nutzen.
Wolf hatte der Redakteurin des Standard genug Informationen über die Bomben gegeben, um deutlich zu machen, dass er daran beteiligt war. Seine Warnung würde ernst genommen werden, und dieser vage Hinweis auf weitere Anschlagsziele würde die überforderten Einsatzkräfte vollends ans Limit bringen.
Umsonst, dachte sich Fox amüsiert. Es gab keine weiteren Zugbomben. Die brauchten sie auch gar nicht.
Ihr wahres Ziel lag ganz woanders.
13
»Was war das, Mami?«
»Ich weiß nicht, Schatz«, erwiderte Abby Levinson und bedachte ihren Sohn mit einem aufmunternden Lächeln. »Wahrscheinlich nichts.«
Doch der schwere Schlag hatte ihr Nervenkostüm durchgeschüttelt. Sie sah zu ihrem Vater hinüber, der auf der Straßenseite links von Ethan ging, und nun war es an dem alten Herrn, ihr einen aufmunternden Blick zu schenken. Diesen Blick, den er ihr seit ihrer Kindheit zuwarf. Wie immer war er die Ruhe selbst.
»Ganz sicher nichts«, sagte er und zerzauste Ethans Haar. »So was hört man in Großstädten ständig. Und New York ist noch viel lauter als London.«
»Ist es in New York schöner?«, fragte Ethan.
»Da bin ich voreingenommen«, antwortete ihm
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