Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ultimatum - Thriller

Das Ultimatum - Thriller

Titel: Das Ultimatum - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
Vom Netzwerk:
sein Großvater. »Schließlich bin ich dort aufgewachsen. Aber ich mag beide Städte. Obwohl, vielleicht hätten wir zu einer anderen Jahreszeit nach London kommen sollen.«
    Er zog seinen Hut etwas tiefer, den ein Windstoß wegzufegen drohte. Gleichzeitig begann es zu regnen, und Abby überlegte, ob sie für die letzten fünfzig Meter, die zwischen ihnen und dem Hotel lagen, ihren Schirm aufspannen sollte. Sie ließ es aber sein und beschleunigte stattdessen ihren Schritt.
    Es war ein fröhlicher, wenn auch anstrengender Tag gewesen. Sie hatten erst das Gruselkabinett unter der London Bridge besucht und bei McDonald’s zu Mittag gegessen, danach waren sie mit dem Millennium Wheel gefahren und schließlich noch im Aquarium gewesen. Ethan hatte einen wunderbaren Tag verbracht, und am Ende war es das, was zählte. Vor fast einem Jahr hatte sein Vater die Familie verlassen, um »sich selbst zu finden«, weil er zu dem Schluss gekommen war, dass Vaterschaft und die damit verbundenen Verpflichtungen nichts für ihn waren. Ethan hatte sein Verschwinden schwer getroffen. Diese Reise über Thanksgiving und seinen siebten Geburtstag sollte ihm eine Freude bereiten und ihn etwas von seinem Vater ablenken. Wobei London so teuer war, dass es Abby in Erstaunen versetzte. Und auch so kalt und grau. Obwohl, wenigstens das hätte sie sich denken können. Immerhin war England noch nie für sein gutes Wetter berühmt gewesen. Und vielleicht hatte sie sich auch einfach zu sehr an den ewig blauen Himmel und den Sonnenschein in Florida gewöhnt. Morgen jedenfalls würde sie im West End Weihnachtseinkäufe machen, allein, während ihr Vater Ethan ins Museum für Naturgeschichte mitnehmen würde. Ethan war gerne mit seinem Großvater zusammen, und nun, da sein Vater verschwunden war, war es wichtig, dass er ein starkes männliches Vorbild hatte, eine Rolle, die ihr Vater nur allzu gern übernahm.
    Der zweite Schlag ließ sie alle drei erstarren. Er war um einiges lauter als der erste. Auch andere Passanten waren stehen geblieben und schauten in die Richtung, aus der der Knall gekommen war.
    »Und was glaubst du, was das jetzt war, Mami?«
    Abby antwortete nicht, sondern verfolgte die dünne Rauchsäule, die irgendwo auf der anderen Seite des Hydepark zum Himmel stieg. Plötzlich fühlte sie sich hier weit weg von zu Hause, in der Kälte und dem Regen einer fremden Stadt über die Maßen verletzlich.
    Ein Streifenwagen raste unter Geheul durch den Verkehr am Marble Arch. Er fuhr in Richtung der Rauchsäule.
    »Was immer es sein mag, es hat nichts mit uns zu tun«, besänftigte ihn Ethans Großvater über den Lärm der Sirene hinweg. »Aber ich werde langsam nass. Sehen wir zu, dass wir ins Hotel kommen.«
    Schützend legte er seinen Arm um Enkel und Tochter und geleitete sie Richtung Eingang. Und obwohl er kaum so groß war wie sie und bereits fast fünfundsiebzig Jahre zählte, fühlte Abby sich in seiner Umarmung gleich ein wenig sicherer.
    Sie bemühte sich, die Hand ihres Sohnes nicht allzu fest zu packen, und eilte an dem hochgewachsenen Concierge vorbei ins Hotel. Jedes Mal, wenn sie an ihm vorbeigegangen war, hatte der Kerl ihr schelmisch zugelächelt, doch nun sah sie aus den Augenwinkeln, dass er besorgt die Stirn runzelte, ehe sie mit ihren beiden Männern in die Wärme und Geborgenheit des Stanhope Hotels verschwand.

14
    Arley Dale, frisch zum Deputy Assistant Commissioner ernannt, rutschte unruhig und gelangweilt auf ihrem Stuhl herum. Sie saß einem Treffen zwischen Repräsentanten der Bürgerschaft und den leitenden Beamten der Operation Trident vor. Die Operation war ins Leben gerufen worden, um bewaffneten Attacken von Schwarzen gegen Schwarze in der City Einhalt zu gebieten. Die Sitzung zog sich nun schon seit über zwei Stunden hin und hatte noch kein einziges Resultat ergeben. Nachdem es in Brixton in den vergangenen sechs Monaten wiederholt zu Schießereien gekommen war, verlangten die Bürgervertreter tief greifende Maßnahmen, während die Polizisten eine bessere Kooperation der Gemeinde einforderten. Alle schienen sich im Kreis zu drehen und die immer gleichen Plattitüden vorzubringen. Arley, die bekannt dafür war, dass sie streitende Parteien am Kragen packen und zu einer Einigung zwingen konnte, hatte bereits ihr ganzes Konfliktlösungsrepertoire ausgeschöpft und gab es langsam auf. Diese Treffen waren unumgänglich, damit die Metropolitan Police ihre neue, bürgernähere Politik den ethnischen Minderheiten

Weitere Kostenlose Bücher