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Das unanständige Foto

Das unanständige Foto

Titel: Das unanständige Foto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mußte deshalb mit etwas vorliebnehmen, das einmalig im orthodoxen Gottesdienst ist: Er ließ die Jungfrau Stella Gawrilowna vorsingen. Ganz richtig – die Friedhofsgärtnerin von Nowo Korsaki. Kasutin nannte das einen ganz üblen Dreh, aber mit Stella war nicht zu reden. »Ich singe gern«, gab sie bei fünf Vorladungen vor dem Parteiausschuß zu Protokoll. »Wo steht bei Lenin, daß ein Russe nicht singen darf?«
    »Aber in der Kirche!« brüllte Kasutin.
    »Ich singe auch bei den Komsomolzen und zur 1.-Mai-Feier und zur Oktoberrevolution, wenn man mich darum bittet«, antwortete Stella Gawrilowna. »Ich stehe mit meiner Stimme jedem zur Verfügung.«
    Natürlich hatte Kasutin sie daraufhin nie gebeten. Um so stärker brodelte in ihm nun der Triumph, dem Popen klarzumachen, daß Stella anscheinend auch noch anderswie jedem zur Verfügung stand, wenn man sie darum bat. Für Kasutin bedeutete diese Stunde eine gewonnene Schlacht gegen die Reaktionäre.
    Akif warf den Putzlappen weg, ordnete sein Priestergewand, kämmte mit gespreizten Fingern seinen Bart, klemmte das größte der geputzten Kreuze unter den Arm und betrat mit großer Würde den Kirchenraum. Er erschrak aber doch, als er Kasutin, Babajew und Dr. Lallikow aufgereiht nebeneinander stehen sah, als wollten sie einen Kanon singen.
    »Die Dreieinigkeit des Satans«, sagte Väterchen Akif dröhnend. Er hob das Kreuz, machte das Segenszeichen und blieb vor der Ikonostase stehen. »Was bringt ihr Verdammtes, meine Söhne?«
    »Wir kommen privat«, sagte Kasutin mit breitem Lächeln, das Akif hätte warnen müssen. Wenn Kasutin in der Kirche lächelte, mußten die Pforten des Paradieses eingestürzt sein.
    »Es ist sehr wichtig«, ließ sich auch Babajew vernehmen. Mit Babajew hatte Väterchen Akif weniger Probleme – er fotografierte mit Könnerschaft kirchliche Feiern an Ostern und Weihnachten. Ein großes Foto von ihm, das Mamedow in vollem Ornat beim Osteropfer zeigte, hing in der Wohnung des Popen gleich neben der schönen Ecke mit dem ewigen Licht.
    »Wir brauchen Ihren wertvollen Rat«, schloß Dr. Lallikow den rätselhaften Aufzug ab.
    Akif Victorowitsch geriet in einen vakuumähnlichen Zustand. Mit Dr. Lallikow verband ihn keine direkte Freundschaft, dazu war der Arzt ein zu guter Kommunist und Parteigenosse, aber der Pope rechnete es Lallikow immer hoch an, wenn dieser am Bett eines armen Kranken sagte: »Hier kann kein Pülverchen mehr helfen, nur noch Gott.« Die besorgte Verwandtschaft schickte dann selbstverständlich sofort nach dem Popen, und Akif gelang es stets, Lallikows Patienten würdig und mit gereinigter Seele sterben zu lassen. Dieses Hand-in-Hand-Arbeiten erzeugte eine große gegenseitige Achtung. Wenn also Dr. Lallikow nun in der Kirche erschien und um Rat bat, mußte es sich um eine gewaltige Verfehlung handeln.
    Väterchen Akif stellte das Kreuz behutsam auf einen Tisch, winkte mit der Hand und sagte: »Kommt mit. Wir können dabei auch einen Erdbeerwein trinken.«
    Das kam fast einer Drohung nahe. Jeder wußte, daß der Pope selbst einen Erdbeerwein kelterte, der von durchschlagender Wirkung war und einer Rizinuskur in nichts nachstand. Nur bei Akif selbst versagte der Wein, was zu den wöchentlichen Klistieren führte, die Dr. Lallikow stets mit Bibelsprüchen begleitete. Akif war gegen soviel Bibelwissen machtlos.
    Im Wohnzimmer setzte man sich um einen runden Tisch. Akif holte Gläser und eine dunkelgrüne Literflasche mit seinem höllischen Wein. Man wartete höflich, bis er eingegossen hatte, dann legte Babajew seine Vergrößerungen auf den Tisch, zunächst wieder mit den Vorderseiten nach unten. Der Pope zog das Kinn an, sein weißer Bart sträubte sich heftig, die Augen blickten mit fordernder Schärfe.
    »Ich höre«, sagte er laut, als niemand sprach.
    »Machen wir es kurz«, erklärte Kasutin mit heller Stimme. Er zitterte seinem Triumph entgegen. »Er muß ja schweigen.«
    »Eine gemeinsame Beichte?« Akif atmete tief ein. »Haben sich die politischen Verhältnisse plötzlich geändert?«
    »Hier!« Kasutin ergriff die Bilder, drehte sie um und warf sie vor dem Popen wieder auf den Tisch. Schultern, Busen, Hüften, Schenkel, Hinterbacken.
    Dr. Lallikow sah Kasutin vorwurfsvoll an.
    »Sie Rohling«, sagte er anklagend. »Väterchen könnte einen Schock bekommen.«
    Akif Victorowitsch warf einen langen Blick auf die Fotos und sagte dann ruhig: »Ein Weib.«
    »Er erkennt es.« Kasutin lächelte breit. »Das enthebt uns

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