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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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der so viel Glück hatte wie Silvano.«
    »Nach dem, was Sie mir da erzählen, kann es aber nicht nur Glück gewesen sein.«
    »Nein, er war auch ein schlauer Hund, aber Glück hatte er schon. Zum einen, weil er nach dem Mord an seiner Frau davonkam, und nicht nur einmal, sondern zweimal. Darüber habe ich Ihnen alles mitgebracht, was mir zur Verfügung steht.«
    Er zog ein Bündel Blätter aus der Tasche seines Regenmantels. Die Blätter waren zusammengerollt und von einem Gummiband gehalten.
    »Der vollständige Bericht liegt im Archiv, aber…«
    »Nein, ich will niemand anderen mit hineinziehen, ich bin schon froh, wenn ich mir das hier ansehen kann.«
    »Durchsuchungsprotokolle sind nicht dabei, denn wir haben nichts Brauchbares gefunden – obwohl ich Ihnen sagen muß, es gab da einen Moment – wir waren natürlich auf die Waffe aus, aber vermutlich hätten wir am Morgen nach einem Mord doch auch diese Teile gefunden, die er beiseite geschafft hat – Sie wissen, was ich meine. Wir haben seine Werkstatt dem Haus gegenüber durchsucht, und dort fiel einem Ihrer Männer ein alter Kühlschrank in der Ecke auf, der nicht angesteckt war, den er nur als Vorratsschrank benutzte. Als er ihn aufmachte, kam ihm eine richtige Wolke schillernder Fliegen entgegengeflogen. Himmel, wir dachten, jetzt haben wir ihn, aber so war es natürlich nicht. Die Fliegen saßen zwar auf Fleisch, aber es war Tierfleisch. Dann fanden wir eine Plastiktüte voller Fliegenlarven. Er züchtete sie fürs Fischen. In einem solchen Moment weiß man nicht, ob man eher enttäuscht oder erleichtert ist. Wir hätten es wissen müssen, daß da nichts zu finden sein würde. Er war uns immer einen Schritt voraus.«
    »Bloß mit dem Lappen nicht, komisch.«
    »Ich weiß. Trotzdem, Eulen nach Athen. Was es mit dem Stoff auf sich hat, kriegen wir nicht mehr heraus. Aber ich muß gehen – es sei denn, ich kann Ihnen noch irgend etwas sagen.«
    »Doch, können Sie. Warum ist man auf diesen Verdächtigen gekommen? Vermutlich spielt das jetzt keine Rolle mehr, aber ich möchte es gern verstehen.«
    Hatten sie nicht dieselbe Frage gestellt, der Verdächtige und der Maresciallo?
    »Ich bin nicht der, den Sie suchen! Warum ich?«
    Di Maira zuckte mit den Schultern. »In alle ihre kleinen Geheimnisse bin ich auch nicht eingeweiht. Esposito weiß, warum, aber er sagt nichts. Ich weiß nur, daß sie jemanden brauchten, der schon einmal wegen Mordes oder zumindest schwerer Körperverletzung verurteilt war, und er mußte ein Voyeur sein. Und als sie sich nicht mehr für den wirklichen Täter interessierten, der ja auch prompt außer Landes ging, war die Auswahl nicht mehr groß. Auf jeden Fall haben die sich jemanden ausgesucht, der arm und hilflos ist und sich deshalb keinen Stab von teuren Anwälten leisten kann. Der größte Glückstreffer war die Tochter. Jeder im Dorf wußte, daß er was mit ihr hatte und daß sie nicht richtig im Kopf ist. Sie brauchten sie nur noch zu überzeugen, eine Anzeige zu unterschreiben, und danach konnten sie ihn als Monster präsentieren. Lieschen Müller stellt den Zusammenhang nicht her, wenn Sie mich fragen. Inzest ist ein zu heikles Thema.«
    »Trotzdem dürfte es nicht leicht gewesen sein.«
    »Warum denn nicht? Das kam bestimmt als erstes heraus, als man ihn überprüft hat.«
    »Nein, ich meine, sie zu der Unterschrift zu bewegen. Sie zu überzeugen, daß sie vor Gericht aussagen soll. Mir kam sie völlig verängstigt vor, beschämt.«
    »Das war sie auch. Sie hatte Angst und schämte sich. Es war ein gemeiner Trick – sogar Esposito, der die Anzeige geschrieben hat, die sie unterschreiben sollte, fand, das sei zu starker Tobak. Sie karrten das Mädchen ins Präsidium und wollten von ihr wissen, ob es stimme, was sie gehört hatten, daß ihr Vater sie angefaßt habe und so weiter, und dann sagten sie, hier unterschreiben. Wenn sie sich geweigert hätte, hätten sie ihr Verleumdung untergejubelt. Also mußte sie unterschreiben, ob sie wollte oder nicht…«
    »Genauso habe ich es mir vorgestellt.«
    Beim Nachdenken fielen dem Maresciallo die Videobänder ein, und er sagte: »Trotzdem hat sie sich von ihrem Vater eine Wohnung kaufen lassen.«
    »Ja. Das Mädchen so auszunutzen war der einzige intelligente Schachzug, den Simonetti gemacht hat, weil niemand, nicht einmal der Anwalt, wagen wird, an das Thema Inzest zu rühren. Deswegen wird er auch als Monster verurteilt werden, lassen Sie sich das gesagt sein. Noch der letzte

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