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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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richtete sich auf. »Dr. Frank! Wenn Sie nichts dagegen haben...« Er ließ den Satz unvollendet und hoffte, daß sein Tonfall seine Gereiztheit übermitteln werde.
    Victor Frank sah Dr. Stedman an, und Stedman begriff plötzlich, daß der Mann eine Heidenangst hatte. Franks Gesicht war weiß wie Porzellan, und Schweißperlen glitzerten an seinem Haaransatz. Vielleicht war die Verwendung einer Leihmutter sogar für einen Arzt eine einzigartige Belastung.
    »Oh!« rief Mary. Ein Schwall von Flüssigkeit flutete auf das Bett, und Dr. Stedman widmete seine Aufmerksamkeit wieder ganz Mary. Für den Augenblick vergaß er Frank.
    »Die Membranen sind geplatzt«, erklärte er. »Das ist völlig normal, wie ich vorher schon erläutert habe. Mal sehen, wo wir mit diesem Baby sind.«
    Mary schloß die Augen. Sie spürte, wie Finger in sie eindrangen. Wie sie so auf den von ihrer eigenen Flüssigkeit durchtränkten Laken lag, fühlte sie sich erniedrigt und verwundbar. Sie sagte sich, daß sie dies nicht nur um des Geldes willen tue, sondern auch, um ein Ehepaar, das keine Kinder mehr bekommen konnte, glücklich zu machen. Marsha war so lieb und überzeugend gewesen. Aber jetzt fragte sie sich doch, ob sie das Richtige getan hatte. Dann trieb ihr eine weitere Wehe jeden Gedanken aus dem Kopf.
    »Gut, gut!« rief Dr. Stedman. »Sehr gut, Mary. Wirklich sehr gut.« Er riß sich die Gummihandschuhe von den Händen und warf sie beiseite. »Der Kopf des Babys ist jetzt erfaßt, und der Gebärmutterhals ist fast völlig geweitet. Braves Mädchen!« Er wandte sich an die Schwester. »Verlegen wir die Veranstaltung in den Entbindungsraum!«
    »Kann ich jetzt ein Schmerzmittel haben?« fragte Mary.
    »Sobald wir im Entbindungsraum sind«, antwortete Dr. Stedman fröhlich. Er war erleichtert. Dann fühlte er eine Hand auf dem Arm.
    »Sind Sie sicher, daß der Kopf nicht zu groß ist?« fragte Victor unvermittelt und zog Dr. Stedman beiseite.
    Dr. Stedman spürte das Zittern der Hand, die ihn gepackt hatte. Er griff zu und bog die Finger zurück. »Ich habe gesagt, der Kopf ist erfaßt. Das heißt, daß er durch den Beckengang gekommen ist. Daran werden Sie sich doch wohl erinnern!«
    »Sind Sie sicher, daß er erfaßt ist?« fragte Victor.
    Eine Woge der Abneigung durchströmte Dr. Stedman. Beinahe wäre ihm der Kragen geplatzt, doch dann sah er, daß Frank am ganzen Körper vor banger Unruhe zitterte. Er hielt seine Wut im Zaun. »Der Kopf ist erfaßt. Ich bin sicher.« Dann fügte er hinzu: »Wenn das Ganze Sie aufregt, wäre es vielleicht besser, Sie gingen ins Wartezimmer.«
    »Ausgeschlossen«, entgegnete Victor mit Nachdruck. »Ich muß bis zum Schluß dabeisein.«
    Dr. Stedman starrte Dr. Frank an. Vom ersten Zusammentreffen an hatte er ein merkwürdiges Gefühl bei diesem Mann gehabt. Eine Zeitlang hatte er Franks Unruhe der Leihmuttersituation zugeschrieben, aber es steckte mehr dahinter. Und Dr. Frank war mehr als nur ein besorgter Vater. »Ich muß bis zum Schluß dabeisein« - das war schon eine sonderbare Bemerkung für einen werdenden Vater, selbst unter diesen Umständen. Es klang, als sei es eine Art Mission für ihn, kein freudiges - wenn auch traumatisches - Erlebnis, an dem menschliche Wesen beteiligt waren.
    Marsha war sich seines wunderlichen Benehmens vage bewußt, als sie Marys Bett jetzt durch den Korridor zum Entbindungsraum folgte. Aber sie war so sehr in die eigentliche Geburt vertieft, daß sie sich nicht weiter darum kümmerte. Von ganzem Herzen wünschte sie sich, sie könnte selbst in diesem Klinikbett liegen. Ihr wären die Schmerzen willkommen gewesen, obgleich die Geburt ihres Sohnes David fünf Jahre zuvor mit einem so heftigen Blutsturz geendet hatte, daß der Arzt in einer Notoperation die Gebärmutter hatte herausnehmen müssen, um ihr das Leben zu retten. Sie und Victor hatten sich so verzweifelt ein zweites Kind gewünscht. Da sie keines mehr austragen konnte, hatten sie die Möglichkeiten gegeneinander abgewogen. Nach einigem Überlegen hatten sie sich auf eine Leihmutterschaft geeinigt. Marsha war über diese Regelung glücklich, und sie war froh, daß das Kind schon vor der Geburt legal ihnen gehörte, aber dennoch hätte sie alles dafür gegeben, dieses heißersehnte Baby selbst austragen zu können. Einen Moment lang fragte sie sich, wie Mary es ertragen konnte, sich von ihm zu trennen. Aus diesem Grund war sie besonders froh über die Gesetze in Michigan.
    Sie sah jetzt zu, wie die Schwestern

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