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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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nicht in bester körperlicher Verfassung war. Seine hagere Gestalt und seine extrem bleiche Gesichtsfarbe deuteten auf eine Depression, wenn nicht gar auf Unterernährung hin.
    »Ich bin Josephine Steinburger, und das ist meine Tochter Judith«, begann die Frau. »Vielen Dank, daß Sie uns noch drangenommen haben! Wir sind ziemlich verzweifelt.«
    Marsha nickte aufmunternd.
    Mrs. Steinburger beugte sich vertraulich vor, sprach aber
    laut genug, daß Judith es hören konnte. »Meine Tochter hier ist nicht allzu gescheit, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie macht mir schon seit langem nichts als Kummer. Drogen, von zu Hause weggelaufen, sich mit ihrem Bruder zanken, schlechte Freunde, diese Sachen.«
    Marsha nickte erneut. Sie warf einen Blick auf die Tochter, um zu sehen, wie sie auf diese Kritik reagierte, aber das Mädchen starrte bloß desinteressiert vor sich hin.
    »Diese Kinder treiben ja allen möglichen Unfug heutzutage«, fuhr Mrs. Steinburger fort. »Sie wissen schon, Sex und all das. Wenn ich daran denke, wie ich noch jung war! Ich wußte erst, was Sex ist, als ich schon zu alt war, um noch Spaß daran zu haben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Marsha nickte abermals. Sie hoffte, daß die Tochter sich an dem Gespräch beteiligen würde, aber sie blieb stumm. Marsha fragte sich, ob sie möglicherweise unter Drogen stand.
    »Jedenfalls«, berichtete Mrs. Steinburger weiter, »erzählt mir Judith, sie hätte noch nie Sex gehabt, und deshalb war ich ganz schön überrascht, wie Sie sich denken können, als sie vor einem halben Jahr plötzlich dieses Freudenbündel kriegt.« Sie lachte sarkastisch.
    Marsha war nicht überrascht. Von allen Abwehrmechanismen war Verdrängung derjenige, der am häufigsten vorkam. Viele Teenager versuchten anfangs, sexuelle Kontakte zu verleugnen, obwohl der Beweis überwältigend war.
    »Judith sagt, der Vater von dem Kind war ein junger Bengel, der ihr Geld gegeben hätte, damit er seine kleine Röhre in sie reinstecken darf.« Mrs. Steinburger verdrehte die Augen. »Ich hab' ja schon viele Ausdrücke dafür gehört, aber >kleine Röhre< ist mir noch nie untergekommen...«
    Marsha unterbrach selten Leute, die in ihre Sprechstunde kamen, aber in diesem Fall hatte die Person, um die es eigentlich ging, noch keinen Laut von sich gegeben. »Vielleicht wäre es besser, wenn die Patientin mir ihre Geschichte mit ihren eigenen Worten erzählen könnte.«
    »Wie meinen Sie das, mit ihren eigenen Worten?« fragte Mrs. Steinburger und zog verwirrt die Stirn kraus.
    »Genauso, wie ich es gesagt habe«, erwiderte Marsha. »Ich bin der Ansicht, daß der Patient die Geschichte erzählen oder daß er zumindest überhaupt etwas beitragen sollte.«
    Mrs. Steinburger lachte herzhaft, dann beherrschte sie sich wieder. »Entschuldigung, aber das war jetzt wirklich lustig. Mit Judith ist alles okay. Sie ist jetzt sogar ein bißchen verantwortungsvoller geworden, seit sie Mutter ist. Der Kleine ist durcheinander. Er ist der Patient.«
    »Oh, natürlich«, sagte Marsha, einigermaßen verdattert. Sie hatte schon einige Kinder in Behandlung gehabt, aber noch nie Babys.
    »Der Junge ist ein Quälgeist«, fuhr Mrs. Steinburger fort. »Er hört einfach nicht.«
    Marsha forderte sie auf, sich ein bißchen deutlicher auszudrücken. Viele Eltern konnten ihre Babys Quälgeister nennen. Sie brauchte spezifischere Symptome. »Inwiefern ist er ein Problem?« fragte sie.
    »Ah!« rief Mrs. Steinburger. »Sie nennen es, er macht es. Ich sag' Ihnen, der Junge treibt uns noch in den Suff.« Sie wandte sich dem Kind zu. »Sieh die Dame an, Jason!«
    Aber Jason war in seine Zeitschrift vertieft.
    »Jason!« rief Mrs. Steinburger. Sie beugte sich zu dem Jungen hinüber, riß ihm die Zeitung aus der Hand und warf sie auf Marshas Schreibtisch. Erst jetzt bemerkte Marsha, daß es die jüngste Ausgabe des Journal of Cell Biology war.
    »Der Junge kann schon besser lesen als seine Mutter. Neuerdings will er einen Chemiekasten haben.«
    Marsha fühlte, wie eine Woge der Angst in ihr hochschoß und ihr die Kehle zuschnürte. Langsam senkte sie den Blick.
    »Ehrlich gesagt hab' ich Angst, einem Kind von anderthalb Jahren einen Chemiekasten in die Hand zu drücken«, sagte Mrs. Steinburger. »Das ist doch nicht normal. Hinterher jagt er noch das ganze Haus in die Luft.«
    Marsha schaute auf den Jungen in Judiths Schoß. Das Kind
    erwiderte ihren Blick mit seinen durchdringenden eisblauen Augen. Er strahlte eine Aura von

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