Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)
es Ware! Und dieser Junge landet zum Ausgleich im Kloster.“
Ungläubig starrte er sie an. „Ist das dein Ernst? Wie kommst du auf so etwas?“
„Weil ich es erlebt habe! Diese Kinder bleiben nie lange bei uns.“ Ihre Augen wurden hart, als sie in ihre Erinnerung eintauchte. „Mich wollten dort nicht haben, weil ich das falsche Geschlecht habe. Aber diese schreiende, unnütze Missgeburt, die wollen sie!“
Schweigend sah Haron sie an. Der Aufzug wurde bereits langsamer, als er sanft nach ihrer Schulter griff, die sie ihm sofort voller Wut wieder entriss.
„Wir werden zurückschlagen. Bald, das verspreche ich dir.“ Er konnte sehen, dass sie ihm kein Wort glaubte, doch das würde sich ändern.
Ostwan gegenüber erwähnten sie mit keinem Wort den Zwischenfall. Haron wies Ariat an, den Verletzten zu stützen – das Kind wollte er ihr nicht anvertrauen. Schweigend verließen sie das Center durch das zerbrochene Fenster und tauchten ungesehen in den Untergrund ab.
Ariat sollte Recht behalten. Wenige Tage, nachdem sie das Kind Xenos übergeben hatten, war davon nichts mehr zu hören. Keiner der anderen Puristen stellte Fragen, und niemand beantwortete die seinen. Die gesamte Gemeinschaft lebte weiter wie bisher, nur ihre Gruppe war verändert.
Ostwan prahlte mit seiner Wunde, sobald das Fieber ihn dazu lange genug klar werden ließ. Der Schnitt war tief und eiterte, sodass Xenos Bettruhe verordnet hatte – allerdings schien er dabei vergessen zu haben, Ostwan auf sein eigenes Bett zu beschränken.
Ariat wiederum war von einer Apathie befallen, aus der sie immer nur zeitweise auftauchte, um verbal nach jedem zu schnappen, der sie darin störte.
Haron dagegen jagte hektisch seinen eigenen Gedanken hinterher. In seinem Kopf formte sich etwas Großes, dessen genaue Form er noch nicht erkennen konnte. Nur eines wusste er: Die Zeit für den Wandel war gekommen. Aber dafür würde er Unterstützung benötigen. Also machte er sich eines Abends auf, um den einzigen Menschen aufzusuchen, bei dem er sicher war, nicht auf taube Ohren zu stoßen.
Ariat setzte bereits zu einem unwilligen Knurren an, das sie jedoch rasch unterdrückte, als sie Haron erkannte. Stattdessen begnügte sie sich mit einem unwilligen Blick.
Betont gelassen lehnte er sich an den Eingang ihrer Kammer. „Es wird Zeit.“
Sofort sah er die Erwartung, die ihren Körper anspannte, und nickte ihr zu. „Wir schlagen dorthin, wo es sie am meisten schmerzt. Bist du dabei?“
Ihre Antwort lag in einem boshaften Grinsen. Schmerzen, das war das Element der Reinen.
„Einen Klon angreifen?“ Skeptisch zog Ariat die Brauen zusammen. „Das ist dein toller Plan?“
„Nicht nur angreifen“, erklärte Haron mit mühsam aufgebrachter Geduld. Manchmal war es zu leicht, ihre Jugend und Unbedarftheit zu vergessen. „Wir werden ihn vernarben wie einen von uns.“
„Was?“ Jähzorn schien eine ihrer prägendsten Eigenschaften zu sein. Diesmal aber konnte er die Entrüstung darin nachvollziehen. „Unsere Narben sind eine Ehre, und du willst sie einem dieser … dieser Mutanten geben?“
„Du vergisst, was der eigentliche Sinn der Narben ist.“ Haron ließ den Klang seiner Stimme bewusst kalt werden, um ihr in Erinnerung zu rufen, wer das Sagen hatte. Er sah, wie sie instinktiv in sich zusammensank.
Mit einem ebenso frostigen Lächeln fuhr er fort: „Die Narben zeigen, dass wir Menschen sind. Wir denken, wir fühlen, wir leben. Ein Klon wird niemals eine Tätigkeit aufgetragen bekommen, bei der er sich verletzen könnte. Und warum? Weil er genauso bluten würde wie einer von uns. Das ist es, was wir der Menschheit zeigen werden.“
Nachdenklich begann Ariat, mit einem schmutzigen Daumennagel an ihre Zähne zu klopfen. „Und du denkst, dass Xenos dem zustimmt?“
Ein verächtliches Lachen drang aus seiner Kehle. „Ich denke, dass er keine Wahl hat. Seine Leute sterben. Viel zu viele flüchten mittlerweile in die Unterstadt, er hat keine Möglichkeiten, sie alle zu versorgen. Wir sind der Abfall der Gesellschaft, und wenn man den Müll immer nur unter den Teppich kehrt, quillt er bald aus allen Ecken und Enden hervor. Wir müssen verhindern, dass weiter Abfall produziert wird – und Xenos wird das besser wissen als jeder andere hier.“
Xenos müdes Gesicht gab ihm Recht. Der alte Mann schien dem Ende seiner Reserven nahe zu sein, ließ sich aber dennoch nicht so leicht überzeugen.
„Das ist eine heikle Angelegenheit. Ich verstehe ja
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