Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)
unten. Das ist der Wandel – weil es der ist, den sie wollen!“
Er begann, den engen Kreis, den die Menge in der Mitte für die Sprecher freigelassen hatte, abzugehen, und sah seinem Publikum in die unzähligen Augen, während er weiter sprach.
„Brüder und Schwestern, es wird Zeit, dass wir unsere Leben selbst in die Hand nehmen. Wir werden bestimmen, wie dieser Wandel ablaufen soll! Es wird Zeit, die Klone dorthin zu schicken, wo sie hingehören, und selbst wieder in den Straßen zu leben. Es wird Zeit, dass wir das Sterben unserer Leute dort oben beenden. Das ist der Wandel, den wir wollen!“
Die Versammelten johlten ihre Zustimmung und Haron wusste, dass sie ihm in diesem Moment blind folgen würden. Egal, worauf – oder auf wen – er sie nun hetzen würde. Aber er hielt sich an seinen Plan.
„Wir befinden uns mitten in einem Krieg, doch bisher gab es nur Opfer auf unserer Seite. Jetzt ist die Zeit gekommen, zu den Waffen zu greifen und zu kämpfen!“ Er stieß die Faust in die Luft und wurde von einem erneuten Aufschrei bejubelt.
„Freunde, wir werden sie mit ihren eigenen Waffen schlagen, und unser erster Angriff wird ihre Selbstverherrlichung erschüttern, denn er wird ihnen die Furcht in Erinnerung rufen.“
Die Menge tobte, und Haron schloss seine Rede in dem Wissen, gesiegt zu haben.
„Niemand wird gezwungen werden, an der Front zu kämpfen. Aber jeder, der sich an unserer Seite dem Feind stellt, wird freudig begrüßt werden. Morgen werden wir eine Gruppe für den ersten Angriff zusammenstellen, und jeder, der teilhaben möchte, kann seine Empfehlung bei mir abgeben. Doch für heute, Freunde – esst, trinkt und feiert, denn die Zeit des Wandels ist gekommen!“
Unter Getöse ergoss sich die Menge der Reinen in die umliegenden Hallen und zerrte Haron mit sich. Zurück blieb Xenos, der bedrückt auf seinem Platz saß. Einige wenige nachdenkliche oder ängstliche Gesichter hatte er in seiner Gemeinschaft gesehen, doch die überwältigende Mehrheit war Feuer und Flamme gewesen.
Vielleicht hatten die Jungen Recht, und es war notwendig, endlich zu handeln. Als er sich müde auf die Beine und in seine Räume begab, fragte er sich nicht zum letzten Mal, wie er seine Leute vor sich selbst schützen sollte.
„Ich sehe darauf niemanden, den ich kenne“, meinte Tiriot, als er Xenos Liste der potentiellen Opfer durchsah. Haron hatte ihn aufgrund seiner Vergangenheit ausgewählt – er hatte im N4-Center als Reinigungskraft gearbeitet, ehe er seinem Leben neuen Sinn geben wollte und sich den Puristen angeschlossen hatte.
„Und was bedeutet das?“, fragte Maretha. Sie war ein gewisser Risikofaktor – für Harons Geschmack zu loyal, was Xenos betraf, doch umso ehrgeiziger, wenn es um Vernichtung der Elite ging.
„Es bedeutet“, grollte Haron, „dass sie wohl nicht so wichtig sind, wie wir es benötigen. Und würdest du damit bitte aufhören!“
Der letzte Satz war an Ariat gewandt, die mit ihrem Messer Muster in den Boden schnitzte. Zur Antwort verzog sie trotzig das Gesicht, legte aber nichtsdestotrotz die Klinge beiseite.
„Also, was jetzt?“, fragte Hemmon. Er war nicht der Schlaueste, hatte aber selbst für einen Arbeiter Muskeln wie ein Stier und stellte Befehle nicht in Frage – der Grund, warum Haron ihn als fünftes und letztes Mitglied ihrer Gruppe ausgewählt hatte.
Tiriot räusperte sich schüchtern. „Ich hätte da eine Idee …“
Haron hob fragend die Augenbrauen und bedeutete ihm, fortzufahren.
„Wir brauchen doch jemanden, dessen Entführung Tumult verursacht, sehe ich das richtig? Naja, ich habe nachgedacht und … Ein gewöhnlicher Klon würde zwar Kosten verursachen, aber sie sind nicht wie wir. Sie haben keine Familien oder Freunde, die deswegen Alarm schlagen würden. Aber früher im Center, da war ab und zu ein Mädchen …“
Maretha schnaubte abfällig, schwieg aber, als Harons Blick sie traf.
„Und was war speziell an diesem Mädchen?“, fragte er.
Tiriot zuckte mit den Schultern. „Naja, sie war eben dort. Es waren sonst nie Kinder im Center, aber sie hat die Forscher im Center regelrecht herumgescheucht. Als ich damals nachgefragt habe, sagte man mir, sie wäre die Tochter von Esser.“
Mit einem Mal war alle Aufmerksamkeit auf Tiriot fokussiert, dem das sichtlich unangenehm war.
„Essers Tochter?“, hakte Haron nach. „Bist du sicher?“
Wieder zuckte Tiriot unbeholfen mit den Schultern. „Sicher bin ich nicht, aber das haben sie mir
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