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Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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wurden einfach niedergetrampelt oder zerquetscht, viele mehr fielen Rauch und Feuer zum Opfer. Nur wenige schafften es, sich ins Freie zu kämpfen.
    Obwohl die Brandbekämpfer bald an Ort und Stelle eintrafen, gab es wenig, was sie für die in den tosenden Flammen Gefangenen tun konnten. Kunststoff und Metall schmolzen ebenso wie Fleisch und Knochen in der Hitze. Sie verbreiteten ihre giftigen Dämpfe, die auch diejenigen einholten, die weiter ins Innere der Stätte geflohen waren.
    Als die Nachricht am nächsten Morgen die Runde machte und schließlich zu Atlan und Istor gelangte, wich sämtlicher Triumph aus ihnen. Auch wenn die Medien für dieses Verbrechen die Schuld bei jener ominösen Gruppe suchen, deren Namen niemand nennen wollte und die doch jeder kannte, so wussten sie es besser. Der irre lachende Priester, der rußgeschwärzt vor der Stätte aufgegriffen worden war, war keiner aus ihrer Gruppe gewesen. Er hätte auch keinen Grund gehabt, vor dem Gebetshaus eines Bruders zu sein, vor allem nicht während der Zeit der Messe.
    Sie erkannten die Bedeutung dieses Vorfalls. Der Krieg hatte ihre Brüder erreicht, und sie hatten ihn mit ihrer Abspaltung selbst heraufbeschworen.
    Das Blut der nächtlichen Opfer klebte an ihren Händen.
     
    „Sieh dir das an.“ Erran deutete auf den Monitor, der die gesamte Rückwand des Arbeitszimmers einnahm und wieder einmal Bilder eines Brandes zeigte. Diesmal waren es jedoch nicht die Regale eines Einkaufsmarktes, die in Flammen aufgingen. Teilnahmslos und gleichgültig hatten die unzähligen Augen des Überwachungssystems das Grauen aufgezeichnet, die Schreie der Sterbenden ebenso wie ihre von Blasen übersäten Hände, mit denen sie vergebens versuchten, von innen heraus die heißen Scheiben zu zerschlagen.
    Doch für all das hatte Zarail nur einen kurzen Blick übrig, als er das Zimmer betrat. Er hatte wenig Verständnis für die regelrechte Besessenheit seines Bruders, mit der dieser die Berichte über die Übergriffe in den unteren Bereichen der Stadt verfolgte. Für Zarail zählten Fakten, nicht wilde Schuldzuweisungen. Und die Fakten hatte er gerade per Anruf erhalten.
    „Das war Balok“, erklärte er.
    Sofort minimierte Erran mit einem Wink die Lautstärke des Monitors. Der Leiter der Exekutive war direkt dem Kriegsminister unterstellt und eigentlich nicht für simple Nachforschungen zuständig. Es war eine reine Gefälligkeit der Familie Esser gegenüber, dass er sich die Zeit genommen hatte, Zarails Anliegen nachzukommen. Die Antworten, die er bekommen hatte, würden seinem Bruder jedoch nicht gefallen.
    „Er sagt, irgendeine Störung verhindert, dass sie die Daten von Nioves Aufenthalt zum Zeitpunkt ihres Todes auswerten können. Sie können das Signal von diesem Tag eine Weile verfolgen, aber dann wird es plötzlich zu schwach. Es könnte ein toter Winkel sein, oder eine zu dicke Wand, die den Sender des Chips abgeschirmt hat.“
    „Toter Winkel?“ Erran fuhr auf, doch Zarail war noch nicht fertig.
    „Was sie jedoch auswerten konnten, war der Weg, den sie von hier aus genommen hat. Sie ist direkt auf die Straße gegangen, hinein in einen Wohnblock der Arbeiter. Und es war nicht das erste Mal. Scheinbar ist sie jeden Tag auf diese Art herumgestreunt.“
    „Und wenn schon, was hat das mit ihrem Tod zu tun?“
    „Balok vermutet, dass ihr Tod ein Missverständnis war.“
    „Missverständnis?!“
    „Wir wissen beide, dass man ihr ihre Optimierung nicht gerade angesehen hat. Vermutlich hat man sie für eine Arbeiterin gehalten. Laut den Aufzeichnungen der Exekutive sind in dieser Schicht Gewalt- und Sexualdelikte nichts Besonderes.“
    „Du redest von deiner Schwester, du Mistkerl!“ Der Schmerz, der in Erran seit dem Auffinden seiner Schwester tobte wie ein Sturm und die Intensität seiner Emotionen auf eine neue Stufe hatte, riss ihn nun hinein in die rasende Wut.
    „Ich zitiere nur die Fakten, Erran. Laut Balok gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Anschlag gegen unsere Familie oder die Oberschicht im Allgemeinen gegolten hat. Sie hat sich selbst in Gefahr gebracht, genauso wie dieser Verkäufer, der bei dem Überfall ums Leben gekommen ist. Dadurch zählt es nicht zu seinem Aufgabengebiet. Sie werden nicht weiter ermitteln.“
    Erran sackte kraftlos in sich zusammen. Dabei aktivierte er versehentlich wieder die Lautsprecher, doch das machte ihm nichts. Das Tosen der Flammen und die Schreie waren eine passende Untermalung für die Qualen in seinem

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