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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Zeitungskiosk am Richard-Wagner-Platz?«
    »Kenn’ ich«, antwortete Sperling. »Gleich bei der Straßenbahnhaltestelle.«
    »Dann also dort«, korrigierte sich der »Mandarin«. »Und auch wieder mit der Aufschrift >Für Dr. Proband<. Der Kioskbesitzer heißt Wildenbusch, und er ist verläßlich. Aber sei pünktlich, und mach dich gleich wieder aus dem Staub, wenn du den Umschlag hinterlegt hast. Irgend jemand holt ihn dann eine Viertelstunde später ab, damit er nicht lange herumliegt. Es hat also keinen Sinn, neugierig zu sein und zu warten, bis ich persönlich aufkreuze.« Vermutlich nahm der »Mandarin« wieder einen Zug aus seiner Zigarre. Es dauerte nämlich eine Weile, bis er weitersprach. »Und mit den Fassen kriegt ihr dann auch eure Flugscheine und die ersten Piepen. Ihr habt’s gut. Während ich eure Blüten unter die Leute bringen muß, hängt ihr dann bereits in der Luft. Aber so ist’s nun mal abgemacht. Und jetzt druckt schön artig weiter.«
    »Pünktlich um elf Uhr, Chef«, wiederholte Sperling noch einmal.
    »Übrigens wär’s kein Fehler, wenn du dir auch für die Übergabe einen Bart anklebst«, meinte die tiefe Stimme noch. »Versteck dich hinter einer Sonnenbrille, und zieh dir einen Hut in die Stirn. Vorsicht ist immer noch die Mutter der Porzellankiste.«
    Es knackte, und dann war nur noch ein ganz leiser, gleichmäßiger Summton zu hören.
    »Falsche Pässe, Flugscheine, Piepen«, sagte Hugo Stielicke, »das hört sich gut an.«
    »Ist wie Musik in meinen Lauschern«, ergänzte Otto Kroll.
    Sie setzten sich sofort nacheinander vor der kalkweißen Bunkerwand auf einen Stuhl und fotografierten sich gegenseitig. Als der dicke Sperling an die Reihe kam und er sich tatsächlich einen falschen Bart angeklebt hatte, lächelte er endlich wieder einmal sein Dauerlächeln, das in den letzten Tagen regelrecht eingefroren war. Schon ein paar Minuten später ratterten bereits wieder die zwei neuen Druckmaschinen, von denen die eine so hoch war wie ein Geschirrspüler und die andere nicht größer als ein mittlerer Schreibtisch.

    Während Ulli Buchholz also drei Tage lang gegrübelt hatte und in derselben Zeit im Bunker die falschen Hundertmarkscheine wie frische Brötchen von den Walzen fielen, hatten sich die Glorreichen Sieben die Bettdecke über ihre Köpfe gezogen. Sie ließen sich außerhalb der Schule kaum noch blicken und warteten ab. Irgendwie, irgendwann und mit irgend etwas würden die Maxen kommen, darauf konnte man Wetten abschließen.
    Am dritten Tag platzte Sputnik der Kragen. »Wir hocken hier rum wie hypnotisierte Kaninchen, die auf eine Schlange glotzen«, nörgelte er in der großen Pause bei den Mülltonnen und den abgestellten Fahrrädern. »Es stinkt mir, und es ist unter unserer Würde — er sagte tatsächlich >unter unserer Würde< daß wir vor diesen dämlichen Maxen auf Tauchstation gehen. Wer sind wir denn? He, habt ihr vergessen, wer wir sind?« Er hatte wieder einmal eine seiner Abmagerungsbananen verdrückt und feuerte jetzt die Schale wütend in die nächstbeste Mülltonne.
    Dort polterte sie dumpf gegen die Wand, nachdem sie haarscharf am linken Ohr eines spindeldürren, rothaarigen Jungen vorbeigezischt war. Er hatte noch im letzten Augenblick den Kopf einziehen können. Der Honeyboy hockte nämlich zusammengekauert auf dem Boden der Blechkiste, und weil er die Glorreichen Sieben ja bespitzeln wollte, hatte er den Deckel über sich offengelassen. Das war ganz schön riskant, und ein paarmal, als der eine oder andere Junge näher herangekommen war, hatte er weiche Kniekehlen bekommen, und der Schweiß war ihm den Rücken hinabgelaufen.
    »Du hast mir so richtig aus der Seele gesprochen«, antwortete Paul Nachtigall dem dicklichen Jungen mit der Astronautenmütze. »Was machen wir also?«
    Emil Langhans lehnte an einer Eisenstange des Fahrradständers und hielt seinen Kopf mit geschlossenen Augen der Sonne entgegen. »Also, wenn es nach mir ginge, ich hätte Appetit auf Gespenster«, sagte er, ohne sich zu rühren. »Wir haben heute unser Training im Hallenbad erst am Abend, und ich schlage vor, daß wir anschließend losgondeln. Dann ist es gerade dunkel, bis wir da sind. Und dunkel muß es ja wohl sein.«
    »Übrigens haben wir im Augenblick Vollmond«, mischte sich der Boß wieder ein. »Bei Vollmond sollen sich Geister besonders gern auf die Socken machen.«
    Manuel Kohl bekam große Augen. »Zum unheimlichen Haus?«
    »Wohin denn sonst?« fragte Sputnik. »Endlich

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