Das unheimliche Medium
verlassen, sondern nahm die normale Tür.
Er zog sie vorsichtig auf. Trotz seiner unsichtbaren Beschützer hatte er seine Feinde nicht vergessen, und das waren genau die, die früher zu seinen Freunden gezählt hatten. Es sei denn, sie glaubten auch an das große Phänomen.
Er blieb vor der Tür stehen. Sie fiel sacht hinter ihm ins Schloß. Das Messer hielt er in der rechten Hand. Er wippte mit der Klinge und schlug die flache Seite gegen sein Bein.
Leer! Leer und verlassen kam ihm Weldon vor. Eine Stadt, die ausgestorben war, in der trotzdem Menschen lebten.
Zwar war die Beleuchtung wieder intakt, jedenfalls brannten die Straßenlaternen und hinter den Fenstern der nahegelegenen Häusern sah er auch die Helligkeit, aber es traute sich keiner nach draußen.
Warum nicht? Wußten die Menschen etwa von ihm? Wußten sie, daß das ›Tier‹ lauerte?
Bei dem Gedanken leuchteten seine Augen auf. Er selbst fing an zu kichern, verstummte aber sehr schnell, weil er ein Geräusch in seiner Nähe gehört hatte.
Etwas war mit einem polternden Geräusch umgefallen, und einen Augenblick später huschte ein schwarzer Gegenstand vor ihm her.
Eine Katze!
Ein Lebewesen! schoß es ihm durch den Kopf. Gemeinsam mit der Gier, das Lebewesen zu vernichten. Er brauchte nur einmal zuzuschlagen, dann war es erledigt.
Die Katze war schneller als er. Bevor sich der Kaufmann in Bewegung gesetzt hatte, war sie schon verschwunden. Er hörte sie noch fauchen, dann war sie verschwunden.
Er ärgerte sich und schwor sich, daß ihm das nicht noch einmal passieren würde.
Aber Menschen waren keine Katzen. Sie bewegten sich nicht so geschmeidig und schnell.
Besonders Chrissy Norman nicht!
Miller richtete seinen Blick nach vorn und dabei über die Straße hinweg.
Da lag ihr Haus. Sogar Licht brannte hinter einigen Fenstern. Einige Male sah er sogar ihren Umriß, als dieser das helle Rechteck durchschritt. Sie war im Haus – und was er als sehr wichtig ansah, diese Person ahnte von nichts.
Deshalb kam bei ihm Freude auf.
Entschlossen machte er sich auf den Weg. Nach drei Schritten erschien das zweite Tier.
Ein Huhn! Es war eigentlich nicht außergewöhnlich, daß hier Hühner über die Straße liefen, in diesem Fall jedoch hatte es für Miller schon etwas Besonderes an sich.
Eine Beute!
Das Huhn war schnell. Es gackerte, es wollte vor dem Mann fliehen, weil es plötzlich seine böse Ausstrahlung spürte, doch diesmal reagierte er schneller.
Vince Miller rannte los und schnitt dem Tier den Weg ab. Es starb fast vor Angst, schlug mit den Flügeln um sich, die natürlich zu kurz geschnitten waren, und so konnte es nicht wegfliegen.
Mit der linken Hand packte er zu.
Miller erwischte das Huhn mitten im Sprung. Er preßte es auf den Boden, das Gackern kümmerte ihn nicht. Oft genug hatte er in seinem Leben Fleisch zerteilt, und einem Huhn den Kopf abzuschlagen, gehörte zu den Dingen, die man in einem Dorf schon in der Kindheit oder Jugend lernte.
Mit einem Schnitt trennte er den Kopf vom Rumpf.
Das Gackern erstarb. Die Füße zuckten noch, auch die Flügel, und aus der Wunde rann dampfend das warme Blut und verteilte sich auf dem Straßenpflaster, wo es sehr bald einen kleinen See bildete.
Vince Miller war so lange zufrieden, bis ihm der Geruch des Blutes in die Nase stieg. Der sorgte wiederum dafür, daß ein anderer Trieb in ihm aufstieg.
Hunger!
Hunger nach warmen Fleisch und dampfendem Blut. Ein Gefühl, wie er es noch nie erlebt hatte, doch nach diesen Blitzen war einfach alles anders geworden.
Er hob das Huhn an seinem hinteren Ende hoch. Es war noch zu groß.
Mit der anderen Hand holte er aus und teilte das tote Tier noch einmal.
Die Stücke lagen vor ihm. Er änderte seine Haltung und kniete sich so hin, daß er direkt auf sein ›Mahl‹ schauen konnte.
Es roch so gut. Das Blut hatte mehrere Lachen gebildet. Daß sein Kittel verschmiert war, störte Miller nicht. Er schaute auf das rohe Fleisch und bemerkte die Veränderung auf der Oberfläche des Blutes, als etwas Helles darüber hinwegglitt.
Was war das?
Dann klang das Geräusch eines fahrenden Wagens in seinen Ohren nach. Noch in derselben Sekunde überschüttete ihn das blanke Licht eines Scheinwerferpaars.
Der Wagen hielt.
Noch immer kniend drehte sich Miller herum. Er blinzelte in das Licht, hörte ein dumpfes Geräusch, dann Schritte, und eine Gestalt wie ein Gespenst huschte durch den Schein.
Da kam jemand.
Vielleicht sogar ein Fremder.
Er wollte seine
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