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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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heute scheint sie beinahe ein Engel zu sein.«
    Primus fiel allerdings auf, dass sich Miss Plim offenbar in Sekundenschnelle umgezogen haben musste. Schließlich war sie vor einigen Augenblicken noch in einem blauen Kleid durch den Garten gelaufen und jetzt saß sie hier in einem rosaroten Abendkostüm. Misstrauisch spähte er durch die Scheibe. Doch sosehr er sich auch anstrengte, er konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Plötzlich aber drang ein Poltern aus dem Inneren des Hauses und lautes Fluchen war zu hören.
    »SCHLICK UND SCHLABBER!«, schallte es aus der Werkstatt. »Du blödes Ding, willst du wohl endlich aufgehen?!«
    Primus zog verdutzt die Nase hoch. Wo um alles in der Welt kam das Geschrei her? Außer Miss Plim hatte er doch niemanden in der Hütte gesehen. Er kniff die Augen zusammen und starrte durch das Fenster. Hatte er sich etwa getäuscht? Nein, dachte er, da war sonst niemand. Aber irgendwer musste diesen Lärm doch gemacht haben. Miss Plim konnte es nicht gewesen sein, denn schließlich saß diese noch immer lächelnd im Stuhl und las in ihrem Buch. Seltsam erschien ihm auch das Scheppern. Denn sollte im Haus etwas heruntergefallen sein, dann hätte er es mit Sicherheit vom Fensterbrett aus sehen müssen.
    Doch da knallte es schon wieder und auch das Fluchen ging weiter.
    »ZUM TEUFEL, JETZT REICHT’S MIR ABER«, kam es von drinnen.
    Schnell flog er zurück zur Eingangstür. Dort blickte er noch einmal durch das kleine Fenster in den Vorraum. Umsonst. Er konnte keine Menschenseele erkennen.
    Wieder rumpelte es.
    Jetzt war sich Primus vollkommen sicher: Nebenan musste jemand in der Werkstatt toben. Wie der Blitz hastete er vor zum großen Fenster und presste sich gegen die Scheibe – aber vergeblich. Dann kam ihm langsam ein Verdacht. Gab es hier am Haus vielleicht noch ein anderes Fenster? Möglich wäre es ja …
    Sofort begab er sich auf die Suche.
    Und mit Erfolg! An der Rückseite des Ladens entdeckte er ein verborgenes Fenster, das man vom Weg aus nicht hatte einsehen können. Primus heftete sich an die Scheibe und blickte schmunzelnd hindurch. Genau das hatte er erwartet. Durch dieses Fenster sah das Innere der Hütte komplett anders aus – und von einer ordentlichen Werkstatt konnte wahrlich nicht mehr die Rede sein.
    Aber das war noch lange nicht alles: In diesem Haus befand sich keineswegs eine nette Manufaktur für Kinderspielzeug, sondern eine brodelnde, dampfende Hexenküche! Auf einem Sockel in der Mitte des Raums stand ein riesiger Kessel, in dem eine grünliche Brühe blubberte. Darüber klaffte ein Rauchabzug, von dessen Seiten büschelweise getrocknete Wurzeln hingen. Einmachgläser stapelten sich in den Regalen voller Pulver, Salben oder schillernder Pasten. Der blitzblanke Boden aber, den Primus zuvor durch das große Fenster gesehen hatte, war wohl der größte Scherz, den sich hier jemand erlaubte. In Wirklichkeit konnte man in dieser Hütte keinen Schritt mehr tun, ohne über irgendwelche alten Kochtöpfe, Pfannen oder rostige Schüsseln zu stolpern. Neben dem Fenster, an dem Primus hing, stand ein Holzregal mit Einmachgläsern, deren Aufschriften er lesen konnte. Da gab es ein Glas mit Mottenstaub, eines mit Schneckenschleim und eines mit Quallenschenkeln. Zerstoßene Fliegenpilze, rostige Nägel, zerbröselte Fischschuppen, getrocknete Tollkirschen und vieles, vieles mehr. Aus einem der Gläser blickte ihn der Inhalt sogar an. Zwei dicke Kröten saßen darin und unterhielten sich allem Anschein nach gerade über ihn.
    Der ganze Raum erhob sich bis unters Dach und hatte nur über dem Vorraum einen winzigen Dachboden. Zu diesem gelangte man über eine Holztreppe, die um den Kamin herumführte und an deren Ende Primus ein hellblau geblümtes Himmelbett stehen sah. Ein paar Wäscheleinen spannten sich durch das Dach, an denen, neben einer Menge bunter Wollsocken, vor allem haufenweise Giftpflanzen zum Trocknen aufgehängt waren. Schließlich erkannte Primus auch das große Fenster, durch das er noch vor wenigen Minuten eine streberhaft vorbildliche Werkstatt gesehen hatte. Plim benutzte offenbar einen Fensterzauber – und einen ziemlich raffinierten obendrein.
    Vor vielen Jahren hatte Primus einmal im Zauberzirkel über diese Art von Magie gelesen, aber er hätte sich niemals träumen lassen, dass man damit jemanden so gut hinters Licht führen konnte. Die Betrachter sahen von außen völlig andere Dinge als die, die sich tatsächlich im Inneren des Hauses

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