Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee
Eingangstür. Neugierig schielte er hinein. Es war nicht schwer, die vier verschwommenen Silhouetten zu unterscheiden. Die große dünne Gestalt war eindeutig Miss Plim, die gerade eine Schachtel vom Regal nahm und sie den Kindern zeigte. Die beiden Jungen unterschieden sich auch in ihrer Größe und das kleine Mädchen war ebenfalls sofort zu erkennen. Die Kinder blieben bestimmt eine halbe Stunde in dem Laden, wobei sie sich allem Anschein nach prächtig amüsierten. Heiteres Lachen kam hinter der Tür hervor und immer wieder wurde gejubelt und geklatscht. Dann öffnete sich erneut die Tür. Primus huschte sofort wieder nach oben zum Dachbalken.
»Danke schön«, riefen die Kinder.
»Und passt schön auf, wenn ihr nach Hohenweis geht«, sagte Plim.
»Ach, da wollen wir jetzt gar nicht mehr hin«, winkte der kleine Junge ab. »Wir gehen lieber gleich nach Hause. Aber uns wird schon nichts passieren. Wir passen auf, versprochen.«
»Genau!«, rief das Mädchen. »Und außerdem bin ich jetzt bis zu den Zähnen bewaffnet.« Stolz hielt sie ihren neuen Flitzebogen in die Höhe.
Plim nickte. »Richtig«, sagte sie. »Und ich bin mir sicher, dass du mit diesem sehr gut treffen wirst. Bestimmt viel besser als alle anderen, warte es nur ab.« Zwinkernd nickte sie dem Mädchen zu.
Dann wandte sie sich an den größeren Jungen, der die Kleine die ganze Zeit über gehänselt hatte: »Für dich habe ich noch etwas ganz Besonderes. Warte noch einen Augenblick, ich bin gleich wieder da.« Sie verschwand im Haus und kam schnell wieder mit einer kleinen Trillerpfeife zurück.
»Hier«, sagte sie. »Damit kannst du im Wald ganz toll Pilze suchen. Du pustest einfach hinein und die Pilze kommen von selbst zu dir geflogen. Du wirst schon sehen, das ist ganz einfach.«
»Vielen Dank auch, Miss Plim.« Freudig steckte er die Pfeife ein.
Dann marschierten die Kinder durch den Garten davon. Miss Plim winkte ihnen hinterher und sah ihnen nach, wie sie durch die hohen Tannen zum Kräutersteig gingen. Wartend verschränkte sie die Arme. An der Ecke mit dem Schild blieben die Kinder schließlich stehen. Jetzt holte der Junge seine Pfeife hervor und schaute sie an. Plim spitzte ihre Lippen. Mit einem hämischen Grinsen hob sie ihr Kinn. Der Junge inspizierte die kleine Pfeife von allen Seiten, setzte sie an die Lippen und blies kräftig hinein. Ein lauter Pfiff schallte durch die Bäume. Wie aus einer Kanone geschossen kamen aus dem Wald dicke Staubpilze geflogen, die dem Flegel genau ins Gesicht platschten. Die anderen beiden Kinder kreischten vor Lachen und rannten über den Kräutersteig nach Hause.
Plim drehte sich um. Sie schnippte mit den Fingern und stolzierte fröhlich ins Haus zurück.
»Nicht übel, Frau Hexe«, nickte Primus respektvoll. »Jetzt wollen wir aber mal sehen, wie ich dir ein wenig einheizen kann.«
Flink ging es zur Rückseite des Hauses, wo er zum Fenster hineinschaute und alles aufs Genaueste betrachtete. Irgendetwas würde er schon finden, womit er ihr einen gehörigen Schrecken einjagen könnte. Neben dem Fenster saßen die beiden Ladenhüter Taddel und Mills in ihrem Einmachglas und gähnten gelangweilt.
Plim schob den Vorhang beiseite, kam hereinspaziert und blickte in den Spiegel. Ein wenig betrübt drehte sie sich um. Dann ging sie durch das Zimmer zum Kessel. Dort nahm sie einen Löffel, fischte die Dose heraus und fing an in der blubbernden Suppe zu rühren.
»Es würde mich ja brennend interessieren, was die da gerade kocht«, brummte Primus, wobei er sich mit dem Flügel am Kopf kratzte.
Doch mit einem Mal und wie aus dem Nichts heraus ertönte hinter seinem Rücken eine laute Stimme, so dass er in Panik zusammenzuckte:
»Hallo, mein Freund!«, schallte es entzückt in einem hohen Ton.
Primus fuhr herum. Hinter ihm stand die Vogelscheuche aus dem Gemüsegarten. Mit strahlenden Augen blickte sie ihn an.
»Ich habe Euch jetzt schon die ganze Zeit hier herumfliegen sehen und wollte mich kurz einmal vorstellen.« Sie holte tief Luft. »Also! Ich bin Chuck und ich wohne im Salatbeet. Das ist da drüben, also da hinten, wenn man neben dem Brunnen nach links …«
»Ja, wunderbar«, flüsterte Primus und wedelte hektisch mit dem Flügel. »Ich werde dich bestimmt bald einmal besuchen, aber jetzt bin ich gerade …«, doch weiter kam er nicht.
»Hahaha, da freue ich mich aber riesig, wenn Ihr mich besuchen kommt«, unterbrach ihn die Vogelscheuche. »Könnt Ihr mir ungefähr sagen, wann das sein
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