Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
Vom Netzwerk:
abspielten. In diesem Fall saß Miss Plim auch nicht lächelnd in ihrem Sessel, sondern stand gebückt mit einer zerdrückten Blechdose zwischen den Knien vor der Feuerstelle. Wütend versuchte sie diese mit einem alten Büchsenöffner aufzubekommen.
    Miss Plim war erstaunlich hübsch und wesentlich jünger, als Primus anfangs angenommen hatte. Sie war hochgewachsen und ausgesprochen schlank. Geschminkt war sie genauso, wie es sich für eine junge Hexe gehörte, so dass sich Primus fragte, warum ihre Tarnung nicht schon längst aufgeflogen war. Sie trug einen dunkelroten, fast schwarzen Lippenstift und einen scharfen Lidstrich. In ihrem glatten silbrigen Haar hatte sie zwei weiße Strähnen, die an den Augen vorbei über die Schultern fielen.
    Wie sie gerade mit dem Büchsenöffner vor dem Kessel umhersprang, sah allerdings nicht gerade vornehm aus, und die Dinge, die sie lautstark von sich gab, waren keinesfalls damenhaft. Plim schien das aber vollkommen egal zu sein. Momentan hatte sie ganz andere Sachen im Kopf. Sie bückte sich, verdrehte die Augen und biss angestrengt die Zähne zusammen. Ein Knirschen kam aus ihrem Mund und ihr Kopf schwoll hochrot an. Da brach der Griff des Büchsenöffners ab. Scheppernd sauste die Dose durchs Zimmer, zerschlug ein Einmachglas voller Regenwürmer und landete anschließend genau im kochenden Kessel. Plim fing an zu kreischen.
    »ICH SCHMEISS DICH AUS DEM FENSTER, FREUNDCHEN!«
    Mit ganzer Wucht ließ sie den Büchsenöffner gegen den Rauchabzug donnern.
    Die beiden Kröten im Einmachglas schüttelten sich vor Lachen. Sie applaudierten und hielten ihre wackelnden Bäuche.
    »Taddel und Mills!«, schrie sie. »Ihr zwei alten Ladenhüter seid mal ganz still. Mir fällt schon noch ein Rezept ein, für das ich euch gebrauchen kann.«
    Aber das führte lediglich dazu, dass die Kröten in noch lauteres Gelächter ausbrachen.
    Plötzlich klingelte es an der Tür. Plim verstummte sofort. Sie drehte sich um, wobei sie sich kerzengerade aufrichtete. Dann huschte sie zu einem Spiegel neben dem Durchgang, strich sich die Haare glatt, prüfte ihr Make-up und verschwand sogleich hinter dem Vorhang. Primus flatterte die Hauswand hoch und über das Strohdach zur Vorderseite. Dort klammerte er sich mit den Krallen am Dachbalken fest, so dass er mit dem Kopf nach unten über der Eingangstür pendelte.
    Unter ihm standen die drei kleinen Kinder. Sie wippten allesamt von einem Bein aufs andere, als Miss Plim lächelnd die Tür aufmachte.
    »Ja hallo, meine lieben Kinderchen«, rief sie mit einem zuckersüßen Ton. »Das freut mich aber, dass ich heute so netten Besuch bekomme. Was führt euch denn hierher zu mir?«
    »Äh«, setzte der kleinere der beiden Jungen an. »Unsere Eltern haben uns erlaubt … dass wir … äh …« Dann brach er ab.
    »Was haben sie euch denn erlaubt, hm?«, fragte Plim und beugte sich zu den Kleinen hinunter.
    »Dass wir … weil wir doch so gute Noten bekommen haben … in Hohenweis etwas zum Spielen kaufen dürfen«, sagte der Junge verlegen.
    »Und da kommt ihr vorher zu mir?« Plim war sichtlich begeistert. »Das ist ja toll. Und du, meine Kleine? Gehst du auch schon zur Schule?«
    »Nein, aber ich helfe immer zu Hause im Garten«, sagte das Mädchen freudestrahlend. »Deswegen darf ich mir auch etwas aussuchen. Habt Ihr vielleicht einen Bogen für mich, Miss Plim?«
    »Du triffst doch sowieso nicht«, kam es wieder von dem Größeren.
    »Tu ich wohl«, rief die Kleine.
    »Jetzt kommt doch erst einmal herein und schaut euch um«, besänftigte Miss Plim. »Wir finden bestimmt für jeden etwas Passendes.«
    Sie machte die Haustür auf und trat zur Seite. Nacheinander spazierte die Truppe herein.
    Unterdessen war es Primus auch endlich einmal möglich, in den Vorraum zu sehen. Dieser sah haargenau so aus, wie er ihn sich vorgestellt hatte. Er war tatsächlich relativ kurz und hatte an jeder Seite ein Holzregal voll mit bunten Spielsachen. Es gab magisch schillernde Bauklötze, kleine Kristallkugeln mit blitzenden Bildern und viele Waldtiere aus Stoff oder Stroh. Auch Schachteln mit herausspringenden Teufeln oder lustigen Ungeheuern standen auf den Brettern – ja, sogar ein paar laufende Grasbüschel aus Plüsch zum Kuscheln gab es hier. An der gegenüberliegenden Wand hing der rote Samtvorhang, der das Spielzeugparadies von der dampfenden Hexenküche trennte. Dann ging mit einem Schlag die Tür zu.
    Primus glitt herab und klammerte sich an das Fenster der

Weitere Kostenlose Bücher