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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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gekommen. »Hatten Sie schon einmal eine Katze?«
    »Nein, nie. Überhaupt keine Haustiere.«
    »Aber der Napf …«
    »Hab ich alles extra angeschafft. Auch eine Katzenklappe. Wollt ich heute einbauen.«
    »Ach ja? Alles wegen Sami?«
    »Na ja, ich hab ja nicht gewusst, wo er herkommt, er ist mir sozusagen zugelaufen, ich habe früher auf Katzen nicht so geachtet, verstehen Sie?«
    Ich bin ein Genie, dachte Schott, wirklich und wahrhaftig! Er kannte Sami seit Jahren, jeder in der Nachbarschaft kannte diesen Kater, aber das wiederum konnte Manfredo nicht wissen.
    »Woher haben Sie dann gewusst, dass er Sami heißt?«
    Ich bin ein Idiot, dachte Schott, ein staatlich geprüfter und vereidigter Vollidiot.
    »Die Nachbarn haben das gesagt«, log Schott, »die Kaserers. Ich hab sie gefragt, wem die Katze gehören könnte … aber nicht gleich, nicht am selben Abend, meine ich, als sie vor der Tür stand. Ich weiß nicht … ich hatte einfach die Idee, die kommt von weiter her.«
    »So ist das ja auch in der Regel«, sagte Manfredo.
    »Wenn ich gewusst hätte, dass der Sami der Frau Leupold gehört …«
    »… hätten Sie nach ihr gesehen?«
    »Sofort! Katzen sind genauso treu wie Hunde. Jedenfalls steht das so im Katzenbuch …«
    »Sie haben sich gleich ein Katzenbuch gekauft?«
    »Wenn schon, denn schon.«
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich so um Sami gekümmert haben.«
    Ach ja? Erst, als ich die Oma um die Ecke gebracht hatte, fielmir ein: Wer versorgt denn jetzt die Katze? Schott verdrängte den Gedanken. Das brachte nichts. Also schwieg er. Die nächste Äußerung kam ja auch diesem Manfredo zu.
    »Wenn Sie an dem Kater hängen, Herr Schott, dann behalten Sie ihn doch, ich glaube, das wäre auch im Sinne meiner Oma …«
    Aha. Im Sinne der Oma. So redet man von den teuren Verblichenen. Durch die Wortwahl gibt er es praktisch zu … Schott konnte es sich nicht verkneifen, er konnte es sich einfach nicht verkneifen, nämlich mit dem Unterton größter Harmlosigkeit zu sagen: »Fragen Sie sie doch.«
    »Wen?«
    »Ihre Frau Großmutter, meine ich. Sie können Sie anrufen. Sie haben doch gesagt, Sie haben mit ihr telefoniert … oder war das, warten Sie … war das, bevor sie nach Spanien … abgereist ist?«
    Manfredo blickte Schott durchdringend an. Das machte dem gar nichts, er war diese Blicke gewohnt. Er kannte sie von seiner Journalistenzeit, von Interviews nach der ersten heiklen Frage. »Durchdringend« war auch nicht das rechte Wort; von solchen Blicken drang gar nichts zu Schott durch, nicht einmal einen Millimeter. Für ihn war das nur ein Signal, dass die Leute wütend wurden. Viel sagten darauf Sachen, die zu sagen sie nicht vorgehabt hatten und die gesagt zu haben sie gleich darauf bedauerten. Eben darauf kam es an. Schott blickte dann immer interessiert zurück, wobei man ehrlicherweise zugeben muss, dass »interessiert« vielleicht nicht das richtige Attribut für Schotts Zurückschauen war. Die meisten seiner Interviewpartner fanden seinen Blick nach diesen gewissen Fragen eher frech und unverschämt.
    »Ich werde sie fragen«, sagte Manfredo. »Ich bin sicher, sie hat nichts dagegen.«
    »Hauptsache ist doch, Sami fühlt sich wohl«, sagte Schott.Sein Tonfall war jetzt verbindlich, sein Blick verstrahlte Freundlichkeit und Wohlwollen gegenüber aller Kreatur. Er konnte auch so. Ich hab’s noch drauf, dachte er, ich hab’s immer noch drauf. Hochgefühl erfasste ihn.
    »Sie werden ja keine Zeit haben, sich selber zu kümmern. Sie sind doch in Wien …«, sagte er.
    »Ja, ich muss bald wieder weg …«
    »Wer passt denn aufs Haus auf? Ich will mich nicht einmischen, aber Sie können so einen Kasten nicht wochenlang leer stehen lassen. Die Ostbanden sind auch hier aktiv …«
    »Ich weiß, ich hab schon jemanden im Auge, der aufpasst, aber das muss ich noch abklären.«
    Manfredo bückte sich, streichelte Sami, der sich dabei nicht von seinen Trockenfutterbällchen ablenken ließ. Er entspannt sich, dachte Schott. Man spürt es. Er mag die Katze, kein Zweifel. Wieso musste ich ihn provozieren? Die Oma ins Gespräch zu bringen war absolut unnötig und kontraproduktiv … Ich bin ein Idiot. Wenn er misstrauisch wird, geschieht es mir recht. Ich bin, verdammt noch mal, der Typ, der das Geld hat. Hinter dem alle her sind.
    »Eine Frage noch«, sagte er. »Wegen der Impfungen, da weiß ich jetzt nicht, was alles …«
    »Ich bring den Impfkalender vorbei«, unterbrach

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