Das unsichtbare Grauen
Handwerk verstanden.
Nur allzuschnell mußten sie feststellen, daß es hier nichts zu holen gab. Da Lord Bensings verschlüsselte Aufzeichnungen offen auf dem Tisch lagen, bedeutete dies, daß der Geheimcode sicher war.
»Darin bringt ihn zum Reden«, lautete der Befehl aus der GLEB-Zentrale in London. »Aber nur mit Methode 10!«
Besning genoß unterdessen Fasanenbrüstchen auf Schnepfenlebertoast und dazu einen außerordentlich trockenen 62er Chablis, bevor er sich - nach Mokka und Zigarre - zurück ins Hotel begab. Mit dem Gefühl, seinem Magen nur Gutes zugefügt zu haben, öffnete er die Zimmertür und trat ein. Es war das letzte, was ihm bewußt wurde.
Dann umhüllten ihn unsichtbare Nebel und ließen ihn ins Reich der Träume sinken.
Behutsam fingen die V-Leute von GLEB ihn auf und legten ihn aufs Bett. Keine Spur an ihrem Opfer durfte später auf die Anwendung von Methode 10 hinweisen.
Lord Alfred Bensing stöhnte leise, aber nicht infolge eines schmerzhaften Einflusses, sondern weil er zuviel gegessen hatte.
»Sie sind Lord Alfred Bensing, Dritter in der Führungsspitze vom B.I.A.?« fragte der ältere der beiden GLEB-Agenten.
»Ja«, antwortete Bensing. Der Betäubungsnebel enthielt eine neuartige Hypno-Droge, ähnlich dem inzwischen veralteten »Wahrheitsserums das man dem Opfer in die Vene spritzen mußte, damit es widerstandslos alle Fragen eines Verhörs beantwortete.
»Sie sind nach Berlin geflogen, um Nachforschungen anzustellen.«
»Ja.« Lord Alfred bewegte sich unruhig. Irgend etwas in ihm sträubte sich gegen dieses Verhör, aber die Droge war stärker.
»Sie haben nach General Kuckuk geforscht«, sagte der GLEB-Agent. Doch das war nur ein psychologischer Trick.
Es gab keinen General Kuckuk.
»Nein«, hauchte Lord Bensing wahrheitsgemäß.
»Wonach haben Sie geforscht? Was haben Sie chiffriert im B.I. A.-Code niedergeschrieben?«
»Professor Momm. Er war am Kaiser-Wilhelm-Institut. Nuklearchemiker. Aber das ist lange her. Er ist längst tot. Allerdings hatte er mehrere Assistenten, die noch leben.«
»Die Namen der Assistenten«, forderte der Agent. »Geben Sie die Namen!« Er vergewisserte sich, daß jedes Wort Bensings vom Mini-Rekorder genauestens aufgezeichnet wurde.
Der Lord sagte die Namen langsam und deutlich und fuhr dann ebenso langsam und deutlich fort: »Es gibt da gewisse Zusammenhänge mit Lord Angus Gray und Ludmilla Anderson, aber wir wissen noch nicht genau, welche.«
»Wissen Sie sonst noch etwas, Mylord?« fragte der GLEB-Agent.
»Nein, sonst weiß ich nichts«, lautete die Antwort, sichtlich matt und undeutlich.
»Die Wirkung der Droge läßt nach«, sagte der andere der beiden GLEB-V-Männer.
»Sie werden jetzt kurz und tief schlafen, dann erwachen und sich daran erinnern, daß Sie vom Lunch ins Hotel gekommen sind und sich sogleich aufs Bett gelegt haben, um einen kleinen Verdauungsschlaf zu machen. Haben Sie verstanden?«
»Ja.«
Die beiden Agenten sahen einander zufrieden an. Dann packten sie ihre Ausrüstung ein und verließen ungesehen das Zimmer. Sie liefen rasch zur Feuertreppe. Der eine sprang eine Etage hinauf, der andere ging ein Stockwerk tiefer. Getrennt voneinander stiegen sie kurz darauf aus zwei verschiedenen Lifts in der Hotelhalle. Während der eine den nächsten Bus erreichte, fuhr der andere mit der U-Bahn. Auf Umwegen und zu verschiedener Zeit gelangten sie schließlich in ihr Quartier am Rand des Grunewalds. Es war eine alte Villa.
Von dort ging der Inhalt der Tonbandaufzeichnung über Elektronenfunk direkt ans GLEB-Hauptquartier nach London, wo das komplette Verhör von Lord Alfred Bensing Minuten später Jumbo, dem Vertreter des Chefs, vorgespielt wurde.
Jumbo überlegte kurz und setzte sich dann mit Botkin in Verbindung. Der entschied: »Das muß alles in Zusammenhang gebracht und überprüft werden. Ich glaube, die B.I.A.-Leute sind da einer verdammt großen Sache auf der Spur. Wollen doch mal sehen, ob wir ihnen nicht zuvorkommen können. Aber bitte nicht allzu schnell! Wir wollen das B.I.A. ruhig den größeren Teil der Arbeit für uns machenlassen, bevor wir die Früchte ernten!«
Sandra King war direkt ins Hotel Baur au Lac zurückgekehrt und hatte sich auf ihr Zimmer begeben. Von dort hatte sie per Minisender Kontakte mit der B.I.A. Zentrale in London aufgenommen. Lord Alfred war am anderen Ende.
»Was gibt's denn, Onkelchen?« fragte
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