Das unsichtbare Grauen
Rücksitzes sehen. Und der war nicht so, wie er sein sollte. Die Rücklehnenpolster waren eingedrückt wie unter dem Gewicht eines Menschen. Es war, als säße ein Unsichtbarer hinter ihm.
Bobby King war nicht besonders ängstlich veranlagt. Aber das war nun doch eine reichlich unheimliche Angelegenheit. Was machte man mit einer Person, die man nicht sehen konnte? Sollte er eine höfliche Ansprache halten und den- oder diejenige freundlich an Bord des »Bentley« begrüßen? Oder sollte er mit Schwung nach hinten ausholen und dem unsichtbaren Fahrgast ein Ding verpassen, das ihn außer Betrieb setzte?
In jedem Fall spielte Bobby King erst mal unauffällig mit dem Zündschlüssel, schaltete die Zündung kurz aus und dann wieder ein, so daß der Motor zu stottern begann und schließlich aussetzte. »Verflixt«, murmelte Bobby. »Da stimmt doch schon wieder was mit der Zündung nicht«
Er wollte auf diese Weise den Wagen unauffällig verlassen. Das gelang ihm auch. Er stieg aus und ging nach vorn.
Dann öffnete er die Kühlerhaube. Durch einen Spalt behielt er das Wageninnere im Auge. Aber dort rührte sich nichts.
»Was nun?« murmelte er vor sich hin und überlegte scharf. Er zögerte, kehrte dann zum Wagen zurück, öffnete die rechte hintere Tür und sagte halblaut, wie zu sich selbst: »Irgendwo hier muß noch das Werkzeug sein. Vielleicht unter dem Sitz?«
Dann packte er zu und griff ins Unsichtbare, Ungewisse. Er hielt plötzlich einen weichen, warmen Körper in den Armen, der keinen Wiederstand leistete und angenehm duftete.
»Hoppla«, sagte er unwillkürlich. »Was haben wir denn da?« Aber er erhielt keine Antwort. Der warme, weiche, angenehme duftende und im übrigen nach wie vor unsichtbare Körper rührte sich nicht...
Doch dann hörte Bobby King leises Stöhnen, und etwas in seinen Armen bewegte sich behutsam. All das wirkte gespenstisch und unwirklich, als geschehe es nicht, sondern als träume er es nur. Aber es war die Wirklichkeit, so unwahrscheinlich es auch sein mochte.
»Wo bin ich - was ist...« Eine Frauenstimme, unsicher und matt. Und dann hielt Bobby King plötzlich und ganz unvorbereitet eine noch halb ohnmächtige Maggie Elling in den Armen, warm, weich und angenehm duftend, die sich nun die Augen rieb und mit empörtem Unterton fragte: »Was machen Sie denn mit mir, Mr. King?«
Bobby King ließ sie los. Maggie Elling sank in die Polster. Langsam kam sie wieder zu sich und sah sich erstaunt um. Bobby beobachtete sie genau. Maggie Elling schien wirklich nicht zu wissen, wie sie in den Bentley gekommen war. Sehr seltsam.
»Was ist denn geschehen?« fragte Maggie. »Wir waren doch am Tisch, im Restaurant, und dann sind Sie aufgestanden und hinausgegangen, und dann kann ich mich an nichts weiter erinnern.«
»Sie wurden bewußtlos?« forschte Bobby King.
»Ja, ich glaube. Aber ich weiß es nicht. Es ist wie ein Traum. Irgendjemand hat mich getragen, glaube ich wenigstens. Aber genau weiß ich das alles nicht.«
»Kommen Sie, wir setzen uns wieder nach vorn.« Bobby King half ihr auf den Sitz links neben sich. Dann drückte er einen Knopf, so daß sich die eingebaute Bar öffnete. »Ein Kognak wird Ihnen jetzt bestimmt guttun und Sie wieder auf die hübschen Beinchen bringen.« Er schenkte ihr ein und behielt sie dabei unauffällig im Auge. Sie war noch ein wenig benommen, also in einem Zustand, in dem man sich kaum verstellen konnte. Aus all ihren Regungen und Reaktionen aber ging fast eindeutig hervor, daß Maggie Elling keine Ahnung davon hatte, unsichtbar gewesen zu sein. Irgendwer mußte ihr ein Mittel eingegeben haben - im Mittagessen oder in einem Getränk - das sie sowohl bewußtlos als auch unsichtbar machte. Eine andere Erklärung gab es nicht.
»Na, dann wollen wir mal weiterfahren«, sagte er leichthin. »Hier in meinem Wagen haben Sie ja nichts zu befürchten, falls nicht gar ein unsichtbarer Bösewicht neben uns sitzt.«
Er behielt sie bei diesen Worten scharf im Auge. Aber Maggie Elling zeigte keinerlei Reaktion. Sie nippte an ihrem Kognak und sah beklommen vor sich hin. Bobby King schwieg. Wenn er nur gewußt hätte, wer diese Magie Elling wirklich war und was sie wollte. Wenn sie keine EVENING-Reporterin war - was hatte sie dann für einen Grund, sich an ihn zu hängen? Er wußte es nicht. Er beschloß, abzuwarten. Er würde Maggie Elling weiterhin als die bezaubernde junge Dame behandeln, die sie allem Anschein nach
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