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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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sagte sie schließlich. »Und dann unterwürfigste Dankbarkeit. Und ich habe sofort aufgehört, diese beiden Gefühle zu empfinden, als er aufhörte, mich zu bezahlen.«
    »Und was empfinden Sie jetzt?«
    »Jetzt?« Leila Begin blickte aufs Meer hinaus, als wollte sie die Temperatur der Brise mit ihrem inneren Wärmezustand vergleichen. »Jetzt empfinde ich gar nichts mehr, Mr. Kovacs.«
    »Sie waren einverstanden, mit mir zu reden. Dafür müssen Sie einen Grund gehabt haben.«
    Begin winkte ab. »Der Lieutenant hat mich darum gebeten.«
    »Ein Zeichen von Gemeinschaftssinn?«
    Die Frau sah mich wieder an. »Sie wissen, was nach meiner Fehlgeburt geschehen ist?«
    »Ich hörte, Sie haben eine Entschädigungszahlung erhalten.«
    »Ja. Klingt ziemlich unangenehm, nicht wahr? Aber genau das ist geschehen. Ich nahm Bancrofts Geld und hielt den Mund. Es war eine Menge Geld. Aber ich habe nicht vergessen, woher es kam. Ich kehre immer noch ein- oder zweimal im Jahr nach Oakland zurück, ich kenne die Mädchen, die heute in der Fleischbank arbeiten. Lieutenant Ortega hat dort einen guten Namen. Viele Mädchen sind ihr etwas schuldig. Man könnte sagen, dass ich meine Schulden abbezahle.«
    »Und Rachegefühle gegenüber Miriam Bancroft spielen keine Rolle?«
    »Rachegefühle?« Erneut stieß sie ihr raues Lachen aus. »Ich gebe Ihnen diese Informationen, weil der Lieutenant mich darum gebeten hat. Sie werden es nicht schaffen, irgendetwas gegen Miriam Bancroft zu unternehmen. Sie ist eine Meth. Sie ist unberührbar.«
    »Niemand ist unberührbar. Auch Meths nicht.«
    Begin bedachte mich mit einem traurigen Blick.
    »Man merkt, dass Sie nicht von hier sind«, sagte sie.
     
    Begins Anruf war über einen karibischen Linkmakler geleitet und die virtuelle Zeit bei einem Forenprovider aus Chinatown gemietet worden. Billig, hatte Ortega gesagt, während wir hineingegangen waren, und wahrscheinlich genauso sicher wie alles andere. Bancroft will seine Privatsphäre schützen und gibt eine halbe Million für Diskretionssysteme aus. Ich gehe lieber irgendwohin, wo niemand zuhört. Außerdem war es eng und voll. Zwischen eine pagodenförmige Bank und ein Restaurant mit beschlagenen Fenstern eingequetscht, wo Platz Mangelware war. Zum Empfangsbereich kam man über eine schmale Stahltreppe, und von dort ging es über einen Steg weiter, der auf halber Höhe an einem Flügel der Pagode klebte. Ein großzügiger Warteraum mit sieben oder acht Quadratmetern aus Verbundsand unter einer billigen Glaskuppel beherbergte die künftigen Gäste, die im natürlichen Licht auf zwei Sitzpaaren Platz nehmen konnten, die den Eindruck erweckten, als hätte man sie aus einem verschrotteten Jetliner herausgerissen. Neben den Sitzen kauerte eine uralte Asiatin hinter einer Batterie aus Sekretariatstechnik, die jedoch größtenteils ausgeschaltet zu sein schien, und bewachte eine Treppe, die weiter ins Innere des Gebäudes führte. Darunter verliefen Korridore in Haarnadelkurven, durch die sich Kabel und Röhren zogen. An jedem Korridorabschnitt lagen die Türen der Kabinen. Die Trodensessel waren rechtwinklig an den Wänden angebracht, um die Grundfläche möglichst effektiv zu nutzen, und auf allen Seiten von blinkenden, verstaubten Instrumentenkonsolen umgeben. Man schnallte sich fest, schloss sich an die Troden an und tippte die Codenummer, die man am Empfang erhalten hatte, in die Sessellehne ein. Dann kam die Maschine und übernahm das Bewusstsein.
    Es war ein Schock, vom weiten Horizont des virtuellen Strandes zurückzukehren. Als ich die Augen öffnete und die Instrumente direkt über meinem Kopf sah, fühlte ich mich in einem momentanen Flashback zu Harlans Welt zurückversetzt. Wie ich mit dreizehn Jahren nach meinem ersten Pornoprogramm in einer virtuellen Arkade aufgewacht war. Ein Forum mit geringer Ratio, das mir für zwei Minuten Echtzeit subjektive anderthalb Stunden in Gesellschaft zweier Spielgefährtinnen bot, deren Körper mit den pneumatischen Brüsten mehr Ähnlichkeit zu Cartoonfiguren als zu wirklichen Frauen hatten. Die Szenerie war ein duftender Raum mit rosafarbenen Kissen und falschen Fellteppichen gewesen, dessen Fenster eine nächtliche Skyline in schlechter Auflösung zeigten. Als ich mich den Gangs angeschlossen und mehr Geld zur Verfügung hatte, konnte ich mir eine bessere Ratio und Auflösung leisten, und auch die Szenarien wurden phantasievoller. Aber was sich nie änderte, war der Geruch nach abgestandener Luft und das

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