Das Unsterblichkeitsprogramm
zerblasterte eine Tür und verschwand in der glühenden Öffnung.
Von drinnen ertönten Schreie.
Langsam sammelte ich mich vom Boden auf und beobachtete, wie der Transporter in etwa einem Meter Höhe zur Ruhe kam. Ein Feuerlöscher erwachte zum Leben und schäumte das schwelende Turbinengehäuse ein. Direkt hinter dem Pilotenfenster schob sich winselnd eine Luke auf, und in der Öffnung stand Kristin Ortega.
10
Der Transporter war eine ausgeschlachtete Version des Fahrzeugs, das mich zum Suntouch House gebracht hatte, und im Innenraum war es sehr laut. Ortega musste brüllen, um sich im Motorenlärm verständlich zu machen.
»Wir könnten eine Schnüfflereinheit auf ihn ansetzen, aber wenn er gute Kontakte hat, kann er sich etwas besorgen, mit dem er die chemische Signatur seines Körpers verändert hat, bevor die Sonne aufgeht. Danach können wir nur noch auf Sichtungen durch Zeugen hoffen. Steinzeittechniken. Und in diesem Teil der Stadt…«
Der Transporter legte sich in eine Kurve, und sie zeigte auf das Labyrinth der Straßen unter uns.
»Schauen Sie sich das an. Man nennt dieses Viertel Licktown. Früher einmal hieß es Potrero. Damals soll es eine nette Gegend gewesen sein.«
»Was ist passiert?«
Ortega zuckte die Achseln. »Wirtschaftskrise. Sie wissen, wie das ist. Gestern noch hatte man ein Haus, die Police für den Sleeve ist bezahlt, und am nächsten Tag steht man auf der Straße und hat nur noch eine Lebensspanne vor sich.«
»Das ist hart.«
»Ja, das ist es«, sagte die Polizistin mit einer wegwerfenden Geste. »Kovacs, was, zum Teufel, haben Sie im Jerry gemacht?«
»Mich kratzen lassen, wo es gejuckt hat«, brummte ich. »Gibt’s dagegen ein Gesetz?«
Sie sah mich an. »Sie haben sich nicht bedienen lassen. Sie waren höchstens zehn Minuten drin.«
Ich hob ebenfalls die Schultern und setzte eine bedauernde Miene auf. »Wenn Sie sich jemals direkt aus dem Tank in einen männlichen Körper downloaden lassen, wüssten Sie, wie das ist.
Die Hormone. Da staut sich eine Menge an. Und in einem Laden wie dem Jerry geht es nicht um Ausdauer.«
Ortega verzog die Lippen zu etwas, das einem Lächeln ähnelte. Sie beugte sich auf ihrem Metallgittersitz zu mir vor.
»Blödsinn, Kovacs. Absoluter Quatsch. Ich habe Ihre Daten aus Millsport kommen lassen. Ihr psychologisches Profil. Ihr Kemmerich-Gradient ist so steil, dass man ihn nur angeseilt und mit Steigeisen erklimmen könnte. Egal, was Sie tun, Durchhaltevermögen ist für Sie überhaupt kein Problem.«
»Wie dem auch sei«, sagte ich und zündete mir eine Zigarette an. »Sie wissen, dass es eine Menge gibt, was man für manche Frauen in zehn Minuten tun kann.«
Ortega verdrehte die Augen und wischte den Einwand beiseite, als würde ihr eine Fliege um den Kopf schwirren.
»Richtig. Und jetzt erzählen Sie mir wahrscheinlich, dass Sie sich von Bancrofts Kredit nichts Besseres als das Jerry leisten können.«
»Es geht nicht um die Kosten«, sagte ich und fragte mich, ob das der wahre Grund war, der Leute wie Bancroft nach Licktown zog.
Ortega lehnte den Kopf ans Fenster und blickte in den Regen hinaus. Sie sah mich nicht an. »Sie gehen Hinweisen nach, Kovacs. Sie sind ins Jerry gegangen, um irgendetwas herauszufinden, das Bancroft dort getan hat. Mit etwas Zeit könnte ich selber in Erfahrung bringen, was es ist, aber es wäre einfacher, wenn Sie es mir sagen würden.«
»Warum? Sie haben mir versichert, dass die Akte Bancroft geschlossen ist. Welches Interesse haben Sie noch daran?«
Das veranlasste sie, mir wieder den Blick zuzuwenden, und nun leuchtete etwas in ihren Augen. »Mein Interesse ist die Wahrung des Friedens. Vielleicht ist es Ihnen noch nicht aufgefallen, aber jedes Mal, wenn wir uns begegnen, hat es eine wilde Schießerei gegeben.«
Ich breitete die Hände aus. »Ich bin unbewaffnet. Ich tue nicht mehr, als Fragen zu stellen. Apropos Fragen… Wie kommt es, dass Sie mir schon wieder im Nacken saßen, als der Spaß losging?«
»Ich schätze, ich hatte einfach Glück.«
Ich ging nicht weiter darauf ein. Ortega ließ mich beschatten, so viel stand fest. Und das wiederum bedeutete, dass mehr hinter dem Fall Bancroft steckte, als sie zugeben wollte.
»Was wird aus meinem Wagen?«, fragte ich.
»Wir lassen ihn abholen. Benachrichtigen Sie die Mietfirma. Jemand kann ihn von uns abholen. Es sei denn, Sie möchten ihn weiter benutzen.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Verraten Sie mir noch etwas, Kovacs. Warum
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