Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
war eindeutig. Ich schlüpfte in die Kleidung und trat hinaus auf das sonnenbeschienene Deck eines kleinen Fischerboots.
    »Aha, die Träumerin.« Die Frau, die im Heck saß, klatschte in die Hände, als sie mich sah. Sie war etwa zehn Jahre älter als mein Sleeve und eine dunkle Schönheit in einem Anzug, der aus demselben Material wie meine Hose geschneidert war. An den nackten Füßen trug sie Espadrilles, und vor den Augen eine Sonnenbrille mit großen Linsen. In ihrem Schoß lag ein Zeichenblock, auf dem die Konturen einer Stadtansicht zu erahnen waren. Als ich auf dem Deck stand, legte sie ihn beiseite und erhob sich, um mich zu begrüßen. Ihre Bewegungen waren elegant und selbstsicher. Im Vergleich zu ihr kam ich mir unbeholfen vor.
    Ich blickte über die Reling auf das blaue Wasser.
    »Was kommt diesmal?«, fragte ich mit erzwungener Lässigkeit. »Wollen Sie mich an die Haie verfüttern?«
    Sie lachte, wobei sie makellose Zähne entblößte. »Nein, das wird in diesem Stadium nicht nötig sein. Ich will nur mit Ihnen reden.«
    Ich stand mit hängenden Schultern da und starrte sie an. »Dann reden Sie.«
    »Gut.« Die Frau nahm wieder anmutig am Heck Platz. »Sie haben sich in Dinge eingemischt, die Sie offensichtlich nichts angehen, und dafür mussten Sie leiden. Ich glaube, meine Interessen dürften mit Ihren identisch sein. Ich möchte weitere Unannehmlichkeiten vermeiden.«
    »Mein einziges Interesse ist, Sie sterben zu sehen.«
    Ein leichtes Lächeln. »Ja, davon bin ich überzeugt. Selbst ein virtueller Tod wäre vermutlich eine große Befriedigung. Also möchte ich Sie an diesem Punkt darauf hinweisen, dass mein Konstrukt mit Shotokan-Kenntnissen im fünften Dan ausgestattet ist.«
    Sie streckte die Hand aus, um mir die Schwielen an den Knöcheln zu zeigen. Ich zuckte die Achseln.
    »Überdies können wir jederzeit zum vorherigen Zustand zurückkehren.« Sie zeigte über das Wasser, und am Horizont sah ich die Stadt, die sie gezeichnet hatte. Im reflektierten Sonnenlicht blinzelnd erkannte ich die Minarette. Es wäre mir beinahe gelungen, über die billige Psychologie des Ganzen zu lächeln. Ein Boot. Das Meer. Ein Fluchtweg. Diese Jungs hatten ihre Programme aus dem Regal gekauft.
    »Ich möchte nicht dorthin zurückgehen«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Gut. Dann sagen Sie uns, wer Sie sind.«
    Ich versuchte, mir nichts von meiner Überraschung anmerken zu lassen. Das Training für verdeckte Einsätze erwachte und spann Lügen. »Ich dachte, das hätte ich schon getan.«
    »Was Sie gesagt haben, ist etwas verwirrend, und Sie haben das Verhör abgekürzt, indem sie Ihr Herz anhielten. Sie sind nicht Irene Elliott, so viel steht fest. Sie scheinen nicht Elias Ryker zu sein, sofern er sich keiner wesentlichen weiteren Ausbildung unterzogen hat. Sie behaupten, in Verbindung zu Laurens Bancroft zu stehen, nicht von der Erde zu stammen und ein Mitglied des Envoy Corps zu sein. Das ist nicht das, was wir erwartet haben.«
    »Den Eindruck hatte ich auch«, murmelte ich.
    »Wir möchten nicht in Angelegenheiten verwickelt werden, die uns nicht betreffen.«
    »Sie sind bereits darin verwickelt. Sie haben einen Envoy entführt und gefoltert. Ist Ihnen klar, was das Corps mit Ihnen machen wird? Man wird Sie jagen und Ihre Stacks mit einem EMP löschen. Das wird Ihnen allen blühen. Dann kommen Ihre Familien dran, dann Ihre Geschäftspartner und deren Familien sowie jeder, der dem Corps irgendwie im Weg steht. Wenn man mit Ihnen fertig ist, wird selbst die Erinnerung an Sie ausgelöscht sein. Man legt sich nicht mit dem Corps an und hat anschließend die Gelegenheit, Lieder darüber zu schreiben. Man wird Sie restlos ausradieren.«
    Das war ein kolossaler Bluff. Das Corps und ich hatten seit mindestens einem Jahrzehnt meiner subjektiven Zeit nicht mehr miteinander gesprochen, was einem guten Jahrhundert objektiver Zeit entsprach. Aber im gesamten Protektorat waren die Envoys eine Drohung, mit der man jeden einschüchtern konnte, sogar einen planetaren Präsidenten. Und die Drohung war mindestens so überzeugend wie der Patchwork-Mann, mit dem kleinen Kindern in Newpest Angst eingejagt wurde.
    »Soweit mir bekannt ist«, sagte die Frau ruhig, »sind dem Envoy Corps Aktionen auf der Erde verboten, sofern kein ausdrückliches UN-Mandat vorliegt. Vielleicht haben Sie durch eine Enthüllung genauso viel zu verlieren wie jeder andere.«
    Mr. Bancroft hat einigen Einfluss auf den UN-Gerichtshof, was mehr oder weniger

Weitere Kostenlose Bücher