Das Unsterblichkeitsprogramm
Stunden in der Klinik aufgehalten, und Louises Körper wartete vielleicht noch immer hinter jener Tür auf das Messer. Vielleicht war ihr Geist sogar noch im Stack.
»Einsteigen!«, sagte die Frau knapp.
Diesmal war das Fahrzeug größer, eine elegante Maschine, die mich an Bancrofts Limousine erinnerte. Vorne saß bereits ein Fahrer, in Uniform und mit kahl rasiertem Schädel, auf dem sich über dem linken Ohr der Strichcode seines Arbeitgebers befand. Ich hatte schon mehrere solcher Leute in den Straßen von Bay City gesehen und mich gefragt, warum jemand freiwillig so etwas mit sich machen ließ. Auf Harlans Welt würde niemand mit Autorisierungsstreifen herumlaufen. Es erinnerte zu sehr an die Knechtschaft der Siedlerzeit.
Ein zweiter Mann stand neben einer hinteren Seitentür. Eine hässlich aussehende Maschinenpistole baumelte nachlässig in seiner Hand. Auch er hatte einen kahlen Schädel mit Strichcode. Ich sah ihn mir genau an, während ich an ihm vorbeiging und in den Wagen stieg. Die synthetische Frau beugte sich zum Chauffeur hinunter, und ich fuhr das Neurachem hoch, um ihr Gespräch belauschen zu können.
»… im siebenten Himmel. Ich möchte noch vor Mitternacht da sein.«
»Kein Problem. Die Küstenwache macht heute Abend nur Dienst nach Vorschrift…«
Einer der Ärzte schlug hinter mir die Tür zu, dass mir die Trommelfelle zu platzen drohten, bei der maximalen Verstärkung, in der ich mich befand. Ich saß stumm da, während ich mich vom Schock erholte, bis die Frau und der Mann mit der MP auf der anderen Seite die Tür öffneten und einstiegen.
»Schließen Sie die Augen«, sagte die Frau und zog mein Stirntuch hervor. »Sie werden für die nächsten paar Minuten blind sein. Wenn wir Sie tatsächlich freilassen, möchten diese Jungs vermeiden, dass Sie sich an den Weg zu ihrem Versteck erinnern.«
Ich warf einen Blick auf die Fenster. »Wenn ich richtig sehe, sind die Scheiben sowieso polarisiert.«
»Ja, aber man weiß nie, wie gut so ein Neurachem ist, nicht wahr? Jetzt halten Sie still!«
Sie verknotete das rote Tuch mit geübter Fingerfertigkeit und zog es etwas auseinander, damit mein gesamtes Gesichtsfeld bedeckt war. Ich lehnte mich im Sitz zurück.
»Nur ein paar Minuten. Sitzen Sie einfach ruhig da und versuchen Sie nicht zu linsen. Ich würde es sofort bemerken.«
Der Wagen startete und flog anscheinend nach draußen, weil ich das Trommeln von Regentropfen auf der Karosserie hörte. Von den Sitzen ging ein schwacher Ledergeruch aus, der um Längen besser war als der Fäkaliengestank auf dem Herflug. Die Polsterung passte sich automatisch meiner Körperform an. Ich schien in der Hierarchie ein Stück nach oben gerutscht zu sein.
Nur vorübergehend, Mann. Ich lächelte schwach, als ich Jimmys Stimme in meinem Hinterkopf hörte. Er hatte Recht. Ein paar Dinge standen fest, was den Unbekannten betraf, zu dem wir unterwegs waren. Er war jemand, der nicht zur Klinik kommen wollte, der nicht einmal in der Nähe gesehen werden wollte. Das deutete auf eine angesehene Stellung hin, jemanden mit genügend Macht, um außerirdische Daten abrufen zu können. Schon sehr bald würden sie wissen, dass das Envoy Corps nur eine leere Drohung war, und kurz darauf würde ich tot sein. Richtig tot.
Damit dürfte die weitere Vorgehensweise einigermaßen klar sein, Kumpel.
Danke, Jimmy.
Nach ein paar Minuten sagte mir die Frau, dass ich das Tuch abnehmen könnte. Ich schob es in die Stirn und rückte es in die gewohnte Position. Der Muskelmann mit der Maschinenpistole neben mir grinste. Ich warf ihm einen fragenden Blick zu.
»Gibt es was zu lachen?«
»Ja«, sagte die Frau, ohne den Blick von den Lichtern der Stadt hinter den Fenstern abzuwenden. »Sie sehen wie ein beschissener Idiot aus.«
»Aber nicht dort, wo ich herkomme.«
Sie sah mich mit mitleidiger Miene an. »Sie sind aber nicht dort, wo Sie herkommen. Sie sind auf der Erde. Versuchen Sie sich entsprechend zu benehmen.«
Ich blickte vom einen zum anderen, der Mann grinste immer noch, die Frau hatte den Gesichtsausdruck höflicher Verachtung. Ich zuckte die Achseln. Die Frau beobachtete die Lichter der Stadt, die unter uns versanken. Der Regen schien aufgehört zu haben.
Mit brutaler Kraft schlug ich in Kopfhöhe nach links und rechts. Meine linke Faust rammte die Schläfe des MP-Trägers mit genug Wucht, um den Schädelknochen zu brechen, und er kippte mit einem Grunzen zur Seite. Er hatte den Schlag nicht einmal kommen
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