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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Freeman - und auch Freemans Mandantin, sofern sie das weiterhin bleiben sollte -schuldig, auszuloten, wie die Dinge hier standen.
    Am Ende des für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglichen Korridors machte er vor dem panzerglasgesicherten Empfangsbereich halt und fragte nach Art Drysdale, dem Chefassistenten des Bezirksstaatsanwalts, zu dem er immer eine herzliche, ja freundschaftliche Beziehung unterhalten hatte, obwohl diese von den Ereignissen des letzten Jahres ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden war.
    »Ist das alles, was sie dir erzählt hat?« Drysdale hatte sich von seinem Schreibtisch zurückgeschoben und aufgehört, mit seinen Baseballbällen zu jonglieren, hielt sich aber drei davon in einer riesigen Hand an die Wange. »Ich schätze, da hat sie eine winzige Kleinigkeit ausgelassen.«
    »Art, ich habe mich soeben eine Stunde lang mit ihr unterhalten. Sie hat ihren Sohn nicht umgebracht.«
    Drysdale, der dies mehr oder weniger erwartet hatte, nickte. »Vielleicht nicht absichtlich.«
    »Was soll das heißen?«
    »Es heißt, sagen wir mal, daß der Kleine im Weg stand.«
    »Wobei?«
    »Als Mrs. Witt ihren Mann erschoß.«
    Hardy drehte sich halb um die eigene Achse. »Also hör mal ...«
    Drysdale beugte sich vor und sagte: »Hör mal selbst, Diz, diese Anklage ist hieb- und stichfest. Der Junge war da und kam ums Leben, als sie das Verbrechen beging, ihren Ehemann umzubringen. Und du weißt ganz genau, daß es damit bei dem Sohn ebenfalls Mord ist. Genau, wie wenn der Bankräuber versehentlich einen Wachmann erschießt. Tut mir leid, aber Mord.«
    »Hast du mit ihr gesprochen?«
    »Aber klar doch. Sobald jemand verhaftet wird, laufe ich rauf und kümmere mich um den Schutz seiner Bürgerrechte, bis aller Amtskram geklärt und erledigt ist. Dann halte ich sein Händchen, bis es Zeit ist, in die Heia zu gehen, und überzeuge mich davon, daß man ihn schön kuschelig in die Federn packt. Sei nicht albern, Diz.«
    Hardy wußte, daß Drysdale recht hatte - natürlich hatte dieser keinerlei Veranlassung gehabt, mit Jennifer Witt zu sprechen. Aber Hardy konnte nicht ohne Widerrede schlucken, was Drysdale gesagt hatte. »Sie hat es noch nicht mal aus Versehen getan, Art.«
    Es wurde wieder mit Baseballbällen jongliert, ein schlechtes Zeichen. »Deshalb gibt es ja Gerichtsverfahren, mein Lieber. Um rauszufinden, was wirklich passiert ist.«
    »Aber ihr habt Anklage gegen sie erhoben.«
    Erneut unterbrach Drysdale widerstrebend seine Nummer. »Herkömmlicherweise kommt das vor der Verhaftung. Wenn du willst, kannst du eine Kopie der Ermittlungsakte zum Fall Larry Witt und Matt Witt bekommen. Lies das Ganze doch selbst.«
    »Willst du mir Näheres erzählen?«
    Art Drysdale, sein alter Mentor, der Mann, der ihn vor einem Jahr erneut bei der Staatsanwaltschaft eingestellt hatte, sagte: »Würde ich gerne, Diz, aber ich bin nicht zuständig für den Fall. Ich weiß nicht viel darüber.«
    Quatsch. Art Drysdale wußte allemal Bescheid über jeden wichtigen Fall, bei dem Anklage erhoben wurde, besonders über jeden Mordfall. »Dean Powell ist zuständig. Du weißt ja, wo sein Büro ist, oder nicht?«
    Mit anderen Worten, tschüs, und schau auf dem Rückweg nicht noch mal rein. Du gehörst jetzt zur Gegenseite. Dann bis zum nächsten Mal.
    Hardy beschloß, daß er keine Lust hatte, mit Dean Powell zu reden, noch nicht. Statt dessen ging er hinauf zur Mordkommission, weil er hoffte, auf Sergeant Inspector Abe Glitsky zu treffen. Hardy und Abe hatten gemeinsam als Streifenpolizisten angefangen. Während Hardy später Jura studierte und dann zur Staatsanwaltschaft ging, hatte sich Abe beinahe zehn Jahre lang beim San Francisco Police Department nach oben gearbeitet, bis er bei der Mordkommission gelandet war, wo er sich zu Hause fühlte. Falls Drysdale nicht länger als interne Quelle in Frage kam, rechnete Hardy fest mit Abe, der an seinem Schreibtisch saß, sich ein paar Unterlagen ansah und dabei auf Eiswürfeln aus einem Styroporbecher herumkaute.
    Hardy spazierte durch das offene Großraumbüro der Mordkommission, schenkte sich eine Tasse kalten Kaffee ein, schnappte sich einen Stuhl und wartete. Nach einem Augenblick oder auch zweien nahm er mit lautem Schlürfen einen Schluck zu sich. Abe sah auf. Dann wieder auf seine Papiere, ohne die Miene zu verziehen. »In den richtigen Händen«, sagte er, »kann das Überraschungsmoment eine wirkungsvolle Waffe sein.«
    Hardy nahm erneut einen Schluck, noch lauter

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