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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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du es mit den Strafverteidigern hältst, sind meine Kollegen hier nicht geneigt, dich als Verbündeten anzusehen.«
    »Vielleicht könntest du ein gutes Wort für mich einlegen -du weißt schon, Charakter, Urteilskraft, Geschmack, insgesamt kultivierte Erscheinung. Manchmal landet ja nicht alles in der Ermittlungsakte.«
    »Du schockierst mich.« Er klappte die Akte zu und schob sie ihm über den Schreibtisch zurück. »Ich werd sehen, was ich tun kann, aber wie immer...« Hardy war schneller. »Versprich mir nicht zuviel davon.« Glitsky nickte. »Weise Worte«, sagte er.
    Obschon Hardy forma] noch nicht dazu berechtigt war, hatte Art Drysdale ihm den Gefallen getan und veranlaßt, daß Hardy die Ermittlungsakte zur Mordsache Witt mitnehmen konnte, was im Grunde einer Kopie der Unterlagen der Staatsanwaltschaft zu dem Fall entsprach.
    Drysdale, so stellte sich heraus, hatte halb recht und halb unrecht gehabt, als er sagte, daß Jennifer Witt ein paar winzige Dinge ausgelassen habe. Recht hatte er, daß sie ein paar Dinge ausgelassen hatte, unrecht damit, daß sie winzig waren. Unter anderem gab es die Aussage eines Augenzeugen namens Anthony Alvarez, eines pensionierten Feuerwehrmannes, mit einer Schublade voller Medaillen und Auszeichnungen. Er war vierundsechzig Jahre alt und wohnte mit seiner invaliden Frau auf der anderen Straßenseite direkt gegenüber von den Witts und hatte zwei Schüsse gehört. Falls es nur einer gewesen wäre, hätte er sich vielleicht gedacht, es sei eine Fehlzündung gewesen und sich nicht einmal die Mühe gemacht nachzuschauen. Tatsächlich hatte er, selbst nachdem er sie gehört hatte, nicht wirklich den Verdacht gehabt, daß es Schüsse gewesen seien - es war eher Neugier gewesen, so ein sonderbares Geräusch. Er war ans Fenster gegangen und hatte Jennifer Witt vor dem Gartentor ihres Hauses gesehen, die zurück zur Eingangstür schaute. Sein erster Gedanke war, daß sie haltgemacht hatte und sich ihrerseits fragte, was das wohl für Geräusche gewesen sein mochten. Sie blieb ein paar Sekunden stehen und fing dann zu laufen an.
    Es gab noch eine weitere Zeugin, Mrs. Barbieto, die unmittelbare Nachbarin, die die Schüsse ebenfalls gehört hatte. Sie war es auch gewesen, die bei der Polizei angerufen hatte. Larry und Jennifer Witt hätten sich seit Wochen gestritten, sagte sie. Ihr Sohn sei ein kleiner Unglückswurm. Er weine in einer Tour. Am Abend zuvor; an jenem Morgen; »sie hätten die drei mal an Weihnachten hören sollen« (drei Tage zuvor) -wie es aussah, hatten die Witts der Familie Barbieto beinahe das festliche Abendessen verdorben.
    Hardy hatte die erste Lektüre der Akte auf gut Glück begonnen und sich sofort an das Registerstichwort »Nichtamtliche Zeugen« gemacht. Offenbar gab es Augenzeugen. Wenn man es aus der Perspektive der Verteidigung betrachtete, waren Augenzeugen alles andere als ermutigend.
    Er saß seitlich auf den Steinstufen vor dem Gerichtspalast an der Ecke 7th Street und Bryant. Der Tag war kühl und sonnig mit einer leichten Brise, die sich bis fünf Uhr nachmittag vermutlich zu einem kräftigen Sturm auswachsen würde. Jetzt war es aber angenehm, selbst in Anbetracht der Auspuffschwa den der Autobusse und der Einwickelpapiere der Hamburgerbuden, die anfingen, auf den Stufen im Wind zu tanzen.
    Er blätterte zurück zum Bericht des Beamten, der die Verhaftung vorgenommen hatte. Inspektor Terrell hatte Verdacht gegen Jennifer geschöpft, nachdem sie ihm eine Inventarliste der Gegenstände gab, die möglicherweise aus dem Haus entwendet wurden und dabei die Mordwaffe ausließ. Sie hatte das Haus sorgfältig durchsucht und berichtet, daß nichts fehle. Das war gewesen, noch ehe man die Pistole der Witts unter dem Müllcontainer gefunden hatte.
    Danach hatte Terrell Jennifer zu dieser Auslassung befragt, und Jennifer hatte gesagt, sie müsse das Fehlen der Waffe einfach übersehen, irgendwie verdrängt haben. Hardy erinnerte sich nicht, daß irgendeine Nachrichtenmeldung diese Tatsache erwähnt hätte, und es war nicht angenehm, jetzt auf sie zu stoßen. Er klappte die Akte zu. »Hardy.«
    Er blinzelte gegen die Sonne und stand auf. Ein großge wachsener Mann, nur wenig älter als Hardy selbst, stand in einem anthrazitfarbenen Sommeranzug neben ihm und hielt ihm die ausgestreckte Hand hin. Hardy ergriff die Hand.
    »Ich hab Sie eben hier sitzen sehen, Diz. Es geht das Gerücht, daß Sie Jennifer Witt verteidigen.«
    »Sie wissen ja, wie das mit Gerüchten

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