Das Urzeit-Monstrum
Er mußte uralt sein. Er hat im Watt seine Behausung gehabt. Jahrhunderte, Jahrtausende, vielleicht sogar Jahrmillionen.« Harry klopfte mit dem Zeigefinger auf den Tisch. »Wenn das stimmt, John, dann…«
»Was ist mit dann?«
»Dann weiß ich nicht mehr weiter. Das ist zu hoch für mich. Da bekomme ich keine Verbindung mehr, und deshalb ist es gut, daß ich nicht allein bin.«
»Du glaubst also, daß ich die Lösung weiß?«
»Ich könnte es mir vorstellen.«
»Einfach ist es nicht.«
»Stimmt. Würdest du denn meine Überlegungen akzeptieren, oder siehst du das anders?«
»Nein, das nicht. Ich würde sie akzeptieren, und ich kann deinem Gedankengang auch folgen.«
»Wunderbar. Sag mir das Ergebnis.« Ich mußte erst überlegen und die richtigen Worte finden.
»Wir könnten davon ausgehen, daß wir es bei diesem Kraken mit einem Monster aus der Urzeit zu tun haben.«
»In der es noch keine Menschen gab.«
Ich nickte Harry zu. »Aber es existierten damals schon Dämonen und dämonische Wesen, das darfst du nicht vergessen, Harry. Und sie haben nicht alle überlebt, das weiß ich. Da habe ich schon meine Erfahrungen sammeln können, und es fällt mir dazu auch ein besonderer Begriff ein.«
»Welcher denn?«
»Die Kreaturen der Finsternis.«
Harry Stahl schwieg und starrte mich nur an. Nach einer Weile nickte er.
»Ja, John, ja, ich glaube, daß du sie mal in meinem Beisein erwähnt hast.«
»Kann sein. Auf eine lange Erklärung möchte ich allerdings verzichten. Die Kreaturen der Finsternis sind die ältesten Dämonen, die ich kenne. Sie haben auf unserem Planeten schon existiert, als er noch im Begriff war zu entstehen. Es waren schreckliche Geschöpfe, sie paßten irgendwie in die Zeit des gewaltigen Umbruchs, dieser unheimlichen Düsternis, der Verwüstung, der großen Öde und…«
»Pardon, aber das ist vorbei, denke ich.«
»Ja und nein. Sie haben überlebt. Sie haben sich angepaßt. Ich habe sie als normale Menschen erlebt, aber sie hatten auch ein zweites Gesicht, das ursprüngliche, das wahre, und das konnten sie gut versteckt halten. Nur bei gewissen Vorgängen zeigten sie sich so, wie sie tatsächlich waren, und da habe ich die schlimmsten Überraschungen erlebt. Um es kurz zu machen, Harry. Die Kreaturen der Finsternis sind eines meiner größten Probleme, weil ich befürchte, daß sich sehr viele noch hinter der menschlichen Fassade verbergen und es ihnen auch durch ihre Anpassung gelungen ist, an gewisse Schaltstellen der Macht zu gelangen und in Positionen zu gleiten, in denen sie unantastbar sind.«
»Ist Boris Beckmann eine Kreatur der Finsternis, John? Darauf läuft es doch letztendlich hinaus, nicht wahr?«
Ich wiegte den Kopf. »Die Frage ist verdammt gut. Ich weiß es nicht. Er muß es nicht sein. Es kann auch ganz anders gelaufen sein.« Ich hob die Schultern.
»Wie kannst du herausfinden, ob er nun eine Kreatur der Finsternis ist oder nicht?«
Mein Mund zeigte den Anflug eines Lächelns. »Du wirst es kaum glauben, aber durch mein Kreuz.«
»Ach.«
»Ja, sie reagieren darauf, obwohl es das Kreuz damals zu ihrer Zeit als Symbol noch nicht gegeben hat. Aber es ist ja ein Symbol für den zweiten Sieg des Guten über das Böse. Der erste Sieg fand zu Urzeiten statt, was du auch in der Genesis nachlesen kannst, und die Kreaturen der Finsternis sind ja aus dieser ersten großen Niederlage entstanden. Davon gehe ich einmal aus. Unzählige Jahre später hat das Kreuz wieder das Böse besiegt, und die Kreaturen der Finsternis, die sich angepaßt hatten, standen dem zweiten Sieg natürlich feindlich gegenüber. Sie haben also wieder eine Niederlage erlitten. Sie hassen das Kreuz, das in ihrem Fall so etwas wie ein magischer Geigerzähler ist, der das Böse hervorholt.«
»Okay, John. Du bist mir nicht böse, wenn ich vorschlage, daß wir es dabei belassen, sonst fliegt mir noch das Gehirn aus dem Kopf.«
Ich grinste ihn an. »Laß das wenige mal drin, alter Freund.«
»Ha, ha.« Harry wurde schnell wieder ernst. »So, wir haben geredet, und jetzt möchte ich gern wissen, wie du dir den weiteren Vorgang vorgestellt hast.«
»Da liegen wir wohl kaum auseinander, Harry. Es geht um Boris Beckmann. Ihn müssen wir unter Kontrolle haben. Er wird uns zum Ziel führen. Nicht mehr und nicht weniger.« Ich zeigte auf das kleine Fenster.
»Es trübt ein, und das sind keine Regenwolken. Ich kann mir vorstellen, daß die Zeit der Dämmerung auch seine Zeit ist.«
»So denke ich
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